-->>Die Zahl psychosomatischer Erkrankungen ist in Deutschland inzwischen so hoch, dass sie sozialpolitisch von immer größerer Bedeutung ist. Nach Angaben des Berufsverbands der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (BPM) erkranken inzwischen jedes Jahr bis zu 14,5 Prozent der Bevölkerung an psychischen und psychosomatischen Leiden. Die Zahl der dadurch bedingten krankheitsbedingten Fehltage sei in den vergangen Jahrzehnten um 70 Prozent gestiegen, während die Arbeitsunfähigkeit bei anderen Erkrankungen rückläufig sei.
>Vor allem Stress im Berufsleben und Arbeitslosigkeit seien Auslöser für psychosomatische Beschwerden.
>... aber keine Arbeit auch.
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Schon Paul Lafargue hat in seinem Buch"Das Recht auf Faulheit" erkennt, dass Arbeit Körper und Geist degeneriert.
Wider die Arbeit
Es ist die rasende, bis zur
Erschöpfung der Individuen und ihrer Nachkommenschaft gehende Arbeitssucht. Statt
gegen diese geistige Verwirrung anzukämpfen, haben die Priester die Ã-konomen und die
Moralisten die Arbeit heiliggesprochen. Blinde und beschränkte Menschen, haben sie
weiser sein wollen als ihr Gott; schwache und unwürdige Geschöpfe, haben sie das, was ihr
Gott verflucht hat, wiederum zur Ehren zu bringen versucht. (Paul Lafargue)
Arbeitet, arbeitet Tag und Nacht: indem ihr arbeitet, vermehrt ihr euer Leiden, und euer Elend enthebt uns der Aufgabe, euch gesetzlich zur Arbeit zu zwingen. Der gesetzliche Arbeitszwang macht"zu viel Mühe, fordert zu viel Gewalt und erregt zu viel Aufregung; der Hunger ist dagegen nicht nur ein friedlicher, geräuschloser, unermüdlicher Antreiber zur Arbeit, er bewirkt auch, als die natürlichste Veranlassung zur Arbeit und gewerblichen Tätigkeit, die gewaltigste Anstrengung." (Paul Lafargue)
Arbeit ist nicht bezahlte Tätigkeit.
Arbeit ist Gegenteil von Tätigkeit.
Die Arbeit als wichtigen Anker der Lebensführung in Frage zu stellen, is vorrangig kein wirtschaftliches, sondern ein sozialpsychologisches Problem.
Der ideal erzogene Konsum- und Arbeitsbürger ist überzeugt, dass er sich das Erworbene redlich verdient hat - durch seine Leistungen in der Welt der bezahlten Tätigkeit. Er hat fast völlig die Fähigkeit verloren sich außerhalb seiner Arbeit anzustrengen, zu verzichten, etwas zu tun, das sich nicht gleich positiv in den Bilanzen von erwerb, Leistung, Prestige, Lust niederschlägt. Arbeit stellt für ihn Selbstzweck und moralische Kategorie dar.
Wer etwas ist, wer in sich ruht, benötigt keine Arbeit oder käufliche Kompensation. Wir brauchen ein Kosumverhalten, das Statussymbole nicht nötig hat und das langlebige Gebrauchsgut dem modischen Wegwerfartikel vorzieht. Es geht nicht um frommen Konsumverzicht, sondern um fröhliche Konsumverweigerung. Der Nachbar, der sich wieder mal für 50.000 Euro eine neuen Schlitten gekauft hat - er ist vielleicht ein notorischer Umweltsünder, aber viel wichtiger ist doch: Er ist ein armer Kerl.
Es scheint wichtig eine gesunde Distanz zum eigenen Beruf zu entwickeln und Spielräume für andere Beschäftigungen zu schaffen. Es spricht sich herum:
*Wer immer nur arbeitet, wird auf Dauer blöde*.
Status, Selbstwertgefühl und Identität erwirbt der Bürger noch weitgehend durch die bezahlte Tätigkeit. *Lieber* schwere, schlecht bezahlte Arbeit als Passivität.
Der Brufsalltag ermöglicht oft keine Individualität, sondern verlangt Selbstinstrumentalisierung. Ein Goldhamster, der sich im Laufrad abmüht, ist immer auf dem weg nach oben.
Die arbeit kann helfen, die Zeit und das ganze Leben zu strukturieren. Aber wenn sich die Arbeit um das Leben gar nicht schwert? Wenn einer sich nur strecken und zurichten muß, damit dieses Gerüst ihn stützen kann. Viele Männer sind so in die haltgebenen Strukturen des Arbeitslebens eingebunden, dass ihnen keine Gelegenheit bleibt, auf Krisen, Krankheiten oder Veränderungen in der Familie zu reagieren. Dabei verpassen sie die Möglichkeit, angemessen mit ihrem eigenen Älterwerden umzugehen. Immer mehr Männer machen die Erfahrung, dass sie ein hohes Risiko eingegangen sind, indem sie sich ausschließlich auf die stabilen Rahmenbedingungen ihrer Berufstätigkeit verlassen haben. Arbeit ist eine männliche Form der Sorge.
Industrielle Arbeit ist schwer, rechtlos und entbehrungsreich. Ihre Qualität zur Darstellung von Männlichkeit erlangt sie durch die Funktion des Opfers.
Eine brüchige Vorstellung ist, durch die eigene Arbeit einen wirklichen Beitrag zum Wohlergehen der Allgemeinheit zu leisten.
Wissenschaftliche Studien haben es vielfach belegt: Menschen, die kürzer arbeiten sind konzentrierter und gesünder. Arbeit führt in Sucht, emotionale Verkrüppelung (Eintrübung der wahnehmung in Beziehungsfragen) und birgt o.e. Gesundheitsgefahren.
Arbeit ist ein männliches Selbstwertgebäude (Beruf, Arbeit, Leistung, Einkommen).
Bsp.: *So mancher bedeutender Herr verbringt die letzten zwanzig Jahre seines Lebens als kontaktarmer und unselbstständiger Kauz. Die Arbeit hatte ihm Würde gegeben, und mit allem anderen kennt er sich zuwenig aus. Die fehlende private Verankerung und die vorrangige Orientierung an Beruf, Geld und Leistung erweisen sich nun als ernstes Problem. Im Alter wird der Mann, so Sozialisationsforscher, von seinen Abstraktionen *übermannt*. Das Innere de büchig gewordenen biografischen Männerhülse ist leer.
Dass ein freier Tag mehr in der Woche mehr Zeit für Privatleben, Kontemplation, für die Familie bedeutet, interessiert nur am Rande. Arbeit verunstaltet Geist und Körper und führt zur Regresion. Die ideologisch verordnete Leistungsethik wirkt nicht mehr besonders glaubwürdig.
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Vorschläge um die Situation des arbeitenden Menschen zu verbessern:
Der arbeitende Mensch muss zum Zeitpionier werden, das heißt er muss Bewußtsein erlangen und erkennen, dass ihm Zeitwohlstand wichtiger ist als Karriere oder materieller Reichtum (Einkommensverzicht zugunsten von Zeitwohlstand).
Bsp.: Ausschlafen ist ein Luxus, den sich vor allem der abhängig beschäftigte, zeitversetzt und lang schlafende Mensch nur gegen seine Natur mit verfrühten Zubettgehen erkaufen kann.
Es muss einen Wandel der industriellen Arbeitsethik geben zugunsten höherer Ansprüche an Inhalte und Bedingungen des eigenen Lebens und zusätzlicher zeitlicher Freiräume (nichtmaterielle Bedürfnisse, individ. Wertorientierungen).
Ein glückliches Leben kann meist nur jenseits einer sinnentleerten und stressig empfundenen Berufstätigkeit stattfinden. Dennoch erleben sie die Arbeit als das Gegenteil, sie bewältigen sie motiviert, leistungsbereit und engagiert.
Zeitpioniere wenden sich vor allem dagegen, dass sie die berufliche Tätigkeit vollkommen strukturiert: *Wenn ich normal acht Stunden arbeite, ist der Tag kaputt.*
Zeitsouveränität steht in diesem Kontext für eine andere Art zu leben, die sich den Ansprüchen der Industriegesellschaft nicht bedingungslos unterwirft, sondern versucht eigensinnige Akzente zu setzen. Indem sie den Acht-Stunden-Tag ablehnen und sich den festgelegten Zeitschemata widersetzen, durchlöchern die Zeitpioniere die seit der Frühindustrialsierung fast unumstritene protestantische Leistungsethik.
Es geht um eine Ã-ffnung hin zu alternativen Wertorientierungen, die Zeitwohlstand und Konsumkritik gegen den Selbstzweck Arbeit setzen.
ZEITSOVERÄNITÄT WIRD DIE ZENTRALE FRAGESTELLUNG DER ZUKUNFT SEIN!
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