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Ägypter oder Sumerer: Wer schenkte der Menschheit die Schrift?
Von Anne-Beatrice Clas-mann, dpa=
Kairo (dpa) - Jahrzehnte lang galt es als gesicherte Erkenntnis, dass es die Su-merer waren, die einst in Mesopotamien die Schrift erfanden. Diese These will der Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Kairo, Günter Drey-er, im kommenden Januar bei einem Colloquium in Ber-lin zum Einsturz bringen. Dabei wird Dreyer, der"sei-ne" Schriftzeichen in einem prädynastischen Königsgrab im ägyptischen Abydos ent-deckt hat, mit Margarete van Ess, einer von ihm sehr ge-schätzten Kollegin aus dem eigenen Haus, wissenschaft-lich die Klingen kreuzen.
Van Ess gräbt seit Jahren im irakischen Uruk, wo einst die berühmten Tontafeln mit den Schriftzeichen der Su-merer entdeckt worden wa-ren. Sie glaubt, dass eine genauere Untersuchung der Schicht, aus der die Tafeln stammen, belegen könnte, dass"ihre" Schriftzeichen älter sind als die Dreyers.
Das sind die berühmten Piktogramme ex Sammlung Erlenmeyer, heute in Berlin (Prof. Nissen usw.).
Doch Dreyer, der in dem auf 3 200 Jahre v. Chr. da-tierten Grab U-j in Abydos eine große Anzahl beschrif-teter Täfelchen aus Rinder-knochen und Elfenbein ge-funden hat, lässt dieses Ar-gument nicht gelten.
"Ich bin nämlich der Meinung, dass die ältesten Zeichen aus Mesopotamien noch keine Schrift im eigentlichen Sinne darstellten, da sie Gegens-tände und nicht Laute aus-drückten", sagt er.
So ist es: Die SOLL/IST-Rechnungen der"Aufseher". Die"Gegenstände" waren die Abgabengüter.
Anders sei dies bei den ägyptischen Täfelchen, die laut Dreyer so etwas wie"Warenbegleit-scheine" für Abgaben an den König waren.
Hoppala...
So zeigt eine Tafel einen Elefanten und Bergspitzen, was nach der aus späteren Jahrhunderten bekannten Hieroglyphen-schrift den Lauten"Ab" für Elefant und"Dschu" für Ber-ge entspricht und"Abydos" bedeuten könnte. Dass die alten Ägypter sparsam wa-ren, kann man an anderen Täfelchen erkennen, auf de-nen Zeichen durchgestrichen wurden, weil man die Rück-seite für eine neu Beschrif-tung nutzen wollte.
"Eine vollständig benutzba-re Schrift hat man erst dann, wenn man damit alle Wörter der gesprochenen Sprache ausdrücken kann", meint Dreyer. Bei den ersten Zei-chen aus Uruk handelt es sich seiner Ansicht nach da-gegen eher um Symbole."Das ist so ähnlich wie ein Zeichen, das am Flughafen zeigt, wo es zur Rolltreppe geht", erklärt er. Im alten Ä-gypten dauerte der Weg von den den ersten Schriftzei-chen bis zum ersten voll-ständigen Satz nach bisheri-gen Erkenntnissen fast 400 Jahre.
Wo bleibt die private Wirtschaft?
Dafür ist der erste belegte Satz in ägyptischen Hiero-glyphen aber auch nicht nur eine profane Mitteilung, son-dern gleich ein kunstvoll for-mulierter Herrschaftsan-spruch. Er findet sich auf ei-ner Siegelabrollung aus dem Grab des Peribsen in Aby-dos (späte 2. Dynastie, rund 2750 v. Chr.) und lautet:"Der Goldene (Gott) hat die bei-den Länder (d.h. Ober- und Unterägypten) seinem Sohn, dem König von Ober- und Unterägypten, Peribsen, an-vertraut."
Doch Dreyer hofft, dass die Ägyptologen vielleicht bald schon einen Satz rekon-struieren können, der noch älter ist. Denn irgendwo in den Kellern des Ägyptischen Museums in Kairo muss noch ein unerforschter Papy-rus aus der 1. Dynastie (3000 bis 2850 v. Chr.) lie-gen. Als man die von außen schwarz verfärbte Rolle, die im Grab eines hohen Be-amten in Sakkara entdeckt worden war, vor 50 Jahren ins Museum brachte, hieß es, der Papyrus sei unbe-schrieben."Ob das wirklich stimmt, weiß aber niemand, da er nie entrollt wurde", er-klärt Dreyer. Er will die ägyp-tischen Behörden nun um eine Erlaubnis bitten, die Rolle zu untersuchen. dpa abc xx 231119 Okt 02
Hoffentlich war's kein"Beamter", sondern endlich der lang gesuchte Konzernchef...
Gruß!
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