von: Martin Beier
Der Kommentar von w:o-Chefredakteur Martin Beier
Warum brauchen Deutschlands Unternehmen eigentlich länger als die Amerikaner, um ihre Zwischenberichte zu veröffentlichen. In den USA ist die Herbstsaison der Zahlen fast vorüber, die per 30. September erwirtschaftet worden sind. In Deutschland wird sie noch weit bis in den November hinein anhalten. Die Bilanzierungsvorschriften sind hierzulande sicher nicht schwieriger als in den USA. Viele deutsche Unternehmen berichten ohnehin inzwischen nach den amerikanischen Vorschriften US GAAP. Sie müssen vielleicht noch ein bisschen üben - mit dem fremden Regelwerk. Dass tatsächlich die Zahlen für nationale Unternehmen wie für internationale Konzerne intern erst mit vierwöchiger Verspätung vorliegen, das darf nicht sein; zumal im Land des weltweit führenden Software-Riesen SAP, der - ebenso wie andere Computerfirmen - genau für derartige Informations- und Steuerungsprozesse die datentechnischen Weichen zu schalten weiß.
Es kann nicht angehen, dass Unternehmen, die mit fremder Leute Aktien-Geld und Vermögens-Hoffnungen arbeiten, praktisch vier Wochen lang im Dunkeln tappen, ehe sie wissen, was wie es läuft und was nicht läuft. Die Märkte, also Kunden und Konkurrenten, agieren und reagieren heute so schnell, dass Tages- und Wochenbilanzen nötig sind. Ferner müssen sich Wirtschaftsprüfer davon überzeugen, ob Instrumentarien vorhanden sind, mit denen Risikorechnungen angestellt werden können, so wie das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz in Unternehmen es befiehlt.
wallstreet:online hat auch schnell reagiert: Als Nemetschek (Frankfurt: 645290.F - Nachrichten), der Branchenführer unter den Softwarefirmen für Architekten und Bauschaffende, schlechte Zahlen vorlegte und Gerüchte davon wissen wollten, dass die Tendenz im Hause des Konkurrenten mb Software kaum besser aussehen dürfte, rief w:o-Redakteur Marcus Hellmich in Budapest an beim Dritten im Bau-Software-Bund: Graphisoft. Dort heißt es: Wir sind von der Flaute der deutschen Bauwirtschaft nicht so betroffen wie die Konkurrenz. Wir machen nur ein Fünftel unseres Umsatzes in Deutschland. Die Geschäfte im übrigen Europa, in Asien und in den USA laufen gut. Wir werden unsere Zahlen einhalten. Veröffentlichungstermin ist der 9. November. Das müsste eigentlich schneller gehen, damit es Graphisoft nicht so geht, wie jüngst dem Nokia (Frankfurt: 870737.F - Nachrichten)-Konzern. Dessen Kurs kam wegen anderer Spekulationen arg unter die Räder, bis der Handy-Konzern seine Zahlen früher herauslies. Die waren so gut, dass europaweit neue Kauflust unter den Börsenanlegern aufkam. Und der Graphisoft-Kurs steht schon seit langem unter Druck.
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