SZ-Umfrage: 50 Analysten geben ihre Finanz-Prognosen für 2002 ab
Experten erwarten steigende Aktienkurse
Dax soll bis Jahresende auf 5800 Punkte klettern / Zuversicht auch für Neuen Markt und US-Börsen / Uneinigkeit bei Euro und Zinsen
Von Martin Reim
München - Fast alle Beobachter der Finanzmärkte sagen voraus, dass die Aktienkurse in Deutschland bis zum Ende des kommenden Jahres zulegen werden. Wie eine Umfrage der SZ ergab, wird beim Dax im Durchschnitt ein Anstieg um etwa 15 Prozent und am Neuen Markt um rund 40 Prozent erwartet. Uneinig sind sich die Experten hingegen darüber, welche Richtung der Euro und die langfristigen Zinsen nehmen werden.
An der Umfrage haben sich 50 Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen, Vermögensverwalter und Research-Häuser beteiligt. Der Durchschnitt ihrer Aussagen ergibt, dass der Dax - derzeit bei gut 5000 Punkten - das kommende Jahr bei etwa 5800 Zählern beendet. Fast die Hälfte der Beobachter glaubt sogar, der deutsche Leitindex werde bei mindestens 6000 Punkten schließen.
Am positivsten gestimmt ist die Berenberg Bank, die den Schlusswert bei 6650 Zählern sieht. Die Analysten begründen ihren Optimismus damit, dass im Laufe des zweiten Halbjahres die Kurse von der Aussicht getrieben würden, es komme im Jahr 2003 zu einer „kräftigeren“ Erholung der Konjunktur. Mit Verlusten rechnet lediglich die Berliner Weberbank (4500 Punkte). Die dortigen Experten begründen ihre Prognose mit der von ihnen erwarteten „Ernüchterung“ über die Unternehmensresultate des nächsten Jahres. Der höchste Tip für die Dax-Entwicklung im Jahresverlauf stammt ebenfalls von der Berenberg Bank (6900 Zähler). Die niedrigste Prognose gibt das amerikanische Investmenthaus JP Morgan ab (4100 Punkte) und begründet dies ebenfalls mit der Vermutung, es werde zu „weiteren Ertragsenttäuschungen“ bei Unternehmen kommen.
Hoffen auf die Konjunktur
Noch zuversichtlicher als für den Dax sind die Beobachter für den Neuen Markt. Sie schätzen im Durchschnitt, dass der Nemax 50 für die wichtigsten Werte des Wachstumssegments das Jahr bei knapp 1700 Zählern beschließt. Dies wären rund 40 Prozent mehr als die derzeit rund 1200 Punkte. Lediglich zwei Institute rechnen mit einer Stagnation (Weberbank: 1200 Zähler; Bankhaus Maffei: 1280 Punkte); der Rest prognostiziert einen deutlichen Anstieg. Die ambitionierteste Schätzung gibt die Baseler Bank Sarasin (2500 Zähler) ab und erklärt dies mit einer verbesserten Ertragssituation und einem generellen Aufschwung der Technologie-Branche.
Positiv sehen die meisten Experten auch den amerikanischen Aktienmarkt. Sie schätzen im Durchschnitt, dass der Dow-Jones-Index Ende 2002 bei gut 11000 Zählern notiert. Das wäre ein Anstieg um rund ein Zehntel im Vergleich zu den zuletzt knapp 10000 Punkten. Die größte Zuversicht herrscht bei der BHF-Bank (12500 Zähler), die erwartet, dass die US- Konjunktur vom zweiten Quartal 2002 an wieder „mit besseren Zahlen aufwarten“ wird. Am pessimistischsten für die US-Börsen ist die Investmentbank JP Morgan, die Prognosen für den S&P-500-Index abgibt. Sie sieht einen Verlust von rund 15 Prozent auf dann 950 Punkte voraus und schreibt dazu, es sei kein Anstieg der Unternehmensgewinne in den Vereinigten Staaten abzusehen. Eine kräftige Hilfe von Seiten der Zentralbank - in Form von Leitzinssenkungen - sei zudem nicht mehr in Sicht.
Beim Euro sind die Meinungen geteilt, wobei eine Mehrheit auf einen Anstieg im Vergleich zum derzeitigen Kurs von 0,90 Dollar setzt. Abzulesen ist dies am Durchschnitts-Tip für das Jahresende, der 0,94 Dollar beträgt. Die extremsten Werte stammen dabei von Goldman Sachs (1,10 Dollar) und der Dresdner Bank (0,82 Dollar), wobei beide Institute keine Begründung für ihre Angaben lieferten. Stellvertretend für die Euro-Optimisten sei die Hamburger Sparkasse zitiert, die „Rückflüsse von Spekulationsgeldern in den Euro“ für wahrscheinlich hält. Die Skeptiker erwarten zumeist, dass sich die amerikanische Wirtschaft schneller erholt als die Ã-konomien Europas, was dem Dollar nützen werde.
Die größte Uneinigkeit herrscht in der Frage, wie sich die langfristigen Zinsen - gemessen an der Rendite zehn Jahre laufender Bundesanleihen - entwickeln werden. Hier erwarten die meisten Beobachter einen Anstieg; die Durchschnitts-Prognose liegt mit 5,06 Prozent um rund 0,2 Prozentpunkte über dem aktuellen Wert. Das massivste Plus erwartet der Versicherungskonzern Gerling (5,54 Prozent) und spricht von einer absehbaren Konjunkturerholung. Aber immerhin ein Viertel der Befragten rechnet mit einem Rückgang der Zehnjährigen-Rendite. Den tiefsten Fall sehen JP Morgan und die Vermögensverwaltungsgesellschaft PEH (jeweils 4,40 Prozent) voraus und erklären dies mit weiterhin sinkenden Leitzinsen und Inflationsraten.
<ul> ~ Text</ul>
<center>
<HR>
</center> |