- Die neue"Weltgewaltordnung" - zur Hondrich-Diskussion - dottore, 04.04.2003, 13:24
- Re: @dottore, bitte - monopoly, 04.04.2003, 13:30
- Re: Die neue"Weltgewaltordnung" - zur Hondrich-Diskussion - Baldur der Ketzer, 04.04.2003, 13:38
- Re: Genau so ist es stets gewesen: Gwalt bleibt Gewalt und schafft sich Recht! (owT) - André, 04.04.2003, 15:40
- So sieht's wohl aus. Mögen die Konsequenzen gezogen werden! (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 13:40
- Werden sie doch längst... in jeder Sekunde seit Millionen Jahren. (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:07
- Zu viele Sekunden mutieren zu Stunden. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:14
- Vielleicht ist unsere Lebensdauer einfach etwas knapp bemessen? (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:20
- Darum zu nutzen sie sei man bereit, die Zeit, die noch verbleibt. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:29
- Vielleicht ist unsere Lebensdauer einfach etwas knapp bemessen? (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:20
- Zu viele Sekunden mutieren zu Stunden. (owT) - Saint-Just, 04.04.2003, 15:14
- Werden sie doch längst... in jeder Sekunde seit Millionen Jahren. (owT) - Zardoz, 04.04.2003, 15:07
- Ein Erbe Fukuyamas - silvereagle, 04.04.2003, 14:53
- sorry, Herr Hondrich, für das unterschlagene 'H'! Ein Versehen meinerseits owT - silvereagle, 04.04.2003, 14:58
- Re: Scholl-Latour zu Militärputschen, Despotieregimen und Bürgeraufständen - Baldur der Ketzer, 04.04.2003, 16:38
- Re: Die neue"Weltgewaltordnung" haben andere vorgestellt - Inventor, 04.04.2003, 16:11
Ein Erbe Fukuyamas
-->Hallo dottore,
wieder ein bemerkenswerter Fund, den Du uns hier zur Verfügung stellst. Vorweg meinen Dank dafür.
> Dabei setzt er (zur Enttäuschung seiner früheren Anhänger) jetzt auf Gewalt statt auf Moral.
Ersteres hat sich schlichtweg als das effektivere Mittel (zu welchem Zweck auch immer) erwiesen, während das zweite immer das Nachsehen hatte bzw. das Mittel der"Schwachen" blieb. Muss man leider so feststellen.
> Für letztere hat er nichts als Hohn und Spott übrig. Es gehe nicht um"Recht, Rechtfertigungen, Resolutionen" und derlei schöne Dinge, sondern einzig und allein um die Anwendung von Macht.
Ja, aber wozu überhaupt Macht? Macht ist ein Werkzeug, gewisse Ziele zu erreichen. Natürlich kann es in der Hektik des Geschehens häufig passieren, dass das Mittel zum Zweck mutiert - scheinbar. Typisches Beispiel der Revolutionär, der im Laufe seines Strebens irgendwann nicht mehr an die Freiheit (sein eigentliches, ursprüngliches Ziel), sondern nur noch an Schiesspulver und Dynamit glaubt.
Dennoch sollte man nicht so einfach glauben, die zur Zielerreichung so perfekt ausgeklügelten Werkzeuge (Waffen, Geld, Staatsmacht etc.) würden mittlerweile die eigentlichen Ziele darstellen - wobei natürlich jedermann selbst entscheiden muss, was seine individuellen Ziele sind.
Herr Ondrich will offenbar über diesen Tellerrand auch nicht hinausschauen.
> Diese sei nicht etwa nur eine Sache der Tyrannei, sondern sei ganz genau so in Demokratien vorhanden, die er ausdrücklich als "Gewaltordnung" bezeichnet (ein Gedanke, dem ich bekanntlich ebenfalls zustimme: in"Demokratien" ist die Macht nur besonders perfide maskiert und getarnt; das Gefühl der"Ohnmacht" gegenüber dem Handeln der"politischen Klasse (Helmut Schmidt) nimmt ersichtlich zu, wie auch andauernde Empörungsausbrüche in diesem Forum zeigen).
Hierzu meine uneingeschränkte Zustimmung.
> Einwände gegen Hondrichs Ableitungen basieren hauptsächlich auf dem Argument der"Legitimität", die einer Gewaltanwendung fehle (vorgetragen u.a. von Prof. Dr. Gernot Böhme, Uni Darmstadt, dem wir das Buch"Ethik im Kontext", 2002, verdanken), vor allem der"zwischenstaatlichen" Gewaltanwendung.
"Legitimität" ist wohl ein noch schwächeres Werkzeug als"Moral".
> Hondrich argumentiert vor allem, dass in der WGO"Gewalt" durch"noch grössere Gewalt" bezwungen werde und Konstrukte wie die UNO"mit lauter gleichberechtigten Staaten" illusionäres Denken sei.
(Teilweiser) Widerspruch: Wer auch immer die entsprechenden Werkzeuge hat, seine Ziele durchzusetzen, kann selbstverständlich auch ein solches Ziel durchsetzen. Danach wird eine entsprechende UNO-Ordnung"verabschiedet", die dann eben gilt, weil sie gilt. So lange, bis jemand mit besseren Werkzeugen diese Ordnung wieder aufzuheben weiss.
> Dabei überträgt er das Modell des"Gewaltmonopols", das den"innerstaatlichen Frieden" sichere, auf übereinzelstaatliche Ensembles - schließlich ist auch die UNO im Kern ein nach demokratischen Prinzipien (Abstimmungen in der Vollversammlung und im"Sicherheitsrat") gebildetes Modell.
Das Verhältnis UNO-USA oder UNO-andere Staaten hat mE nicht das geringste damit zu tun, ob ein oder beide Teile nach irgendwelchen"demokratischen Prinzipien" gebildet wurde. Man hört die Nachtigall schon trapsen...
> Die UNO, die selbst nicht im Stande ist, ein von ihr angestrebtes Gewaltmonopol auch in die Praxis umzusetzen, muss sich just dem Prinzip fügen, nach dem sie angetreten ist, letztlich also dem Recht des Stärkeren.
Was nichts anderes als derjenige ist, der über die besseren Werkzeuge verfügt.
> So wie der Staat stärker ist als der einzelne Bürger (jedenfalls bis zum offenen Ausbruch einer Revolution)
Nein. Solange zumindest EIN Polizeibeamter MIT Schiesseisen an die Existenz dieses Staates glaubt, ist quasi der"Staat" immer noch stärker, als IRGENDein einzelner Bürger OHNE Schiesseisen.
>, ist auch der der jeweils Stärkste in einer"Weltordnung" stärker als der Rest der einzelnen Staaten.
Der Stärkste ist stärker als alle anderen, ja. Aber er muss noch nicht stärker als alle anderen ZUSAMMEN sein ("Rest").
> Das Prinzip ist demnach klar und die Frage der fehlenden Legitimität, die in"Demokratien" sich in"Wahlen" manifestiert bzw. der"Gewaltenteilung" stellt sich dann nicht, wenn just das zur Legitimierung von zwischenstaatlichen Gewaltaktionen hergenommen wird, was die Legitimation von innerstaatlichen Gewaltaktionen selbst ist: nämlich das demokratische Prinzip als solches bzw. dann dessen Einführung weltweit.
Ich würde diesen Legitimationsquatsch (im gegenständlichen Zusammenhang) am besten ganz vergessen. Er bringt nichts, wenn die Akteure auf Gewalt als das stärkere Werkzeug nicht verzichten wollen. Herr Ondrich meint offenbar, die Tradition von Fukuyama fortzusetzen, würde seiner Argumentation einen Vorteil verschaffen, nach dem Motto:"Bau die (ziemlich unstreitige) Demokratie irgendwie ein, und niemand kann was dagegen sagen."
> Insofern könnten wir durchaus an der Schwelle zu einer"neuen Zeit" stehen: Die US-Führung wird - unter Hinweis auf ihre eigene Legitimation als"vom Volk gewählt" - solange jene Regime attackieren, die nicht über diese Legitimation verfügen.
Nein: (insofern) weder eine neue Zeit, noch ein (notwendiger, aber natürlich auch nicht auszuschliessender) Legitimationskampf von Regierungen untereinander. Regierungen bestehen aus Menschen, und Menschen haben Ziele, die sie zu erreichen versuchen. Was immer diese Ziele sind, ist eigentlich völlig irrelevant. Hauptsache, es sind überhaupt mindestens zwei nicht deckungsgleiche Ziele zum gleichen Zeitpunkt vorhanden. Dann wird es früher oder später zum Konflikt kommen. Dass es dabei um"Freiheit" oder"Demokratie" für ein Volk ginge, sind doch nur die Marketing-Schmähs. Weil sich diese Ziele in der entsprechend konditionierten Masse leichter"verkaufen" lassen, als die eigentlichen, die verpöhnt sein MÜSSEN... Denn sonst könnte ja im wahrsten Sinne des Wortes"JEDER kommen"... ;-)
> Andere"demokratische" Regime (siehe"old Europe") werden dem - außer den bekannten Moral-, Friedfertigkeits- und Humanismus-Argumenten - wenig entgegen zu setzen haben.
So ist es.
> Damit nicht wieder Missverständnisse aufkommen, erkläre ich noch einmal, dass ich derartige Entwicklungen nicht etwa bejahe oder gar fordere, sondern dass mir ihre (potenzielle) Zwangsläufigkeit einleuchtet. Der Ablauf der Weltgeschichte, die wir kennen, bestätigt dies auch weitgehend. Weltgeschichte ist nicht Moral-, sondern Machtgeschichte.
Vordergründig, ja. Womit man sich zufrieden gibt, ist wiederum eine individuelle Angelegenheit. ;-) Die Geschichte als Machtgeschichte zu sehen, entspricht 100 % der Marx'schen Sichtweise, es ginge in erster Linie um materielle, also letztlich ökonomische Ziele. Danach geht es immer nur um Mittel. Das Mittel sei der wahre Zweck... Sorry, aber das halte ich nun mal für daneben.
> Was bisher fehlte, war der Legitimationsaspekt zur Gewaltausübung über das"demokratische Prinzip" und dessen weltweite Verbreitung, dem argumentativ kaum beizukommen ist.
Mal sehen.
> Das"demokratische Prinzip", zumal in Form eines quasireligiösen ("God bless America") Durchsetzungswillens, ersetzt nur andere Gewaltprinzipien, etwa die der Herrschaft und Herrschaftsgewinnung sowie -mehrung durch Formeln wie z. B. die des direkten"Gottesgnadentums".
Da stimme ich wiederum voll und ganz zu.
> Dies zu allfällig freundlichen Kenntnisnahme - und Gruß!
Nochmals herzlichen Dank!
Gruß, silvereagle
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