- Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - dottore, 17.09.2000, 16:21
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - Albrecht, 17.09.2000, 17:58
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - JüKü, 17.09.2000, 19:02
- Dottore, das Wunder! - Oldy, 17.09.2000, 19:52
- ja, s e h r schlüssig argumentiert von dottore, aber... - Erwin, 17.09.2000, 20:21
- Re: ja, s e h r schlüssig argumentiert von dottore, aber... - Diogenes, 17.09.2000, 20:59
- Herzlichen Dank erst mal an jacques und Diogenes (oT) - Erwin, 17.09.2000, 21:11
- Re: ja, s e h r schlüssig argumentiert von dottore, aber... - jacques, 17.09.2000, 21:00
- Wofür der Goldstandard der SNB mal gedacht war: - jacques, 17.09.2000, 21:03
- Und warum diese nicht mehr nötig sei: (owT) - jacques, 17.09.2000, 21:38
- Und warum diese nicht mehr nötig sei: (owT) - jacques, 17.09.2000, 21:38
- Noch ein Versuch - jacques, 17.09.2000, 21:40
- Re: Noch ein Versuch - JüKü, 17.09.2000, 21:46
- Re: Noch ein Versuch-Danke - jacques, 17.09.2000, 21:55
- Re: Noch ein Versuch / auch mein zweiter - JüKü, 17.09.2000, 21:47
- Re: Noch ein Versuch - JüKü, 17.09.2000, 21:46
- Wofür der Goldstandard der SNB mal gedacht war: - jacques, 17.09.2000, 21:03
- Re: ja, s e h r schlüssig argumentiert von dottore, aber... - Diogenes, 17.09.2000, 20:59
- Re: Dottore, das Wunder! - Toni, 17.09.2000, 20:25
- Re: Dottore, das Wunder! - Oldy, 17.09.2000, 21:22
- Re: Rosenbäumchen - Toni, 17.09.2000, 21:49
- Re: Dottore, das Wunder! - Oldy, 17.09.2000, 21:22
- ja, s e h r schlüssig argumentiert von dottore, aber... - Erwin, 17.09.2000, 20:21
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - Toni, 17.09.2000, 20:17
- Dottore, das Wunder! - Oldy, 17.09.2000, 19:52
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - JüKü, 17.09.2000, 19:02
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - R.Deutsch, 17.09.2000, 21:00
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw.-kleine Antwort - R.Deutsch, 18.09.2000, 15:24
- Re: Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw. - Albrecht, 17.09.2000, 17:58
Gold, Preis, Wert, Schulden, Währung, Geld, usw.
Schön dass es im Board zum Gold so gegensätzliche Meinungen gibt. Vor allem Luschi hat da zu schweren Schlägen ausgeholt.
Ich darf mir erlauben, zu versuchen, das Ganze etwas zu entkrampfen.
1. Gold hat selbstverständlich einen Wert. Dieser ergibt sich aus der Tatsache, dass seine Verfallskurve eine Parallele zur Zeitachse ist. Der Wert des Goldes ist also die jeweilige Differenz seiner Verfallskurve zu den Verfallskurven anderer Sachen. Ich sage ausdrücklich Sachen und nicht Güter, weil wir bei der Wertbetrachtung sozusagen in der Vorgüter-Welt stecken. Gold wurde zunächst nicht produziert, sondern war - über Funde - einfach mal so"vorhanden".
2. In dieser Vorgüter- alias Vorproduktionswelt wird Gold aufgesammelt und mit Hilfe anderer Sachen abgewogen. Das erste"Goldgewicht" ist eine Anzahl Getreidekörner, sog."shekel", später"siglos". Das mit dem Gewicht ist der Natur zu verdanken, die Getreidekörner (auch aus wild gewachsenen Halmen) mit ziemlich gleichem Gewicht ausgestattet hat. Das Wiegen ist also in Wirklichkeit ein Zählen homogener Einheiten. Ähnliches gilt für Hohlmaße, also Gefäße, in die eine gleiche Anzahl Körner passt usw. Auch die Parität: eine Menge Gold = so und so viele Shekel (Getreidekörner) ist noch kein Preis.
3. Jetzt habe ich also ein Maß für Gold. Nun geht es um den relativen Wert einer Maßeinheit Gold gegenüber anderen Waren. Die macht aber nur Sinn, wenn ich etwas aufbewahren will oder muss. Lebe ich von der Hand in den Mund, brauche ich kein Gold (außer ich will es als Schmuck oder Souvenir) und kann es daher genauso gut wieder wegwerfen. Denn ich kann es weder jetzt noch später essen oder mich damit kleiden.
4. Betreibe ich Lagerhaltung, sehe ich meine Vorräte langsam verschwinden oder verrotten. Habe ich ein übervolles Lager, kann ich davon abgeben. Aber wogegen sollte ich es abgeben? Ideal ist da eine Sache, die nicht verschwindet oder verrottet, denn dann kann ich eine der abgegebenen Menge entsprechende Menge auch später in gleicher Qualität wieder zurück erhalten. Lassen wir das dabei entstehende Zinsproblem einmal beiseite, gebe ich also eine Einheit verderblicher Sache gegen eine Einheit unverderblichen Goldes ab und und erhalte gegen Hergabe von Gold die gleiche Menge der verliehenen Sache nach der vereinbarten Zeit zurück, frisch und unverdorben.
5. So wird Gold also zum"Wertmesser" für andere Sachen, wobei die Tatsache, wie viel man mehr von der anderen Sache zurück erhält (ursprünglich Abgegebenes plus Zins) davon abhängt, wie sich die verfügbare Menge der anderen Sache in der Zwischenzeit entwickelt. Da eine Nachfrage nach der anderen Sache normalerweise in Zeiten von Mißernten oder persönlichem Mißgeschick auftritt (woher sonst die Nachfrage!) größer ist als in Zeiten guter Ernten, entspricht der Zins also der Differenz zwischen der für eine Einheit Gold in der Zeit der Mißernte und in der Zeit der guten Ernte dafür erhältlichen anderen Sache.
6. Jetzt erscheint also der Preis, den es nur geben kann, wenn es unterschiedliche (!) Mengen einer Sache für die jeweils gleiche Einheit Gold gibt. Gäbe es für die gleiche Menge Gold immer die gleiche Menge anderer Sachen, gäbe es niemals Preise. Denn Preise setzen immer Veränderungen der dann etwas"kostenden" Sachen voraus, wobei wir jetzt statt den Sachen auch ruhig Waren, also produzierte Güter nehmen können. Da wir Gold wegen seiner stets gleichen Konsistenz als Basis nehmen müssen, tragen jetzt alle Sachen und Waren (und die obendrein in den unterschiedlichsten Aggregatzuständen bzw. Qualitäten) einen Goldpreis.
7. Da Gold keinen Verfall kennt, kann ich es ohne Probleme beleihen. Das heißt im obigen Beispiel, wo jemand Getreide gegen Gold abgibt, kann er jetzt das Gold behalten und seinerseits Forderungen auf dieses Gold verleihen. Derjenige, der die Forderung ausleiht, um seinerseits mit dieser Forderung etwas zu kaufen, kann demjenigen, der ihm etwas verkauft, immer versichern, dass er im Falle des Rückgriffs auf das Gold immer das selbe und immer im gleichen Zustand bekommen wird. Das Risiko, dass die Forderung"faul" wird, weil das Gold verfault ist, beträgt Null. Das einzige Risiko, das bleibt, ist ein kriminelles: der Aufbewahrer des Goldes verschwindet damit. Deshalb wurde in der Geschichte dieser Vorgang"sakralisiert" und Gold in Tempeln usw. gelagert (vgl. dazu Laum über die sakrale Entstehung des Geldes).
8. Als"Geld" (= es gilt) kursieren jetzt Forderungen auf Gold. Das sind zunächst reine Depositenscheine (also"Golddeckung" = 100 %). Und wir haben die erste Stufe des Goldstandards. Dazu kommen natürlich sehr schnell weitere Kredite, die nicht mit Gold unterlegt sind, die aber da Gold die Währung ist (was währt) auf entsprechende Einheiten Gold lauten müssen (obwohl es natürlich parallel dazu auch immer noch und wieder Forderungen auf Warenmengen lautend gibt). Der Goldschuldner falliert, wenn es ihm nicht gelingt, zur Fälligkeit die entsprechende Summe"in specie" (= Edelmetall) aufzutreiben, noch und noch in der Wirtschaftsgeschichte belegt.
9. Aus Erfahrung wissen die Wirtschaftstreibenden, dass nun nicht immer der volle Betrag von jedem einzelnen in specie abgefordert wird, zumal viele gleichzeitig Gläubiger und Schuldner sind. Es kommt zu sogenannten Skontrationen (auf den Messen in der Champagne im 13. und 14. Jh. bestens zu studieren). Später erledigen dieses Rundum-Saldieren auch Girobanken (Venedig, Nürnberg, Hamburg, Amsterdam).
10. Da der Kredit immer weiter voran eilt, er ist ja ausschließlich von Vertrauen ("Credit") der Beteiligten abhängig, beginnt das Kreditvolumen sich immer mehr von vorhandenen und auch stetig (manchmal - bei neuen Funden - auch sprunghaft) vermehrten Edelmetallfunden zu lösen. Die Preise werden aber nach wie vor im herkömmlichen Edelmetall angegeben, Forderungen und Schulden auch. Vielfach wird aus der tatsächlichen Währung (in specie) eine Rechenwährung, so z.B. die Hamburger Banco-Mark, die es ausgeprägt nie gegeben hat, die sich aber auf eine bestimmte Edelmetall-Menge bezog. Die Rechenwährung war erheblich praktischer und war daher im Geschäftsleben sogar mehr wert als die gleichwertigen Edelmetallmünzen.
11. Als Banken anfingen, mit einem bestimmten Edelmetall-Fundus als"Sicherheit" (="Deckung") Kredit zu vergeben, war sogar zu beobachten, dass Papiergeld gegenüber Gold- bzw. Silbergeld ein hohes Agio (Aufgeld) hatte, Klartext. Die leute wollten lieber in Papier als in Gold bezahlt werden. Schön zu beobachten bei der ersten Phase der Banque von John Law nach 1716.
12. Da der Kredit zu immer mehr Kredit verleitet, gingen solche Geschichten meistens schief. Und schließlich wurden Banken unter staatlicher Aufsicht gegründet, die eine Zwangseinlöseverpflichtung gegen Specie auf ihre Noten drucken mussten ("I promise to pay the bearer of this note..."). Damit sind wir beim Goldstandard der zweiten Stufe. Die Notenbanken, zunächst sehr viele in Konkurrenz zu einander, später staatsmonopolistische, durften mehr ausleihen als sie an Gold im Keller hatten (= partielle Golddeckung). Wurde Gold abgefordert, setzten sie den Zins herauf und vice versa - der Goldstandard des 19. Jahrhunderts, klassisch.
13. Gold spielte damals nur noch die Rolle eines Regulativs. Denn mehr als durch die Deckung erlaubt konnte nicht ausgeliehen werden ("goldene Bremse") und es griff der doppelte Goldmechanismus: 1. Kam zu wenig Gold aus den Bergwerken, setzte ein leicht deflatorischer Prozess ein, der auf dem Weg über gesunkene Herstellkosten für Gold (Equipment, Löhne) wieder die Produktion ankurbelte, bei Inflation umgekehrt. Resultat: Fast vollständig stabiles Preisniveau. 2. Floss Gold über den Außenhandel herein (das dann in der Notenbank verschwand), kam es zur Geldausweitung via Zinssenkung und einem leicht inflatorischen Prozess, der die Handelsbilanz wieder umkehrte, bei Goldabflüssen gabs Zinserhöhungen und leicht deflatorischen Prozess. Resultat: Tendenziell sich ausgleichende Handelsbilanzen.
14. Bedingt durch die massiv ausgeweitete Staatsverschuldung im 1. WK verschwand die Goldeinlösepflicht und alle Wiederbelebungsversuche des klassischen Goldstandards des 19. Jhs. scheiterten. Die USA betrieben 1920 ff. eine Goldhortungspolitik, d.h. sie weigerten sich, ihr Preisniveau so in die Höhe zu schrauben wie es die alten Spielregeln verlangt hätten. Der Zwang wieder letztlich in specie zahlen zu müssen ruinierte England unter Schatzkanzler Churchill schon 1926, dann das Deutsche Reich (Reparationen in Gold bei gleichzeitig passiver Handelsbilanz), usw. Der Ausweg, durch permanente Goldaufwertungen bzw. Landeswährungsabwertungen (1934 Roosevelt) als erster die in Landeswährung kontrahierten Schulden"erträglicher" zu machen, gingen im 2. WK endgültig unter.
15. Schließlich galt eine Goldeinlösepflicht bis Ende der 60er Jahre nur noch für US Treasury, aber auch das trieben die Amerikaner dem Rest der Welt aus und dann wurde die letzte Parität von Gold zu einer Landeswährung (USA: 35 $ /oz.) verlassen - Resultat die große Goldhausse der 70er Jahre.
Diesen langen Weg hätten die Menschen sich natürlich sparen können, indem sie gar keinen Währungsstandard gewählt hätten. Nur womit dann rechnen? Damit sind wir wieder beim Anfang. Zum Schluss wollen alle etwas, das"währt" (Währung) und etwas das"gilt" (Geld). Die heutigen Versuche, Währung und Geld zu simulieren, wobei Zahlungsversprechen nur mit neuen Zahlungsversprechen"bezahlt" werden, Geld also nur gezeigt wird, könnte nur funktionieren, wenn es im System keine massiven Uneinbringlichkeiten gibt. Dies aber wäre nur möglich, wenn wir eine völlig private Wirtschaft ohne jegliche Staatsintervention hätten und vor allem niemals den Staat als Schuldner auf den Kapitalmarkt zugelassen hätten.
Dies ist bekanntlich nicht der Fall. Über der Weltwirtschaft schweben um die 30 Billionen Mark Staatsschulden, also glasklare Uneinbringlichkeiten, wobei diese ihrerseits dazu dienen, in den Notenbanken hinterlegt zu werden, die dagegen"Geld" emittiert.
Dass das ganze nach den Regeln der Finanzmathematik scheitern muss, ist unbestreitbar. Wann es so weit ist, lässt sich nur per zeitlichem Maximalrahmen angeben: Sobald die Zinsen aus der Staatsschulden so hoch sind (= 100 %) wie das gesamte Welt-BIP. Heute sind wir einschließlich der unfundierten Renten- und Pensionsverpflichtungen aller öffentlichen Hände bei ca. 22 bis 25 Prozent - je nachdem wie die Dritte Welt gebucht wird.
Nehmen wir die jeweils hochgebuchten Zinsen der Staaten, die auch Bestandteil des BIP sind, heraus, dürften wir etwa ein Drittel des Weges hinter uns haben. Das Tempo beschleunigt sich freilich und wird spätestens in der nächsten Rezession, wann immer sie erscheint, japanische Ausmaße annehmen.
Und ab 40 % wird es meiner Meinung nach schon extrem kritisch. Das altbekannte Bonitätsproblem der öffentlichen Schulden. Kommt es zur Krise der öffentlichen Finanzen (und die Politiker ahnen die Nummer, sonst wären sie nicht so versessen darauf, auf einmal zu"sparen", wobei"sparen" im Klartext heißt: das Verschuldungstempo etwas zu verlangsamen), wird die gute alte Frage nach"Geld" und"Währung" wieder gestellt.
Und wer da glaubt, mit neuen Zetteln daher kommen zu können, der irrt sich schwer. Dann wird die ultima ratio rerum verlangt.
Und die heißt nun Mal nach Lage der Dinge GOLD.
So leid es mir tut.
d.
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