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Staatsverschuldung
"Schwerste Finanzkrise der Geschichte"
Die Bundesrepublik befindet sich nach Einschätzung aller 16 Länder-Finanzminister in der schwersten Finanzkrise ihrer Geschichte. Schuld sei aber allein der Bund.
Berlin - Nach 2002 und 2003 drohe Deutschland auch kommendes Jahr ein Verstoß gegen die Euro-Stabilitätskriterien, betonten die Länderfinanzminister am Donnerstag in Berlin in einer gemeinsamen Erklärung. Die Vorgabe von weniger als drei Prozent Staatsdefizit sei nur einzuhalten, wenn Reformen einschließlich Ausgabenkürzungen umgesetzt und drei Prozent Wachstum erreicht würden.
Alle gesellschaftlichen Gruppen und Politikbereiche müssten zusammen eine Verschärfung der Krise verhindern, forderten die Minister auf ihrer Jahreskonferenz. Sie stellten sich damit gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der am Mittwoch angedeutet hatte, den Sparkurs im Interesse der Konjunktur zu lockern und notfalls einen weiteren Verstoß gegen die Euro-Kriterien in Kauf zu nehmen. Nach Worten der Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks, wird die Einhaltung der Stabilitäts-Kriterien schwierig, wenn das Wachstum 2004 unter zwei Prozent liegt.
Die Minister machten allein den Bund für die Verstöße gegen die Euro-Vorgaben verantwortlich. Die Länder seien ihrer Verantwortung nachgekommen und hätten 2002 die drei Prozent nicht überschritten, hieß es in der Erklärung. Angesichts der angespannten Finanzlage sprachen sie sich für einen scharfen Sparkurs aus."Einschnitte sind bei den konsumtiven Staatsausgaben, bei Subventionen und sonstigen Transferleistungen vorzunehmen", heißt es in der Erklärung. Dabei dürfe allerdings der Aufbau Ost nicht gefährdet werden.
Über Rezepte, wie die Finanzmisere konkret zu bewältigen ist, konnten sich die Finanzminister allerdings nicht einigen. Der Dissens wurde besonders beim Thema Kürzung von Subventionen und Steuervorteilen deutlich. Überlegungen über Kürzungen der Entfernungspauschale stießen insbesondere bei den unionsregierten Ländern auf Ablehnung.
Die Finanzminister von Bayern und Baden-Württemberg, Kurt Faltlhauser (CSU) und Gerhard Stratthaus (CDU), machten klar, dass sie keine direkten oder indirekten Steuererhöhungen zulassen würden, die der Konjunktur schadeten. Änderungen beim Kilometergeld müssten von Steuersenkungen flankiert werden, die über die Entlastung aus der rot-grünen Steuerreform hinausgingen. Stratthaus betonte, die Union werde nicht über Einzelvorschläge verhandeln, sondern nur über ein umfassendes Konzept.
Ihr rheinland-pfälzischer Kollege Gernot Mittler (SPD) warnte dagegen davor, jeden Vorschlag zum Subventionsabbau als Steuererhöhung zu diskriminieren. Angesichts der Steuerreform dürfe nicht so getan werden, als zocke der Staat ab. Hendricks hielt sich mit einer Bewertung zurück und betonte, sie warte auf Vorschläge der Länder. Bei der Gemeindefinanzreform zeichnet sich weiterhin keine Einigung zwischen SPD und Union ab.
In einigen Details erzielten die Länder aber bereits eine Einigung. So kann künftig jedes Land im Alleingang entscheiden, wann der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auf die Beamten übertragen wird. Auch die Streichung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes soll den Angaben zufolge den einzelnen Ländern überlassen sein.
Der Bund will sich der Ã-ffnungsklausel anschließen, sie 2003 aber laut Hendricks nicht in Anspruch nehmen. Die für dieses Jahr geplanten Abstriche beim Weihnachts- und Urlaubsgeld für Bundesbeamte werde es nicht geben. Für 2004 behalte sich die Regierung diesen Schritt vor.
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