-->Bilanzen von US-Firmen
„Tralala-Gewinne“ aus den USA blenden die Anleger
Von Gertrud Hussla
Als hätte niemand etwas dazugelernt. Die Praxis vieler US-Firmen, ihre Gewinne zu schönen, blüht in diesem Quartal wie lange nicht mehr. Erinnerungen an die besten Zeiten der New Economy werden wach. Vor allem im Technologiesektor lassen Konzerne bei der Bekanntgabe ihrer Vierteljahresergebnisse Unschönes weg, um die Erwartungen der Investorengemeinde nicht zu enttäuschen und das geforderte Wachstum vorzuweisen.
DÜSSELDORF. Die bis jetzt von US-Konzernen verkündeten „operativen“ Gewinne liegen um etwa 22 % über den nach den US-Rechnungslegungsregeln GAAP der Wertpapieraufsicht SEC eingereichten Ergebnisse, errechnete der Finanzinformationsdienstes Standard & Poors. Damit hat sich die Differenz zwischen bekannt gegebenen und echten Ergebnissen gegenüber dem Vorjahresquartal nochmals erhöht.
Das Ansinnen klingt zunächst einleuchtend: In so genannten „Pro Forma“-Statements stellen die Konzerne den Analysten und Anlegern Zahlen vor, in denen Einmal-Posten unberücksichtigt sind, um die Ergebnisse gegenüber vorher gegangenen Quartalen besser vergleichbar zu machen. Doch unter den Einmalposten tauchen erneut jede Menge Posten auf, die eigentlich zum operativen Geschäft gehören. Beispiel Sprint: der Telefonkonzern schließt den Wertverfall von Telecom Investitionen vom operativen Ergebnis aus. Damit verwandelt sich der Quartals-Verlust von 48 Cents je Aktie in einen Quartalsgewinn von 38 Cents. Sind Fehlinvestitionen nicht ein trauriger Teil des operativen Geschäfts? Beispiel Siebel Systems: Der Softwarekonzern rechnet erneut Restrukturierungskosten ab, nachdem er bereits im dritten und vierten Quartal des vergangenen Jahres solche einmaligen Umbaukosten geltend machte. Damit wird aus einem Verlust von 23 Cent ein Gewinn von 4 Cent. Beispiel Eastman Kodak: Der Fotokonzern macht eine vage Einmalausgabe für Kostenreduzierung geltend. Damit steigt der Gewinn von 42 Cents auf 88 Cents je Aktie. Interessant ist auch eine Variante des Softwarekonzerns Microsoft: Er rechnet Aktienoptionen als Teil der Managementgehälter nicht zu den laufenden Ausgaben, obwohl er sich als einer der ersten entschlossen hat, diese Kosten in die nach GAAP ermittelten Ergebnisse mit einzubeziehen. Einen ähnlichen Weg geht auch der Online-Einzelhändler Amazon.
Unter den rund 330 Firmen welche Einmalkosten geltend machen, hat knapp jede fünfte ihre operativen Ergebnisse geschönt, ermittelte Marktstratege James Montier von der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein. Damit basiert die derzeitige Kursrally zu Teil auf falschen Annahmen. US-Anleger verlassen sich bei ihren Kaufentscheidungen auf die von den Konzernen öffentlich bekannt gegebenen Zahlen, unbesehen folgen dann auch die europäischen Anleger den Höhenflügen der Wall Street. „ Im festen Kollektiv schreiben Anleger alle Bedenken in den Wind“, sagt Montier, „sie sind süchtig nach solchen Tralala-Gewinnen.“
Bedenklich müsste schon stimmen, dass die Umsätze der berichtenden Firmen mit einem Wachstum von 7,5 % gegenüber dem Vorjahresquartal weit weniger gestiegen sind als die Gewinne. Selbst wenn das zum großen Teil durch Kostensenkungen zu begründen ist: Die Möglichkeiten, Kosten zu senken, sind irgendwann erschöpft. Dann dürfte die Realität die Anleger wieder einholen. Die darauf folgenden Kurseinbrüche könnten ziemlich schmerzhaft werden.
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