Regierungschef Koizumi legt sein Programm für weitreichende Wirtschaftsreformen vor
<font size=5>Banken sollen Tokios Reformkurs stützen</font>
Bankensanierung, Konsolidierung des Etats und Deregulierung der Wirtschaft: Mit diesen Reformen zieht Ministerpräsident Koizumi einen Schlussstrich unter die Wirtschaftspolitik des vergangenen Jahrzehnts.
ANDREAS GANDOW
TOKIO. Zwei Monate nach der Machtübernahme hat der japanische Regierungschef Junichiro Koizumi seine Pläne für die Wirtschaftsreformen vorgelegt. <font color="#FF0000">Im Mittelpunkt des Programms steht die Bereinigung der Bankbilanzen von Problemkrediten innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre</font>.
Fertig gestellt wurden die"Richtlinien für die künftige Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie die Strukturreformen in Wirtschaft und Gesellschaft" vom Beratungsausschuss der Regierung für Wirtschafts- und Finanzpolitik unter dem Vorsitz von Koizumi selbst. Am 26. Juni sollen diese Richtlinien im Kabinett verabschiedet werden. Die Details werden allerdings erst nach den Oberhauswahlen Ende Juli konkretisiert.
Das Programm wird als"erster Schritt zur Revitalisierung der Wirtschaft" bezeichnet, da es den Banken ermöglicht, <font color="#FF0000">wieder neue Risiken bei der Finanzierung von Wagnisunternehmen zu übernehmen und so zur Wirtschaftsbelebung beizutragen</font>. Hierzu wird die Regierung die Kompetenzen des staatlichen Institutes zur Eintreibung von Problemkrediten RCC (Resolution & Collection Corp.), einer hundertprozentigen Tochtergesellgesellschaft des bislang noch staatlich getragenen Einlegersicherungsfonds (Deposit Insurance Corp.), erheblich erweitern.
Der RCC sollen von den Banken mehr als bisher Not leidende Kredite übertragen werden können, insbesondere dort, wo es bislang unlösbare Interessenkollisionen zwischen mehreren Gläubigern gab. Diese Forderungen und als Sicherheiten gestellte Immobilien sollen verbrieft und bei internationalen Investoren plaziert werden können. Weitere Rekapitalisierungshilfen für die Banken sind gegenwärtig nicht vorgesehen.
Daneben soll die RCC zusammen mit den Gläubigerbanken solche Schuldner, bei denen noch eine Zukunftsperspektive gesehen wird, <font color="#FF0000">bei der Konsolidierung unterstützen</font>, um den unvermeidlichen Anstieg der Konkurse und damit auch der Zahl der Arbeitslosen zu begrenzen.
Der Staatsminister für Wirtschafts-und Finanzpolitik Heizo Takenaka, Hauptarchitekt des Reformprogramms, <font color="#FF0000">rechnet wegen der Bereinigung der Bankbilanzen von Problemkrediten und den dadurch verursachten Konkursen mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahl um bis zu 200 000 Personen. Private Wirtschaftsforschungsinstitute gehen sogar von dem Verlust von bis zu 1,3 Millionen Arbeitsplätzen aus. Besondere Probleme bilden Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche sowie des Handels, die hoch verschuldet und personell überbesetzt sind</font>.
In einer Anlage zu den Reformrichtlinien machte Takenaka auch deutlich, dass im laufenden Haushaltsjahr 2001/02 (April bis März) auf Grund der <font color="#FF0000">deflationären Effekte </font>der Reformmaßnahmen und dabei besonders wegen der Bereinigung der Bankbilanzen nur mit einem marginalen Wirtschaftswachstum unter der Einprozent-Marke gerechnet werden könne. <font color="#FF0000">Faktisch wird hiermit das Ziel der Wachstumsprojektion der Regierung von real 1,7 % aufgegeben</font>.
Finanzminister Masajuro Shiokawa betonte am Donnerstag gegenüber Wirtschaftsvertretern, <font color="#FF0000">man werde sich bemühen, einen wirtschaftlichen Einbruch zu vermeiden</font>."Gegenwärtig" sei aber nicht an die Ausarbeitung eines Nachtragshaushalts zur Wachstumsstützung gedacht."Wir beabsichtigen nicht, leichtfertig schmerzlindernde Mittel zu verabreichen", so Shiokawa, der neben Takenaka einer der engsten politischen Vertrauten von Ministerpräsident Koizumi ist. Stattdessen wird jetzt in dem Reformpapier"die Erwartung" geäußert, dass die Bank von Japan die Umsetzung der teilweise schmerzhaften Reformen mit einer"flexiblen", <font color="#FF0000">noch weiter gehenden"quantitativen Lockerung der Geldpolitik" flankiert</font>.
Die jetzt verabschiedeten Richtlinien sehen jedoch, im Gegensatz zu dieser"Erwartung", den Beginn der Haushaltskonsolidierung vor. Dazu gehören die Begrenzung der Neuverschuldung im Etat 2002/03 auf 30 Bill. Yen (rund 285 Mrd. Euro), die Drosselung der im internationalen Vergleich übermäßig aufgeblähten und konjunkturpolitisch kaum noch stimulierenden und strukturpolitisch kontraproduktiven Infrastrukturinvestitionen sowie die Steigerung des Steueraufkommens durch eine Reduzierung des steuerfreien Existenzminimums.
KONJUNKTURPROGRAMME
brc - <font color="#FF0000">Viel Geld für wenig Wachstum: das ist das Ergebnis japanischer Wirtschaftspolitik. Zwischen 1992 und 2001 legten die Japaner nicht weniger als neun Konjunkturprogramme auf. Das Gesamtvolumen betrug 1,2 Bill. Yen. Die kreditfinanzierten Konjunktur- spritzen konnten die Wirtschaft zwar nicht stimulieren, trieben Japans Staatsverschuldung aber auf 130 % des Bruttoinlandsprodukts hoch. </font>
Eigener Kommentar: Oje, Japan!!!
Japans Premier Koizumi will das von seinem Vorgänger Mori im April aufgelegte zehnte Konjunkturpaket umsetzen. Mittelfristig jedoch plant er, die Stimulierungspolitik aufzugeben und die Neuverschuldung auf ein Niveau zu verringern, das allein die Bedienung ausstehender Schulden und nicht mehr der laufenden Staatsausgaben abdeckt.
HANDELSBLATT, Freitag, 22. Juni 2001
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