>Hallo, zusammen,
>nachdem ich damals den Artikel betreffend die Berichterstattung (?) der großen Zeitung zum Thema Sebnitz gebracht habe, sollte ich auch erwähnen, daß die große Zeitung am 2.12.2000 offenbar (gemäß deren Archiv) eine Zusammenfassung der Geschehnisse aus deren Sicht gebracht hat.
>Demnach stellt sich BILD auf den Standpunkt, man habe erst berichtet, als es gegen die angeschuldigten drei Leute Haftbefehle gegeben habe.
Sollte dies der Fall sein (ich weiss nicht, was in der Zeitung am 2. 12. gestanden hat), dann ist es falsch. Es wurde berichtet, bevor es die Haftbefehle gegeben hat. Grund der Berichterstattung waren langwierige Recherchen zu dem Fall des ertrunkenen Jungen. Es lagen vor: Ca. 20 Eidesstattliche Versicherungen, die Aussagen der Mutter und ein Rechtsgutachten eines Mannes (Namen mir entfallen), der in Hannover ein Kriminologisches (oder so) Institut unterhaelt und damals der designierte Justizminister im Kabinett Gabriel war. Dieser Mann mit seinem Gutachten, es muesse jetzt alles wg. des rechtsradikalen Hintergrundes neu aufgerollt werden, war der entscheidende Grund, den Fall zu veroeffentlichen.
Am naechsten Tag brachte Deutschland serioesestes Blatt, die FAZ (!), den Fall deckungsgleich (ebenfalls mit Neonazi-Hintergrund) und zwar als zweite Schlagzeile auf Seite 1. Dabei wurde von der FAZ die Berichterstattung von BILD mit keinem Wort erwaehnt, so dass jeder FAZ-Leser davon ausgehen musste, (und wohl bis heute muss), dass dieser Artikel auf eigenen FAZ-Recherchen beruhte.
Was ist nun von der FAZ zu halten?
>Vorher habe man von einer Berichterstattung abgesehen, erst, nachdem ein Richter die Haftbefehle unterzeichnet habe, sei berichtet worden, weil sinngemäß erst dann die Sache hinreichend konkret gewesen sei, daß man sich darauf verlassen konnte.
Sollte dies so sein, ist es nach meiner Kenntnis der Dinge (ich war schliesslich dabei, wenn auch nicht mit dem Fall befasst) falsch. Verlassen kann man sich im uebrigen auf gar nichts. Es ei denn, man hat es selbst recherchiert. Ich weiss es, da ich die Ernst-August-Vater-und-Grossvater-Vergangenheit in der Nazizeit selbst recherchiert habe (mit einer Gruppe handverlesener Reporter) und die Story stimmte von der ersten bis zur letzten Zeile.
>Sollte sich herausstellen, daß BILD die Anschuldigungen zuunrecht erhoben hätte, werde man nicht zögern, sich zu entschuldigen.
Anschuldigungen hat nicht BILD erhoben, sondern BILD hat darueber berichtet, dass solche Anschuldigungen en masse mit Absegnung von Top-Juristen vorlaegen.
>Kommentar vom Baldur: Offenbar sind alle Ermittlungen gegen die drei Verdächtigen mittlerweile eingestellt worden, nicht aber die Ermittlungen grundsätzlich, es werde jetzt noch gegen unbekannt ermittelt, habe ich gelesen.
Mein letzter Stand: Ermittelt wird gegen die Eltern, die Mutter insbesondere, aber Genaues weiss ich - weitab vom Schuss - leider nicht.
>Wenn eine Zeitung sich unter Hinweis auf die Rechtsordnung darauf zurückzieht, ein richterliches Handeln sei Anlaß genug für eine Vorverurteilung, so frage ich mich, warum man nicht wahrnehmen will, daß erst vor Gericht nach einer ordentlichen Verhandlung ein Urteil ergeht.
Es ging nicht um Vorverurteilungen, weshalb auch immer von"mutmasslicher" Moerder usw. geschrieben wird, selbst wenn der Masnn gestanden hat. Sondern es ging um den Bericht ueber eine Nachrichtenlage, die sich so dargestellt hat, wie beschrieben. Die gesamte deutsche Presse (ohne Einschraenkungen soweit mir bekannt) hat sich dieser Berichterstattung angeschlossen.
>Und erst, wenn es rechtskräftig ist, kann im Indikativ berichtet werden.
>Vorher ist es noch immer mutmaßlich, ist es meinetwegen dringend verdächtig.
>Mehr nicht.
Ja, wenn es sich um einen einzelnen Verdaechtigen handelt. In diesem Fall war es aber so etwas wie eine"Sammeltat" und da es dazu keine konkret Beschuldigten gab, und auch noch keine Verhaftungen, wurde im Indikativ berichtet.
>Trotzdem hielt man es für angebracht, von Fakten zu berichten, in einem Maße, das mir mittlerweile mehrere Anfragen von ausländischer Kundschaft eingebracht hat.
>Jetzt kritisiert die große Zeitung die Ermittlungsbehörden, auf die man sich ja mittelbar gestützt habe, anstatt sich an die Nase zu fassen, ob man sich nicht selbst im Ton total vergriffen hat.
Man hat sich nicht auf Ermittlungsbehoerden gestuetzt, da es keine Ermittlungen (mehr) gab. Sondern auf das Institut in Hannover, das der Justizminister von Niedersachsen in spe leitete.
>Eine etwas vorsichtigere Formulierung hätte es ja auch getan, aber so?
Das Formulieren ist in der Tat die Crux bei allem, was wir beschreiben. Egal wo und was.
>Eine Schlägerei in Vilshofen im gleichen Kontext (hat sich auch nicht bestätigt, nebenbei, es gab eine Pöbelei von stadtbekannten Problemjugendlichen ohne jeden politischen Hintergrund).
>Vielleicht paßte es ja zu gut ins BILD?
>Ich denke, wir können auch an dieser Sache wieder mal sehen, wie stark man Trugbildern aufsitzen kann.
Dies hier war kein Trugbild. Sondern es handelt sich um eine bewusst herbei gefuehrte Taeuschung, das ist etwas ganz anderes. Beim Trugbild liegt die Schuld bei mir, weil ich nicht genau genug gucken kann. Bei der Taeuschung bin ich zunaechst machtlos, da ich ja ganz genau hingeguckt und geprueft habe. Die Abgabe einer falschen Eidesstattlichen Versicherung ist strafbewehrt - wie Meineid.
>Und dann kommt der Kübel Eiswasser übern Kopp, das unsanfte Erwachen vor der Wahrheit, die Scham (sofern man nicht zu abgebrüht ist), und vielleicht eine gewisse Orientierungslosigkeit.
Es geht hier nicht um Wahrheit, sondern um Betrug. Wenn ich betrogen werde, kann man mir nicht vorwerfen, ich haette nicht intensiv genug nach der Wahrheit gesucht. Das sind zwei voellig verschiedene Paar Schuhe.
Besten Gruss
d.
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