aus der WELT am Sonntag"
Notgroschen und Spekulationsobjekt
Der seit 1980 anhaltende Abwärtstrend beim Edelmetall ist gebrochen. Davon profitieren Goldfonds
Gold ist nun wieder eine interessante Geldanlage
Von Torsten Schubert
Hamburg - Krisen in Nahost, Terrorattacken wie die von New York im September 2001, Konflikt zwischen Indien und Pakistan: Schon lange nicht mehr mussten die Finanzmärkte so viele Katastrophen verkraften wie seit Beginn des neuen Millenniums. Für zahllose Anleger Grund genug, sich auf den Notgroschen vergangener Tage zurückzubesinnen: Gold.
Tatsächlich stehe Gold vor einer Renaissance, sagen Experten. Aktuell verbesserte sich die Unze Gold von ihrem Tiefpunkt von rund 250 Dollar Mitte 1999 auf heute 325 Dollar."Und wir rechnen längerfristig mit einem weiteren Anstieg", so Johann Fürstenberger, Edelmetallexperte bei Activest in München. Diese Einschätzung bestätigt die Wiener RZB-Bank. Sie rechnet damit, dass Gold binnen der kommenden zwölf Monate rund 400 Dollar pro Unze kosten wird.
Mit neuen glänzenden Zeiten rechnet natürlich nicht jeder Goldanalyst. Einige Skeptiker behaupten gar, der Goldpreis werde sich wieder auf den langsamen Abwärtspfad zurückbegeben, auf dem er sich seit 1980 befunden hatte. Dem widerspricht Fürstenberger, der unlängst die Ursachen des aktuellen Goldpreisanstiegs untersucht hat. Sein Analyseergebnis: Initialzündung für den Anstieg waren weniger Terroranschlag oder Krisen in Nahost und Indien, sondern die starken Zinssenkungen des Jahres 2001 sowie das erhöhte Geldangebot der US-Zentralbank.
Beide Faktoren hatten für viele Anleger auf den ersten Blick nicht erkennbare Auswirkungen auf die Goldproduktion. Hintergrund: In den 80er-Jahren kamen Goldexperten von Barrick Gold und Anglo American auf eine geniale Idee. Sie überredeten Zentralbanken, ihnen Teile der Goldbestände für läppische rund 1,5 Prozent Zinsen zu leihen."Der Mietzins für derlei Transaktionen lag nur deshalb so niedrig, weil Gold ansonsten nichts abgeworfen hätte und Goldminen in der Zeit praktisch als unbegrenzt kreditwürdig galten", erklärt Fürstenberger.
In einem nächsten Schritt kam es dann zu Leerverkäufen von Gold-Terminkontrakten durch die Minen. Das auf diesem Weg in die Kasse sprudelnde Geld nutzten die Minenmanager indes nicht, um die Förderkapazitäten auszubauen oder Wettbewerber zu übernehmen. Vielmehr reinvestierten sie das Kapital in US-Schatzanleihen.
Aufgelöst wurden die Terminkontrakte schließlich bei Fälligkeit durch Lieferung von bis dahin gefördertem Gold. Übrig blieben der Kredit an die Zentralbank und die Schatzanleihen, für die Barrick & Co 7,5 Prozent Zinsen kassierten. Ohne Währungsrisiko profitierten die Goldproduzenten also von einer Nettomarge in Höhe von sechs Prozent.
Doch als in der Folgezeit die Zinsen und damit die Zinsmarge sanken, wurden derlei Deals für die Minen uninteressant. Mit der logischen Konsequenz, dass keine neuen Terminkontrakte abgeschlossen wurden und die Minen ihre Goldförderung drosselten."Seitdem steigt der Goldpreis wieder", so Fürstenberger.
Für weiter anziehende Notierungen sprechen aber noch einige weitere Faktoren. Zum einen der Umstand, dass das 2004 auslaufende Abkommen der 15 europäischen Notenbanken, Goldverkäufe aus Eigenbeständen zu begrenzen, aller Voraussicht nach verlängert wird; es in der Folgezeit also nicht zu exzessiven Goldverkäufen durch die Zentralbanken kommen wird.
Zweitens hat die weitaus größte Zahl der Edelmetallspekulanten seit November 2001 ihre Shortpositionen sukzessive eingedeckt und Longpositionen aufgebaut. Das heißt in der Konsequenz, dass Anleger wieder auf steigende Notierungen des gelben Metalls setzen. Für positiven Druck auf den Goldpreis sorgt darüber hinaus eine erhöhte Nachfrage aus Japan infolge der allgemeinen konjunkturellen Unsicherheit und der sich verschärfenden Bankenkrise. Schließlich dürften die Minen selbst für steigende Goldpreise sorgen. Auf Grund der abnehmenden Konzentration des Metalls im Gestein rechnen Experten mit einem Rückgang der Fördermenge von vier Prozent in den kommenden fünf Jahren.
Bleibt die Frage, ob die erwartete weitere Verbesserung von 10 bis 20 Prozent beim Goldpreis für eine erfolgreiche Anlage in Goldfonds reicht. Die Antwort von Activest-Edelmetallexperte Fürstenberger lässt hoffen:"Wenn Gold in der Vergangenheit um ein Prozent zulegte, verbesserten sich Goldaktien um sechs Prozent." Das dürfte selbst höhere Rendite-Erwartungen befriedigen.
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