- Die neue"Weltgewaltordnung" - zur Hondrich-Diskussion - dottore, 04.04.2003, 13:24
- Re: @dottore, bitte - monopoly, 04.04.2003, 13:30
- Re: Die neue"Weltgewaltordnung" - zur Hondrich-Diskussion - Baldur der Ketzer, 04.04.2003, 13:38
- Re: Genau so ist es stets gewesen: Gwalt bleibt Gewalt und schafft sich Recht! (owT) - André, 04.04.2003, 15:40
- So sieht's wohl aus. Mögen die Konsequenzen gezogen werden! (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 13:40
- Werden sie doch längst... in jeder Sekunde seit Millionen Jahren. (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:07
- Zu viele Sekunden mutieren zu Stunden. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:14
- Vielleicht ist unsere Lebensdauer einfach etwas knapp bemessen? (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:20
- Darum zu nutzen sie sei man bereit, die Zeit, die noch verbleibt. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:29
- Vielleicht ist unsere Lebensdauer einfach etwas knapp bemessen? (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:20
- Zu viele Sekunden mutieren zu Stunden. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:14
- Werden sie doch längst... in jeder Sekunde seit Millionen Jahren. (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:07
- Ein Erbe Fukuyamas - silvereagle, 04.04.2003, 14:53
- sorry, Herr Hondrich, für das unterschlagene 'H'! Ein Versehen meinerseits owT - silvereagle, 04.04.2003, 14:58
- Re: Scholl-Latour zu Militärputschen, Despotieregimen und Bürgeraufständen - Baldur der Ketzer, 04.04.2003, 16:38
- Re: Die neue"Weltgewaltordnung" haben andere vorgestellt - Inventor, 04.04.2003, 16:11
Die neue"Weltgewaltordnung" - zur Hondrich-Diskussion
-->Hi,
Prof. Dr. Karl Otto Hondrich, Gesellschaftwissenschaftler an der Uni Frankfurt und Suhrkamp-Autor ("Der neue Mensch") hat jüngst in der NZZ die"Weltgewaltordnung" (WGO) vorgestellt, die in der klassischen Tradition von Machiavelli bis Carl Schmitt steht.
Dabei setzt er (zur Enttäuschung seiner früheren Anhänger) jetzt auf Gewalt statt auf Moral. Für letztere hat er nichts als Hohn und Spott übrig. Es gehe nicht um"Recht, Rechtfertigungen, Resolutionen" und derlei schöne Dinge, sondern einzig und allein um die Anwendung von Macht.
Diese sei nicht etwa nur eine Sache der Tyrannei, sondern sei ganz genau so in Demokratien vorhanden, die er ausdrücklich als "Gewaltordnung" bezeichnet (ein Gedanke, dem ich bekanntlich ebenfalls zustimme: in"Demokratien" ist die Macht nur besonders perfide maskiert und getarnt; das Gefühl der"Ohnmacht" gegenüber dem Handeln der"politischen Klasse (Helmut Schmidt) nimmt ersichtlich zu, wie auch andauernde Empörungsausbrüche in diesem Forum zeigen).
Einwände gegen Hondrichs Ableitungen basieren hauptsächlich auf dem Argument der"Legitimität", die einer Gewaltanwendung fehle (vorgetragen u.a. von Prof. Dr. Gernot Böhme, Uni Darmstadt, dem wir das Buch"Ethik im Kontext", 2002, verdanken), vor allem der"zwischenstaatlichen" Gewaltanwendung.
Hondrich argumentiert vor allem, dass in der WGO"Gewalt" durch"noch grössere Gewalt" bezwungen werde und Konstrukte wie die UNO"mit lauter gleichberechtigten Staaten" illusionäres Denken sei. Dabei überträgt er das Modell des"Gewaltmonopols", das den"innerstaatlichen Frieden" sichere, auf übereinzelstaatliche Ensembles - schließlich ist auch die UNO im Kern ein nach demokratischen Prinzipien (Abstimmungen in der Vollversammlung und im"Sicherheitsrat") gebildetes Modell.
Die UNO, die selbst nicht im Stande ist, ein von ihr angestrebtes Gewaltmonopol auch in die Praxis umzusetzen, muss sich just dem Prinzip fügen, nach dem sie angetreten ist, letztlich also dem Recht des Stärkeren.
So wie der Staat stärker ist als der einzelne Bürger (jedenfalls bis zum offenen Ausbruch einer Revolution), ist auch der der jeweils Stärkste in einer"Weltordnung" stärker als der Rest der einzelnen Staaten.
Das Prinzip ist demnach klar und die Frage der fehlenden Legitimität, die in"Demokratien" sich in"Wahlen" manifestiert bzw. der"Gewaltenteilung" stellt sich dann nicht, wenn just das zur Legitimierung von zwischenstaatlichen Gewaltaktionen hergenommen wird, was die Legitimation von innerstaatlichen Gewaltaktionen selbst ist: nämlich das demokratische Prinzip als solches bzw. dann dessen Einführung weltweit.
Insofern könnten wir durchaus an der Schwelle zu einer"neuen Zeit" stehen: Die US-Führung wird - unter Hinweis auf ihre eigene Legitimation als"vom Volk gewählt" - solange jene Regime attackieren, die nicht über diese Legitimation verfügen. Andere"demokratische" Regime (siehe"old Europe") werden dem - außer den bekannten Moral-, Friedfertigkeits- und Humanismus-Argumenten - wenig entgegen zu setzen haben.
Damit nicht wieder Missverständnisse aufkommen, erkläre ich noch einmal, dass ich derartige Entwicklungen nicht etwa bejahe oder gar fordere, sondern dass mir ihre (potenzielle) Zwangsläufigkeit einleuchtet. Der Ablauf der Weltgeschichte, die wir kennen, bestätigt dies auch weitgehend. Weltgeschichte ist nicht Moral-, sondern Machtgeschichte.
Was bisher fehlte, war der Legitimationsaspekt zur Gewaltausübung über das"demokratische Prinzip" und dessen weltweite Verbreitung, dem argumentativ kaum beizukommen ist. Das"demokratische Prinzip", zumal in Form eines quasireligiösen ("God bless America") Durchsetzungswillens, ersetzt nur andere Gewaltprinzipien, etwa die der Herrschaft und Herrschaftsgewinnung sowie -mehrung durch Formeln wie z. B. die des direkten"Gottesgnadentums".
Dies zu allfällig freundlichen Kenntnisnahme - und Gruß!
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