- Gesell und Gresham - man glaubt es wieder mal nicht! - dottore, 20.02.2002, 10:51
- Angeblich nehmen die Kaufleute die Gogos mit Kußhand - Theo Stuss, 20.02.2002, 11:29
- Zusatz - Theo Stuss, 20.02.2002, 11:32
- Re: Ganz richtig, Theo, siehe auch mein"Geldvermieten"-Posting (owT) - dottore, 20.02.2002, 14:01
- Zusatz - Theo Stuss, 20.02.2002, 11:32
- Re: Gresham und Bimetallismus - Jochen, 20.02.2002, 19:29
- Angeblich nehmen die Kaufleute die Gogos mit Kußhand - Theo Stuss, 20.02.2002, 11:29
Gesell und Gresham - man glaubt es wieder mal nicht!
Hi,
zum Thema Gesell'sches Freigeld und Gresham'sches Gesetz lesen wir doch tatsächlich dieses von XS:
"Es kommt noch was anderes dazu: Wenn jemand in der Tasche einen Freigeldschein und meinetwegen eine Goldmünze
hat. Was wird er versuchen als erstes loszuwerden?
Natürlich den Freigeldschein, da er bei dem imer wieder Gebühren zahlen muß wenn er ihn behält. Also wird das Gold
von slebst verschwinden (weil es niemand mehr ausgibt) und die Käufe werden mit Freigeld getätigt.
Das ist eben das Greshamsche Gestz, das besagt, daß die weniger attraktive Währung (Freigeld) immer die attraktive
(hier Gold, da hortbar) Währung verdrängt."
Zunächst wird in der Tat jeder, der mit nichts bezahlen kann, lieber mit diesem Nichts bezahlen als mit Gold. Freigeld ist bekanntlich ein Nichts, da es weder einen Sachwert, noch eine Forderung darstellt.
Die Frage stellt sich beim Verkäufer natürlich ganz anders: Werde ich lieber Nichts für meine Waren akzeptieren oder Gold?
Das Nichts kann er nicht aktiv verbuchen, was er bei Gold oder Goldmünzen jederzeit könnte. Also verliert der Verkäufer immer etwas von seiner Aktivseite, nämlich die gegen Nichts abgegebenen Waren und muss statt der Waren auf seiner Aktivseite einen entsprechend hohen Verlust einstellen. Verluste werden dummerweise immer aktiv verbucht, da sie so etwas sind wie ein Bestand oder eine Forderung, die sich verflüchtigt hat.
Der Wörgler Schein war übrigens kein Nichts, denn mit dem konnte ich wenigstens meine Steuerschulden bezahlen, weshalb er auch am Anfang so flott umlief.
Das Gresham'sche Gesetz ist etwas völlig anderes (zum ersten Mal vorgestellt von MacLeod in"Elements of Political Economy" 1858).
Es besagt, dass von zwei Münzen, die aus einem Metall bestehen, das einen Marktwert hat (als Metall!) und die mit dem gleichen Nominal geprägt sind, jene Münzen, deren Metallwert (!) niedriger wird als der Metallwert (!) der anderen Münze die Münze mit dem niedriger werdenden Metallwert jene mit dem höheren bzw. gleichbleibenden verdrängt.
Also Ausgangspunkt: Gold zu 100 mit Metallwert 100. Silber zu 100 mit Metallwert 100. Der Silberpreis sinkt auf 50. Ich kann also mit 100 Gold zum aufgeprägten Wert 100 und einem Marktwert von 100 die doppelte Menge Silber kaufen und zu Silber mit aufgeprägtem Nominalwert 100 vermünzen lassen. Logischerweise werden Silbermünzen Goldmünzen verdrängen. Mit dem Silber 100 wird immer wieder Gold zu 100 gekauft und der Prozess geht ad libitum weiter. Eine herrliche Profitquelle damals beim Traden von Gold und Silber zwischen London und Amsterdam (siehe auch den Vortrag von R.Deutsch über den Silberhandel mit Asien, der nach gleichem Muster ablief).
Übertragen auf Freigeld und Gold bedeutet dies: Gold kostet 100, Freigeld kostet nichts (bereits bedrucktes Papier ist als Material wertlos). Wie sich der Goldpreis verändert ist ganz egal, kann steigen oder fallen, da der Nullwert von Freigeld als Material (!) niemals unter Null fallen kann.
Es kommt also immer auf die Preisentwicklung der jeweiligen Materialien an, nicht auf ihren Preis. Etwas, das von vorneherein und danach immer Nullwert hat (ist ja der Sinn des Freigeldes als"Tauschmittel") und auch keine Forderung darstellt ("zinsloses Freigeld"), kann sich in seinem Preis nicht mehr verschlechtern.
Und wenn wir das oben Aufgetischte auf Papiergeld (heute) anwenden, müssten in Deutschland längst argentinische Pesos umlaufen, da sie als schlechteres Geld ("weniger attraktive Währung") das (immer noch) bessere Geld, nämlich Euro, längst verdrängt hätten.
Was wieder zeigt: Hier wird mit ganz normalen wirtschaftlichen Phänomenen ("Gresham'sches Gesetz") mal eben groß um sich geworfen ohne auch nur den Hauch einer Ahnung von den tatsächlichen Sachverhalten zu haben, von historischen Kenntnissen ganz zu schweigen.
Sir Thomas Gresham übrigens 1519-1579. Ich hatte die entsprechenden Diskurse, Gutachten, auch die seines Compagnons Sir Richard Martin, der das GG tatsächlich als erster entdeckt und formuliert hatte usw. für die Königinnen Mary und Elizabeth selbst in der Kress Library (Harvard) eingesehen. Und hier bereits alles en detail gepostet.
Gruß
d.
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