-->"Hassmails" und Ifo-Index - Abwärts oder Seitwärts
von Jochen Steffens
Es ist immer wieder interessant zu beobachten: Investoren kaufen endlich, nach dem sie viel zu lange gewartet haben, Aktien, um dann verwundert festzustellen, dass es sich nicht so entwickelt wie erwartet (der Dax läuft sei Januar strikt seitwärts). Offenbar sind es diese Investoren, die dann die bearishen Kommentatoren per Mail angreifen, kurz bevor es wieder an den Börsen abwärts geht. Umgekehrt gilt das Gleiche: Anfang letzten Jahres waren es die bullish gestimmten Kommentatoren, die aufs übelste beschimpft wurden. Eine andere Form, dieser"Hassmails" genannte Art der Artikulation, taucht in Foren auf (Im Internet tauschen Trader/Investoren über Foren ihre Meinungen aus). Gerade in Endphasen einer Rallye wird der Ton oft sehr aggressiv und zum Teil verlässt er jegliches Niveau.
Aber man kann es den Anlegern nicht verdenken. Gerade Anfang des Jahres wurden viele durch die überaus positive Stimmung und die vielen positiven Analystenkommentare in die Börse getrieben. Doch seitdem geht es nun schon fast 2 Monate nur seitwärts im Dax. Das zerrt an den Nerven. Die neuen Investoren hängen in Positionen, die ständig zwischen Himmel und Hölle (plus/minus) notieren, wenn sie nicht sogar auf Highflyer gesetzt haben, die seitdem deutlich in den Verlust geraten sind (der Nasdaq100 hat Freitag wieder ein Niveau von Anfang Dezember erreicht).
Ein alter Traderkollege erzählte mir einmal, er benutzt die Foren als Tradingindikatoren. Er kaufte in den Jahren nach März 2000 immer wenn sogenannte"Blut-Threads" (Thread ist eine Meinungsäußerung eines Foren-Teilnehmers, die er zur Diskussion stellt) auftauchten."Blut-Thread" waren seiner Definition nach Threads, die meistens nach längeren Kursverlusten auftauchten und in denen dann die heftigsten Kursziele (DAX AUF 500!!!), Weltuntergangsstimmungen und Konkursvermutungen extrem marktschreierisch verbreitet wurden.
Er hatte Erfolg mit dieser Methode. Er erkannte aber auch noch einen anderen Indikator: Den"Genervt und Haß" Indikator. Sobald die Streitereien in den Foren zunahmen, die Teilnehmer sich gegenseitig aufs Übelste beleidigten, sah er zumindest das vorläufige Ende eines Kursanstiegs gekommen.
Mein persönlicher Hass-Mail-Indikator ist am Wochenende deutlich angesprungen. So wurde ich aufgrund meiner eher bearishen Einstellung z.B. als"Pfeife" bezeichnet und wundere mich deswegen nicht, dass der Dax heute um über 2 % weggesackt ist. Der Indikator scheint immer noch zu funktionieren.
Aktuell ist, wie gesagt, die überaus nervige Seitwärtsbewegungen für beide Seiten belastend, Bullen wie Bären. Die Bullen warten darauf, dass es nach oben weiter geht, die Bären, dass es nach unten ausbricht. Dabei wird jeweils dann noch zu klären sein, ob dieser Ausbruch auch noch länger Bestand hat.
Einige Indizes (S&P, Dow, Dax) sind seitwärts aus ihren Trends ausgebrochen. Auch wenn viele konjunkturelle Indikatoren dafür sprechen, dass es nun abwärts geht, sehe ich insgesamt immer noch mehr Seitwärtspotential als Abwärtstendenzen.
Allerdings verstehe ich unter Seitwärtsbewegung eine Bewegung in einem größeren Rahmen. Das heißt, ich rechne (nach wie vor) mit einer Seitwärtsbewegung im Dax innerhalb einer Spanne von mind. 1000 Punkten bis 2000 Punkten in den nächste Jahren.
Der Dax steht nun an seiner wichtigen Marke im Bereich der 3980 Punkte. Hier fragt sich, nimmt er seine Seitwärtsbewegung wieder auf und läuft wieder auf die 4185 Punkte oder beendet er sie nachhaltig und geht in eine Abwärtsbewegung über. Ein Schlusskurs unter dieser Marke, der am nächsten Tag fortgeführt würde, wäre zumindest ein halbwegs sicheres Indiz. Man darf, wie immer gespannt sein.
Doch was hat nun zu dem aktuellen Kursrückgang im Dax geführt?
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