Hi Sascha!
Ein heftig gutes Posting von dir und v.a. so umfangreich! Cool!
Mit deiner Reizüberflutung und Vernachlässigung der Aufsicht durch die Eltern hast du durchaus Recht, aber mich wundert dass du dabei den Punkt Internet völlig ausgelassen hast.
Bei aller Euphorie für die Informationsfreiheit, ist für die Jugendlichen so gut wie jede Altersbeschränkung und Zugangsbeschränkung zu Informationen aller Art aufgehoben und die Jugendlichen werden viel öfter auf Teufel komm raus gezwungen mit Informationen die Ihnen schaden können so umzugehen, dass sie keinen Schaden davontragen. Man meint dann, dass die Kinder früher reif werden wie du ja angemerkt hast.
Das fängt mit Pornographie an und hört mit"coolen Bildern von Überfahrenen Menschen" auf. OK, das ist natürlich wieder mal ein Extremfall und so sind ja meistens nur wenige und die breite Masse bleibt ja mehr oder weniger in den normalen Grenzen, aber worum es mir geht ist dass meiner Meinung nach die Anforderungen leicht verfrüht schon massiv hoch sind.
In diesem Fall denke ich aber, dass früher oder später allerdings ein Selbstregulierungseffekt sich in der Gesellschaft bemerkbar machen wird. Dieser Selbstregulierungseffekt, so wie die Selbstreinigung durch Crash in der Wirtschaft, kann dann allerdings recht heftig für diejenigen sein, die so bequem in der wohlständigen Realitätsferne hocken.
Wie ein möglicher Gesellschaftscrash konkret aussehen könnte weiß ich aber auch nicht... Vielleicht ist das Ganze ja bereits der Anfang.
Du hast am Rande Informationen aus Baden-Württemberg erwähnt, weshalb ich davon ausgehe, dass du ebenfalls aus B.W. kommst. Dann dürftest du ja sicher auch von der Reform der Oberstufe in B.W. gehört haben, wo"wir Schwaben" diesmal bundesweit im Alleingang anscheinend dastehen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
Ich muß sagen, dass das schon mal kein schlechter Ansatz ist(gefördert wird v.a. mehr Referats- und Praktikumsarbeit, Teamarbeit und im Gegensatz zum"Leistungskurs"-Spezialisierungstrend der letzten Jahre wieder eine Verbreiterung der geprüften Abi-Fächer).
Es könnte sich aber leider so entwickeln, dass die Lehrer die ganze Geschichte dann nur halbherzig mitmachen, da sie den Trott der letzten Jahre verinnerlicht haben und sich nur mäßig bis gar nicht auf die neuen Bedingungen einstellen und die Arbeit, die von der Lehrer-Seite kommen müßte(insbesondere an Kompetenz über das geforderte vom Schüler) auf die Schüler abgewälzt wird in der Art:"So, jetzt haben wir ne Reform, und jetzt macht ihr halt mal..."
Traurigstes Beispiel von verfrühter"Reife" habe ich vor einigen Monaten selbst bei einer S-Bahn Fahrt mitbekommen. Ein Mädchen von ca. 15-16 Jahren rief in der S-Bahn mit dem Handy ihre Mutter an und erzählte ihr von einer Party auf der sie gestern war. Ist ja nicht schlecht wenn dieses Verhältnis so gut ist, dass sich Mutter und Tochter gerne über solch eine Party unterhalten, aber mehr als stutzig bin ich geworden, als die"Kleine" plötzlich erzählte:"Nein Mama, ich bin nicht dicht. Gestern war ich auf der Party natürlich voll dicht, aber jetzt nicht mehr. Aber Mama, Mama, auf der Party gestern gabs verdammt günstige Joints. Der Typ hatte voll viele davon und richtig günstig!"...Pause..."Nein, ich kiffe nicht gerade!"
So laut wie das Mädchen diese Geschichte seiner Mutter erzählte bekam fast das halbe S-Bahn Abteil die Geschichte durch ihre Lautstärke mit.
Das klingt echt verrückt mag sich mancher denken und meint ich erzähle hier irgendeine Phantasiegeschichte, aber das ist mir wirklich so passiert, auch wenn es sich dabei immer noch um ein Einzelerlebnis handelt.
Ich frage mich, wie weit dürfen denn Eltern bei einer"freien Erziehung" denn gehen? Schön ist ja schon DASS dieses Mädchen mit Ihrer Mutter überhaupt darüber reden kann, aber wieso kommt da überhaupt gar kein Feedback und Kritik?
Reicht da ein"Find ich nicht OK" von einer Mutter und das wars dann?
Meiner Meinung nach ist das ein bißchen zu viel Freiheit mit den von dir geschilderten Folgen. Ich bin 23 und habe den gleichen befremdeten Eindruck von Jugendlichen bereits seit einiger Zeit. Mal sehn wo es hinführt...
Wie heißt es doch:"Kiffen, macht gleichgültig, aber das ist ja sowieso egal!"
Wenn sowas dann auch noch in frühem Alter anfängt braucht man sich über sowas wie die totale Gleichgültigkeit gegenüber Schule usw. ja doch überhaupt nicht mehr wundern.
Bei aller Kritik an evt. zu verfrühter Eigenständigkeit muss ich allerdings dazusagen, dass ich mit ca. 9-10 Jahren durch einen"Glücksfall" ein Erlebnis hatte, was das Rauchen angeht. Ich rauchte mit einem Freund manchmal heimlich Zigaretten aber war natürlich auch wahnsinnig stolz drauf und prahlte dann auch leichtsinnigerweise damit vor meiner Lehrerin nur mal so am Rande bei einem Gespräch. Die Lehrerin schaltete dann meine Eltern ein, die anstatt mich zu Hausarrest zu verdonnern(was eigentlich gar nicht so unüblich sonst war) sagten, wie ich mir die eigene Gesundheit damit kaputt machen würde und sie es deswegen nicht gut finden und selbstverständlich in ihrer Gegenwart verbieten würden. Andererseits wußten sie sicherlich, dass sie mich ja nicht 24H am Tag beaufsichtigen könnten.
Insgesamt dürften das vielleicht nur 20-30 Zigaretten damals gewesen sein, aber ich bin verdammt froh diese Erfahrung so früh gemacht zu haben. Ich hatte überhaupt nicht mehr seitdem das Bedürfnis aus Gruppendruck-Gründen oder persönlichem Grund zu rauchen. Nicht aus Angst, sondern aus der bewußten Entscheidung meine Lunge nicht mit Teer zu füllen. Sowas wäre natürlich der schöne Idealfall, wenn das bei allen so wäre.
Immer wenn ich die Teer-Schlote mit 14 oder 15 Jahren sehe wie stolz sie sind muss ich daran denken und grinse in mich hinein.
Cya
Condor
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