Ich bin ja Zwilling, der ungern seine nach außen neutrale Position verlässt.
Jetzt ist es wohl soweit:

Wie soll ich anfangen?
1998 war ich überzeugt, dass das Vorgehen gegen Serbien richtig war - wenn ich auch gegen die Kollateralschäden war und mir die Menschen leid taten. Ich konnte die Ã-sterreicher und z. B. Peter Handke nicht verstehen. Ich dachte, es wäre ein"gerechter" und"notwendiger" Krieg. Ich habe auch die PDS nicht verstanden.

Heute -nachdem ich mehr weiß- wundere ich mich über meine damalige Einstellung.
Aber ich bin wohl zu lange in diesem Forum...:-)

Wir sind doch von vorne bis hinten belogen worden über die humanitären Bomben gegen das meuchelnde Serbien (z. B. das Massaker von Rakca oder die Fußballstadien als KZ oder der"Hufeisenplan").

Was ich nicht weiß, ob unsere Regierung insbesondere der Verteidigungsminister nicht selber belogen worden ist.

Aber jemand, der ein wenig Anstand hat, wäre nach den Beweisen des völligen politischen und militärischen Mißgriffs zurückgetreten.

Aber man wird allenfalls zurücktreten müssen, weil man im Pool mit Frauen, die nicht die eigenen sind, rumplanscht...

Was ist denn in Serbien überwiegend gebombt worden? M. W. Fabriken, Raffinierien, Kraftwerke, Botschaften... alles ausgesprochen militärische Ziele. Wer war und ist bis heute davon betroffen? Das Militär oder die Zivilbevölkerung?

Nach der Kapitulation sah ich überraschend lange Kolonnen von serbischen Militärfahrzeugen (Panzern) die in Ihre Kasernen zurückkehrten. Wo war der große militärische Erfolg.

Ähnlich geht man bei der Aufklärung in Afghanistan vor.
Nein eher nach dem Motto: Ahh, etwas großes Viereckiges, was noch nicht (seit Jahren) zerstört ist. Das gehört bestimmt den Taliban!
Oh das war ein Lebensmittellager, oh ein Krankenhaus... naja Kollateralschäden.

Das sind nur die Fälle die wir wissen. Die anderen bekommen wir überhaupt nicht mit. Ich gehe aufgrund meiner persönlichen Erfahrung davon aus, dass wir wieder von vorne bis hinten belogen werden.

Kleine Beispiele:
3. Tag:Bericht in den Medien:... Lufthoheit, man fliegt jetzt auch am Tag....
5. Tag: Bericht in den Medien.... Lufthoheit, man fliegt jetzt auch am Tag...
heute morgen: (33 Tag?)... in der Nacht(!) die intensivsten Angriffe seit Beginn der Luftangriffe...

vor ein paar Tagen:...die schlimmsten Luftangriffe... wegen der schnellen Abfolge Zahl der Einschläge nicht mehr zählbar...
heute Morgen: die schlimmsten Luftangriffe.... ca 40 Einschläge gezählt...

Nein, keine Verschwörung: Die Journalisten wissen es nicht besser und plappern überwiegend das nach, was von den Militärs hingeworfen ist.

Oder unser Bundesjoshi...er war am Anfang für die Schläge, damit der Krieg vor dem Winter zuende ist...
Diese Aussage hat er m. E. wider besseres Wissen abgegeben. Jedem nur halbwegs vernünftig denkenden Menschen muss klar gewesen sein, dass die Sache nicht in 14 Tagen erledigt ist.
Jetzt begründet er den deutschen (Kriegs) Einsatz irgenwie (die Formulierung war so abstrus, dass ich sie mir nicht gemerkt habe) auch humnitär. Zynischer geht es kaum.
Da ist es nur richtig, dass er nach der Ablehnung durch die überwiegende Zahl der Grünen zurücktritt und (nach einer kurzen Schamfrist) dann wie der Ex-Terroristen(!)-Anwalt der SPD beitritt. Aber wahrscheinlich wird entweder die überwiegende Zahl der Grünen im Bundestag nicht abelehnen (m. E. bedeutet das für die Grünen dann weniger als 5 % bei der nächsten BT-Wahl) oder er nicht zurücktreten.

Aber zurück zu dem, was mich aus der Deckung zwingt:

Die durch die Bombereien direkt verursachten ("falschen") Toten sind -selbst wenn es zynisch klingt- Peanuts, gegenüber dem was indirekt verursacht wird.

Die hunderttausenden wenn nicht Millionen von Menschen, die wegen der 3-jährigen Dürre oder wegen des Krieges auf der Flucht waren, werden elendig verrecken!

Ich habe Bilder vor dem Krieg gesehen, wo sie unter Decken gegen den noch nicht kalten Sturm geschützt sich aus Zweigen und Sträuchern(!) eine brotartige Masse zum Essen herstellten. Disteln wurden gegessen und den Journalisten als Gastgeschenk angeboten (man beachte die Gastfreundschaft).

Die Kinder waren bereits zu diesem Zeitpunkt völlig unterernährt. Seit diesem Zeitpunkt sind noch mehr Menschen auf der Flucht bei Schnee und Temperaturen unter dem Nullpunkt. Die meisten werden das nicht überleben...

Diese Leute, die in einem Land leben, dass m. W. etwa 4mal so groß wie die Bundesrepublik ist, haben mit den Taliban oder auch mit einem vorherigen Krieg -für oder gegen wen auch immer - nichts am Hut. Sie wollen überleben! Und die Bomben hindern die Hilfsorgansationen, Ihnen zu helfen.

Vor Wochen wurde immer von einer drohenden humanitären Katastrophe gesprochen. Jetzt nicht mehr. Warum nicht? Vermutlich ist sie schon eingetreten....

Diese Lebensmittelabwurfaktion, die - wie Bilder zeigen- nur ein ganz geringes Gebiet versorgt, (1000 Päckchen auf 1 Quadratkilometer) ist in Anbetracht der Größe des Landes nur ein zynisches Deckmäntelchen.

Auch die jetzt -nach Einbruch des Winters - angeführten Hilfslieferungen von ein paar Tonnen sind auch nur ein Feigenblatt um das Gewissen der Menschen zu beruhigen.

Vielleicht man will die Leute in D und anderswo"schonen" indem man nur noch auf die militärischen Spielchen aufmerksam macht.

Als Vater von 3 Mädchen und Christ bin ich beileibe kein Freund der Taliban und der Meinung, dass sie abgesetzt gehören. Aber zu diesem Preis?

Die"tolle" Nordallianz ist im übrigen ähnlich fundamentalistisch und für viele Gräueltaten in Afghanistan vor den Taliban verantwortlich. Deshalb wurden die Taliban zunächst als Befreier gefeiert.

Also alles beim alten... Der Feind meines Feindes ist mein Freund: Saddam, Taliban, Nordallianz...

Noch was zur Feigheit: Man sprach davon, dass es ein feiger Angriff auf Amerika war, als die Terroristen - wohlgemerkt: unter Aufgabe Ihres Lebens - ins WTC flogen. Ist es denn wirklich mutig, aus mehreren tausend Metern Höhe Bomben, Splitterblomben oder sogenannte Daisy Cutter 6 Tonnen-Bomben abzuwerfen.

Mutig wäre ein direkter Bodeneinsatz gegen die Taliban sozusagen Mann gegen Mann.

Dass man mich nicht falsch versteht: Ich verabscheue das WTC-Attentat zutiefst. Die betroffenen Leute in den Flugzeugen und Türmen hatten alles Recht der Welt zu leben. Aber dasselbe Recht haben die armen Schweine in Afghanistan und natürlich anderswo auf der Welt.

Wenn man bedenkt, dass in Amerika durch"normalen" Schusswaffengebrauch oder des Autos als Waffe im Jahr wesentlich mehr Leute sterben als durch das Attentat gestorben sind, muss man doch die Relationen sehen.

Ist das Attentat wirklich ein Grund, den Tod so vieler Menschen auszulösen mit dem -wenn auch recht geringen - Risiko, die halbe Welt in Schutt und Asche zu legen? Ist denn ein WTC-Toter so viel mehr wert als ein afghanischer Flüchtling oder weniger plakativ ein Toter durch nomalen Schusswaffengebrauch? Wird irgend etwas massives gegen den"Terror" der Schusswaffen auf den amerikanischen Strassen getan.

Noch lächerlicher wirkt das Ganze wenn man die Welle insbesondere in den Medien wegen der VIER Toten durch die Milzbranzbakterien sieht. Im Grundes ist das nur eine Zeile auf Seite 4 wert. Wir sind eher bedroht z. B. durch Rauchen und Übergewicht als durch die paar Briefchen.

Das mit dem Schusswaffengebrauch ist nicht von mir verifiziert. Aber ich habe einen Bericht gesehen, nachdem jährlich allein in Los Angeles 1200-1300 Leute jährlich wegen Tod durch Schusswaffengebrauch obduziert werden (d. h. es sterben wahrscheinlich noch mehr).

So das war´s fürs erste -jetzt geht es mir besser

Peace to all

Kalle

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