- Nur dumme Herrcher setzen auf Macht - @ dottore - R.Deutsch, 01.07.2002, 09:19
- Re: Zinserklärung - endlich sitzt es! - dottore, 01.07.2002, 19:28
- Re: Zinserklärung - endlich sitzt es! Und wann erscheint die 'revised edition' - Popeye, 01.07.2002, 20:57
- Re: Pax = Friedensschluss per Abgabenleistung - dottore, 02.07.2002, 10:10
- Re: Pax = Friedensschluss per Abgabenleistung - Popeye, 02.07.2002, 12:00
- Re: Pax = Friedensschluss per Abgabenleistung - dottore, 02.07.2002, 10:10
- Re: Zins durch Zwang und Macht? - netrader, 01.07.2002, 20:58
- Re: Zinserklärung - endlich sitzt es! Und wann erscheint die 'revised edition' - Popeye, 01.07.2002, 20:57
- Re: Zinserklärung - endlich sitzt es! - dottore, 01.07.2002, 19:28
Re: Zins durch Zwang und Macht?
Lieber dottore,
vielen Dank fĂĽr Ihre ausfĂĽhrliche Kritik"hĂĽben".
Ich gestatte mir, die Diskussion hier fortzusetzen und gliedere die folgenden AusfĂĽhrungen in
1. Korrekturen/Richtigstellungen
2. Zwang und Macht als Zinsverursacher
a) Verzugszinsen
b) Fälligkeitszinsen
zu 1. Korrekturen:
Der von immer wieder zitierte alte § 247 Abs. 1 BGB in seiner Fassung bis 31.12.1986 lautete:
Ist ein höherer Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr vereinbart, so kann der Schuldner nach dem Ablaufe von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Das Kündigungsrecht kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Wer schon einmal Vorfälligkeitsentschädigungen bezahlt hat, wird mit Wehmut daran denken.
2. Zwang und Macht als Zinsverursacher
Zunächst möchte ich von dem Gedanken Abstand nehmen, in dem für den gesamten westlichen Kapitalismus ursächlich gewordenen altrömischen Wirtschaftssystem oder sonstwo einen Zinsverursacher zu suchen, dessen einmal initiierter Zins sich irgendwie immer weiter fortgepflanzt hat.
Zins entsteht letztlich ĂĽberall, wo gewirtschaftet wird, immer wieder neu. Die Frage ist, aus welchen GrĂĽnden.
a) zwangsinduzierter Zins
Hier ist der klassische Fall der Verzugszins, es mĂĽssen also vorliegen:
- terminfällige Leistungsverpflichtung und
- (vermuteter) Schaden des Gläubigers bei verspäteter Leistung.
In diesem Falle entspricht es klassischer und selbstverständlich auch heutiger Rechtsauffassung, dem Gläubiger einen Schadensersatzanspruch zu geben. Bei Geldschulden ist dies aus Vereinfachungsgründen ein i.R. moderater Zins als Mindestschaden.
Die"Macht" oder"Herrschaft" mag hier durchaus einen erheblichen Stellenwert haben, wenn es um die Frage geht, warum die vom Gläubiger beanspruchte Leistung termingebunden ist (möglicherweise ja zur Begleichung staatlicher Abgaben, zur Einhaltung einer staatlichen Auflage etc.). In diesen Zusammenhang passen die frühen Wirtschaftssysteme der Grundherrschaften, die sogar in dem von mir herangezogenen Brockhaus-Exemplar bei"Zins" an erster Stelle stehen.
Andere Zwänge treten jedoch hinzu (Ernährung der Person im Alter, der eigenen Familie mit Hilfe der Leistung, Unterhaltsforderungen Geschiedener u.v.m.).
Beim zwangsinduzierten Zins wird eine Forderung also ab einem bestimmten Zeitpunkt verzinslich, um Schäden des Gläubigers auszugleichen.
In diesen Zusammenhang passt wohl Dottores"Fehlbetrag des Aufsehers" (modern"nicht abgeführte Lohnsteuer durch den haftenden Arbeitgeber"), der zu Zinsdruck führt; im geltenden Steuerrecht werden bekanntlich steuerliche Strafzinsen (zB Säumniszuschläge, Hinterziehungszinsen) erhoben.
Hier wird auch klar, daĂź der Staat (die Macht) letztlich immer hohe Zinslasten auferlegt, wenn ihre Abgabenforderungen nicht pĂĽnktlich erfĂĽllt werden.
b) Fälligkeitszinsen
Hier liegt die für mich spannende Frage, die Gegenstand meiner bisherigen Postings zum Thema war. Wie kommen Wirtschaftssubjekte auf die Idee, bei hinausgeschobener Fälligkeit einen Zins zu vereinbaren?
MĂĽssen Sie es? GewiĂź nicht.
Tun Sie es? Gewiß nicht immer, auch wenn man die Fälle berücksichtigt, in denen zur Vermeidung einer Zinsbesteuerung einfach die später fällige Gegenleistung etwas erhöht wird.
In welchen Fällen werden Zinsen bis zur Fälligkeit in der Praxis vereinbart?
- z.B. dann, wenn der später Leistende schon die Nutzungen aus der von ihm empfangenen Leistung zieht (z.B. schon im gekauften Haus wohnt),
- z.B. dann, wenn der Wert"Leistung später" geringer ist als der Wert des Leistung jetzt (z.B. durch Inflationsverlust),
- z.B. dann, wenn der später Leistende aus dem zwischenzeitlichen Behalt des Leistungsgegenstandes Früchte zieht, an denen der Empfänger gerne teilhaben möchte (s. bisherige Postings).
Hier ist mir in der Tat noch nicht klar, wie herrschaftsbedingte Zwänge zur Vereinbarung/Festsetzung solcher Zinsen führen können oder müssen. Gäbe es derartige Zwänge, würden im täglichen Wirtschaftsleben stets Fälligkeitszinsen vereinbart. Dies ist jedoch meiner Kenntnis nach jedenfalls bei kurzfristigen Verbindlichkeiten bis ca. 1 Jahr keineswegs immer, ja sogar eher selten der Fall.
In der Sache habe ich gerade hier (Vereinbarung von Fälligkeitszinsen bei Kontraktschulden) mit dem Machtgedanken Probleme.
Gruesse
netrader.
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