-->Simple Sonderangebote reichen dem Einzelhandel als Lockmittel nicht mehr. Kundenkarten und Rabattgutscheine suggerieren dem Verbraucher Schnäppchen und persönlichen Sonderstatus. Doch fast immer ist ein Haken dabei - wie zum Beispiel bei der Happy-Digits-Prämie Mountainbike. Um das zu bekommen, müsste der Kunde zuvor bis zu 145.000 Euro Umsatz machen.
Heimlich, still und leise verabschiedeten sie sich von ihren Versprechungen: Noch vor gut einem Jahr boten Karstadt und Kaufhof ihren Kundenkarteninhabern drei Prozent Rabatt, heute ist es nur noch ein Prozent. Die Supermarktkette Real hat ihre Vergünstigung von einem auf ein halbes Prozent eingedampft. Der Kunde bekommt die Entwertung nur als Randerscheinung mitgeteilt und ist verwirrt:"Viele Verbraucher wissen gar nicht, wie viel Prozent Rabatt sie mit ihren Kundenkarten bekommen", sagt Manfred Dimper, Handelsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen.
Vorzugsrolle mit geringen Vorteilen
Der unauffällige Pauschalrabatt per Plastikkarte erscheint dem Einzelhandel nicht mehr zugkräftig genug. Kein Wunder: Der Umsatz schwindet, die Kaufzurückhaltung ist groß, das Rabattgesetz seit zwei Jahren Makulatur und der Teuro-Frust der Verbraucher noch lange nicht überwunden. Dem einzelnen Verbraucher wird nun immer deutlicher eine individuelle Vorzugsrolle suggeriert. Kundenkarten werden als Konsequenz zunehmend mit Rabatt-Gutscheinen kombiniert. Doch der Billig-Poker geht nach Meinung von Verbraucherschützern zu Lasten der Seriosität. Die Gutschein-Flut macht den Einkauf zu einer großen Schnipseljagd, bei der es nur selten Gewinner gibt - zumindest auf der Verbraucherseite.
Kleine Schnipsel, große Einschränkungen
Meist zweistellige Zahlen stehen vor dem Prozentzeichen jener Coupons, die seit etwa einem Jahr bei Kundenkarten-Inhabern im Briefkasten landen. Die Zahl der Empfänger ist groß: 22 Millionen Payback-Karten stecken in deutschen Portemonnaies, gefolgt von 16 Millionen Happy-Digits-Karten von Telekom und KarstadtQuelle. Noch mehr Plastik für das Portemonnaie kommt von diversen Einzelhandelsketten, die sich keinem Rabatt-Verbundsystem angeschlossen haben.
Kundenkarte plus Coupon-Prozente in oft zweistelliger Höhe - das klingt nach attraktiven Sonderkonditionen. Doch die Ernüchterung kommt oft beim Blick auf das Kleingedruckte. Der Rabatt ist in der Regel auf einen einzigen Artikel aus ausgewählten Bereichen des Sortiments beschränkt und nur wenige Wochen gültig. Er kann außerdem meist nur bei gleichzeitiger Vorlage der Kundenkarte eingelöst werden. Wer sparen will, muss somit zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Artikel kaufen und den richtigen Gutschein und die richtige Kundenkarte dabei haben."Coupons, die nur wenige Wochen gelten, sind für den Einzelhandel ein geeignetes Mittel, um Kunden beim Kauf unter Zeitdruck zu setzen", sagt Manfred Dimper.
Die Ersparnis ist oft gering
In den USA hat das Couponing-Prinzip bereits Tradition. Alljährlich werden dort vier Milliarden Coupons eingelöst. Gegenwert: drei Milliarden Dollar. Klingt gigantisch, entspricht jedoch einer durchschnittlichen Ersparnis von 75 US-Cent pro Gutschein.
Auch in Deutschland hält sich der Coupon-Profit oft in engen Grenzen: 50 Prozent auf einen Uhr-Batterie-Wechsel zum Beispiel bot Karstadt seinen Kunden im vergangenen Spätsommer - ein Gutschein, der nur innerhalb weniger Wochen eingelöst werden konnte. Zu dumm nur, dass Uhren ihren Energieverbrauch nicht danach ausrichten, wie lange ein Kaufhaus Rabatte gewährt.
Auch andere Coupon-Offerten klingen großzügiger als sie sind: 50 Payback-Punkte extra verspricht der kleine Zettel bei einem Einkauf ab 50 Euro. Klingt großzügig ist es aber nicht. 50 Payback-Punkte haben einen Gegenwert von 50 Cent. Der üppig erscheinende Sonderrabatt liegt bei höchstens einem Prozent. Und in den Genuss kommt man auch nur in Real-Supermärkten und nur bei Einlösung vor dem 30. Juni.
Mitunter wird nicht einmal das gehalten, was auf den Gutscheinen schwarz auf weiß versprochen wird. Bei Jürgen Schröder, Jurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, häufen sich die Schilderungen von Coupon-Nepp. Der Rechtsexperte nennt ein besonders skurriles Beispiel:"Eine Kundin einer großen Bekleidungskette wollte beim Kauf eines ärmellosen Sommerkleides einen Rabatt-Gutschein für Frühjahrs- und Sommerbekleidung einlösen. Doch der Rabatt wurde ihr verweigert. Mit der Begründung, das Kleid gehöre zur Herbst- und Winter-Kollektion."
Kostenlos, aber meist auch umsonst
Wem die Gutschein-Schnipseljagd zu umständlich ist, dem bleibt nur der reine Kundenkarten-Rabatt. Sind genug Punkte oder Digits beisammen, gibt es als Alternative zur Auszahlung auch Prämien. Doch auch deren Wert ist selten höher als ein Prozent der Umsatzsumme: So wird die Sammelwut bei Happy Digits, dem Bonusprogramm von Telekom und KarstadtQuelle mit einem Plastik-Küchenwecker mit Kükenfigur belohnt. Den gibt es aber erst, nachdem der Kunde 1200 Digits gesammelt hat. Fünfzig bekommt er als Dankeschön fürs Anmelden, die restlichen 1150 muss er sich durch Einkäufe und Telefonate verdienen. Heißt konkret: Das Küken im Wert von rund zwölf Euro gibt es ab 1150 Euro Umsatz.
Größere Prämien werden dank der knauserigen Ein-Prozent-Regel für den Durchschnittsverbraucher zu einer Fata Morgana: Für ein Mountainbike muss der Kunde je nach Typ zwischen 70.000 und 145.000 Euro bei Happy Digits-Partnern ausgegeben haben. Innerhalb von drei Jahren wohlgemerkt. Sonst verfallen die ersten Punkte bereits. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Sarah Spiekermann nennt Happy Digits deshalb"Happy Volksverarschung". Sie hat sich intensiv mit Kundenkarten und ihren Leistungen beschäftigt. Ihr Fazit: Verbraucher geben mit der codierten Plastikkarte bei jedem Bezahlvorgang detaillierte Informationen über ihr Einkaufsverhalten preis und erhalten für den Verlust an Datenschutz eine lächerliche Gegenleistung.
Fachhandel statt Warenhaus
Kann der Kunde heute überhaupt noch vom Fall des Rabattgesetzes profitieren?"Es gibt durchaus lukrative Rabatte", meint Jürgen Schröder."Aber man muss kritisch sein und vergleichen." Mitunter würden Preise zunächst absichtlich zu hoch angesetzt, um dann scheinbar großzügige Vergünstigungen zu gewähren. Der Versuch zu handeln, sei in Warenhäusern zudem oft aussichtslos: Wenn ein Käufer versuche, den Preis eines Artikels individuell zu drücken, werde mittlerweile oft nur noch auf die Kundenkarte und die dazugehörigen Gutschein-Offerten verwiesen. Der simple Kundenkarten-Rabatt dürfe kein Anreiz mehr sein, größere Anschaffungen in Warenhäusern zu tätigen. Gerade bei technischen Produkten biete der inhabergeführte Fachhandel oft bessere Beratung."Und so viel Rabatt wie mit einer Kundenkarte ist dort in den meisten Fällen allemal drin."
<ul> ~ http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,252484,00.html</ul>
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