--><font size="6">IG Metall droht Massenprotest an</font>
DÜSSELDORF (Rheinische Post). Seit Freitag, acht Uhr, kennt die IG Metall die Reformagenda des Kanzlers und ist entsetzt. Nach drei Tagen hat sich die zweitgrößte deutsche Gewerkschaft aus der Schockstarre gelöst und droht erbitterten Widerstand an. Gewerkschafts-Chef Klaus Zwickel will zwar mit zahmen Protesten loslegen, doch am Ende"können wir einige zehntausend Menschen auf die Straße bringen", kündigt er in Düsseldorf an.
Sein Chefstratege Klaus Lang erinnert bereits an die Demonstrationen, mit der die Gewerkschaften gegen die Regierung Kohl (Sparpläne, Lohnfortzahlung) mobil gemacht hatten. So waren 1996 rund 350 000 Arbeitnehmer auf der Straße."Das machen Gewerkschaften nur, wenn sie das Gefühl haben, tief gedemütigt zu sein", zitiert Lang den damaligen IG Metall-Chef Franz Steinkühler.
Tief gedemütigt fühlt sich die Gewerkschaft offenbar auch jetzt. Vordergründig geht es um die Einschnitte."Die vom Kanzler vorgeschlagenen Kürzungen sind einseitig und zutiefst unsozial. Sie belasten ausschließlich Arbeitnehmer, Arbeitslose und Kranke", wettert Zwickel. Er stößt sich vor allem an der Kürzung beim Arbeitslosengeld, der Streichung der Arbeitslosenhilfe und der Reform des Kündigungsschutzes.
Doch letztlich geht es um das Weltbild der Gewerkschafter. Danach waren die Sozialdemokraten stets ihre natürlichen Verbündeten. Doch nun sieht Zwickel in Schröders Politik"einen undurchschaubaren Zickzackkurs". Und hält Schröders Analyse der jüngsten Wahl-Niederlagen für völlig falsch:"Es war nicht eine zu große Gewerkschaftsnähe, die zum Absturz der SPD bei den Wahlen in Hessen und Niedersachsen geführt hat. Es war das immer weniger erkennbare soziale Profil der SPD", so Zwickel. Dennoch schiebt er in verzweifelter Nibelungentreue hinterher:"Trotzdem sehen wir keine Alternative zur Bundesregierung."
Das sieht der Sozialverband VdK anders. Dessen Chef, Walter Hirrlinger, drohte Schröder indirekt mit Abwahl. Er sagte, Schröder solle die Macht der 19 Millionen Rentner nicht unterschätzen. Bei der Bundestagswahl 2006 könnte der Kanzler die Quittung für seine Gesundheitspolitik erhalten.
So weit geht die IG Metall nicht. Sie will die Reformen, nicht den Kanzler stürzen. Zunächst will sie ihre Mitglieder informieren und befragen. Ab April will sie Besuche von Mitglieder-Trupps in den Wahlkreisbüros der Unions- und SPD-Abgeordneten organisieren. Später sind Massen-Demos drin."Wenn Schröder seine Drohung wahr macht und den Flächentarif aufbohrt, stehen die Betriebe", droht Zwickel. Er rechnet mit Unterstützung anderer Gewerkschaften, Verdi plane ähnliches. Nur von der Chemie-Gewerkschaft IG BCE erwarte man nichts."Die warten immer erstmal ab", sagt er.
Streiken dürfen deutsche Gewerkschaften für politische Ziele nicht. Doch es dürfte der IG Metall nicht ungelegen kommen, dass im April in Ostdeutschland die Friedenspflicht endet. Dort kämpft die IG Metall für die 35-Stunden-Woche."Wir sind an Streiks näher dran als davon weg", sagt Zwickel. Die Chance, hier zwei Fliegen mit einem Streik zu schlagen, wird er sich kaum entgehen lassen.
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