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»Aktienmisere ohne Ende: DAX verliert 70 Prozent«
Wann gehen die Kurse wieder nach oben? © dpa
Seit dem Platzen der Kursblase im März 2000 hat der Deutsche Aktienindex DAX mittlerweile rund 70 Prozent an Wert verloren. Doch die Wurzeln der anhaltenden Misere liegen tiefer. Die Spätfolgen der Internet-Euphorie, trübe Konjunkturaussichten und die kurzsichtige Finanzierungspolitik von Aktiengesellschaften während der Boomzeiten wiegen schwerer. Hinzu kommt die hohe Nervosität der Investoren.
» Nervosität ist Gift für die Märkte«
Unsicherheit ist Gift für Aktienkurse. Das gilt auch für die Bewertung von Innovationen. »Seit 1999 führen wir die Diskussion, wie stark sich durch das Internet die Rahmenbedingungen in der Wirtschaft verändern«, argumentiert Prof. Michael Hüther. Doch ohne Ergebnis. Zunächst wurden die Chancen neuer Technologien überschätzt - das ließ die Kurse zunächst explodieren. Nun erleben die Börsen das Gegenteil. »Die Geschichte zeigt aber, dass wir immer Wachstumsschübe hatten, wenn die Kommunikation einfacher wurde«, betont der Chefvolkswirt der Frankfurter Deka-Bank.
» Sicherheit ist Trumpf«
Angesichts der neuen Nüchternheit bevorzugen die Investoren sichere Kapitalanlagen statt großer Visionen. Schließlich ist die Aktie das verbriefte Versprechen auf künftige Firmengewinne. Doch nicht zuletzt wegen des drohenden Irak-Krieges mit negativen Folgen für die Weltwirtschaft verschiebt sich die Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung immer weiter nach hinten. »Dieses Jahr rechnen wir nicht mehr mit einer durchgreifenden konjunkturellen Erholung, bestenfalls mit ersten Lichtblicken«, schätzt Ulrich Berz, Fondsmanager von Union Investment, die nahe Zukunft ein.
» Schulden angehäuft«
Höhere Unternehmensgewinne wären aber Voraussetzung für eine nachhaltige Trendwende an den Börsen. Doch mit kurzsichtiger Schuldenpolitik in guten Jahren haben sich viele Aktiengesellschaften selbst anfällig für die Wirtschaftsflaute gemacht. Kredite sind in Boomzeiten eine billige Art der Finanzierung, zumal sie in vielen Ländern von der Steuer absetzbar sind. Die Dividende wird dagegen aus versteuerten Gewinnen ausgeschüttet. Mehr Schulden und weniger Eigenkapital lässt jedoch die Eigenkapitalrendite steigen. Diese Kennziffer - Gewinne im Verhältnis zum Eigenkapital - steht aber oft im Fokus der Investoren.
» Bumerang in Krisenzeiten«
»In guten Zeiten wirkt das wie ein Turbolader für Wachstum und Unternehmensgewinne«, erläutert Fondsmanager Berz. In schlechten Zeiten wird diese Politik zum Bumerang. »Wegen des hohen Zinsendienstes und der schmalen Kapitalbasis brechen bei solchen Unternehmen schnell die Gewinne ein, sobald das Wachstum schwächelt«, urteilt der Chef der Deutschen Börse AG, Werner Seifert.
» Dax30-Unternehmen ohne Top-Rating«
Die Verschuldung bei Unternehmen hat in den vergangenen Jahren in Europa und den USA enorm zugenommen. Ein Teil der Kredite wurde für den Rückkauf eigener Aktien genutzt. Das spiegelt sich nun in der Kreditqualität der 30 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften wider. Keines der 30 DAX-Unternehmen erhält von den Ratingagenturen noch die Bestnote. Früher befanden sich noch Schwergewichte wie Siemens, die Allianz oder die Deutsche Bank auf Augenhöhe mit Top- Schuldnern wie der Bundesrepublik.
» Psychologie lähmt Kurse«
Neben harten ökonomischen Fakten lähmt auch die Psychologie die Kursentwicklung. Die Terroranschläge vom 11. September in den USA haben die westliche Welt langfristig für Risiken sensibilisiert, meint Chefvolkswirt Hüther. »Die Friedensdividende ist weg, Anleger wollen für ihre Investitionen höhere Renditen sehen als vorher.« Daher hätten auch die Bilanzskandale der vergangenen Monate tiefer gewirkt als es sonst der Fall gewesen wäre - angefangen beim US- Energiereisen Enron bis hin zum niederländischen Einzelhandelskonzern Ahold.
» Die Käufer fehlen«
Die Generation der ehemaligen Börsen-Glücksritter setzt nun auf sichere Witwen- und Waisen-Papiere. Damit fehlen dem Aktienmarkt schlicht die Käufer. »Die Bereitschaft, sich mit neuen Positionen zu engagieren ist reichlich eingeschränkt«, beobachtet Prof. Dirk Schiereck von der European Business School in Oestrich-Winkel. Eine rasche Rückkehr des Anlegervertrauen hält er für unwahrscheinlich. »Bei den momentanen Schlagzeilen nicht sehr bald.«
Quelle: GMX
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