- Mord an Barschel: Die Vorgeschichte - HB, 09.06.2003, 12:20
- ...und Maxwell - HB, 09.06.2003, 12:39
- Re:...und Maxwell - alberich, 09.06.2003, 23:33
- Mord an Barschel: Zäpfchen und anderer Schwachsinn - Nachfrager, 09.06.2003, 12:55
- Ostrovsky kann wohl nur schwerlich als unseriös bezeichnet werden - HB, 09.06.2003, 13:15
- Re: Besonders unseriös ist dieses: - dottore, 09.06.2003, 15:53
- Ganz aus dem Finger gesogen hat er sich das ja wohl nicht - HB, 09.06.2003, 16:33
- Re: Aha, der Herr von Bülow kann nicht bis 3 zählen - dottore, 09.06.2003, 16:53
- Re: Aha, der Herr von Bülow kann nicht bis 3 zählen - Standing Bear, 09.06.2003, 17:22
- Re: Aha, der Herr von Bülow kann nicht bis 3 zählen - dottore, 09.06.2003, 16:53
- Ganz aus dem Finger gesogen hat er sich das ja wohl nicht - HB, 09.06.2003, 16:33
- Re: Besonders unseriös ist dieses: - dottore, 09.06.2003, 15:53
- Ostrovsky kann wohl nur schwerlich als unseriös bezeichnet werden - HB, 09.06.2003, 13:15
- ...und Maxwell - HB, 09.06.2003, 12:39
...und Maxwell
-->Wieder Victor Ostrovsky in"Geheimakte Mossad":
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Der israelische Premierminister Yitzhak Shamir war nicht in bester
Laune, als er in der israelischen Botschaft in Madrid auf einer
besonders gesicherten Leitung einen Anruf erhielt, so berichtete es
mir Ephraim. Shamirs alter Freund Robert Maxwell war am Apparat.
Er rief aus London an und wollte Shamir dringend treffen. Er
war bereit, nach Madrid zu kommen.
Die beiden Männer kannten einander seit langem. Der junge
Shamir hatte den noch jüngeren Maxwell in die radikale zionistische
Untergrundorganisation Irgun eingeführt. Maxwell, der sich
aus Europa retten konnte, kam während des Zweiten Weltkriegs in
ein sicheres Haus in Beirut und anschließend in ein sicheres Haus in
Tel Aviv. Er wurde in verschiedenen Techniken für Untergrundkampf
und Sabotage unterrichtet. Danach schickte man ihn nach
Frankreich, wo er in die britische Armee eintreten und sich abrufbereit
halten sollte.
Nach dem Krieg stellte Shamir, der damals im französischen Exil
lebte, den Kontakt wieder her. Shamir wollte Maxwell direkt in die
Mitte des gehaßten britischen Establishments einschleusen und bot
ihm an, Maxwells erstes großes Geschäft zu finanzieren. In den
folgenden Jahren erhielt Maxwell Insider-Informationen über globale
Ereignisse von seinem Freund im israelischen Untergrund, der
schließlich Mitglied des Mossad und am Ende Premierminister
wurde, nachdem er in die Politik gegangen war. Shamir gab Maxwell
den Kodenamen »Kleiner Tscheche«. Nur eine Handvoll Leute
in der israelischen Geheimdienst-Gemeinde wußte, wer der »Kleine
Tscheche« war. Dieser versorgte die Organisation stets mit
Schmiergeldern in Hülle und Fülle, wann immer sie knapp bei
Kasse war.
All die Jahre stürzte Maxwell jedesmal in finanzielle Löcher,
wenn der Mossad teure Operationen laufen hatte, die nicht auf
legitime Weise finanziert werden konnten, oder wenn andere,
weniger legitime Quellen ausgetrocknet waren. Das war 1990 nach
der amerikanischen Invasion in Panama der Fall, als die Einkommen
des Mossad aus dem Drogenhandel für einige Zeit nicht mehr
flossen und Maxwell sich gezwungen sah, tief in die Kassen seiner
Unternehmen zu langen.
Aber Shamir spielte seinen geheimen Trumpf zu oft aus. Es war
ein großer Fehler, Maxwell in Angelegenheiten von sekundärer
Bedeutung (insbesondere in die Vanunu-Affäre) hineinzuziehen,
wofür Maxwell auch noch den Preis bezahlen mußte.
Dieses Engagement machte das britische Parlament mißtrauisch,
das meinte, ohne Feuer gäbe es keinen Rauch. Den Anstoß hatte ein
Buch von einem amerikanischen Reporter gegeben, der behauptete,
daß Maxwell ein Mossad-Agent sei. Maxwell antwortete mit einer
Klage, aber der Boden wurde ihm langsam zu heiß unter den Füßen.
Der Mossad kam in Verzug mit der Rückzahlung seines Geldes,
und seine üblichen Rettungsaktionen in letzter Minute schienen
sein Finanzimperium nicht über Wasser halten zu können.
Shamir wohnte in seiner gutbewachten Hotelsuite gegenüber
dem Palast in Madrid, wo die Friedensgespräche zwischen Israel
und seinen arabischen Nachbarn stattfanden. Das war nicht gerade
seine große Stunde, um es mal freundlich auszudrücken. Er nahm
an einem Prozeß teil, der in seinen Augen den Sicherheitsinteressen
des Staates Israel diametral entgegenstand, nur weil er von Bush
und seinem »antisemitischen« Außenminister James Baker an die
Wand gespielt worden war. Vor dem Hotel fand eine kleine, aber
hitzige Demonstration statt. Es handelte sich um die Kahane-Chai-Bewegung,
die von Benjamin Kahane (Sohn von Meir Kahane, dem
rassistischen Rabbi, der in New York erschossen worden war)
geleitet wurde. Gleichzeitig hörte Shamir die Nachricht von dem
um sich greifenden Skandal wegen der Mossad-Machenschaften in
Deutschland. Dieser Skandal war das Ergebnis eines Anrufs von Uri
bei der Hamburger Hafenpolizei, in dem er sie informierte, daß
Waffen auf ein israelisches Schiff verladen wurden.
Die Waffen bestanden aus sowjetischen Panzern und Flaks, die in
großen Containern verstaut waren, die die Aufschrift »Landwirtschaftliche
Erzeugnisse« trugen. Die Lieferung war mit Hilfe des
BND zustande gekommen, ohne das Wissen der Bundesregierung
und des Verteidigungsministeriums. Es handelte sich genau um die
Lieferung, die das Verteidigungsministerium im März desselben
Jahres verboten hatte, nach Israel zu schicken, weil man glaubte,
damit gegen das Verbot zu verstoßen, Kriegsmaterial in Konfliktzonen
zu liefern.
Shamir wußte nicht, welche Ausmaße dieser Skandal noch annehmen
würde. Er erinnerte sich noch gut an den Skandal von
1978, als die Deutschen Mossad-Offizieren erlaubt hatten, als
deutsche Geheimdienstoffiziere aufzutreten, um in deutschen Gefängnissen
Palästinenser zu verhören. Es wäre schön, wenn die
deutsche Regierung den sich anbahnenden Skandal eingrenzen
könnte. Aber wenn Informationen erst einmal in die Medien gelangt
waren, wußte man nicht, was noch alles passieren würde.
Und dann kam der Anruf von Maxwell, der darauf bestand,
Shamir in einer wichtigen Angelegenheit zu treffen. Shamir bat ihn,
damit zu warten, bis die Madrider Eskapade vorbei war und er
wieder in Jerusalem saß, aber Maxwell war hartnäckig. Er sprach
sogar eine verhüllte Drohung aus: Da jetzt vom Parlament und den
britischen Medien Untersuchungen angestellt würden, könne er,
falls es ihm unmöglich sei, seine finanziellen Angelegenheiten zu
regeln, nicht garantieren, das Treffen mit Krjutschkow geheimzuhalten.
Maxwell bezog sich (und damit besiegelte er sein Schicksal) auf
eine von ihm mitarrangierte Zusammenkunft zwischen der Mossad-
Liaison und dem früheren KGB-Chef Wladimir Krjutschkow,
der zu dem Zeitpunkt wegen seiner Rolle beim August-Putsch im
Untersuchungsgefängnis Nummer vier in Moskau saß. Bei jenem
Treffen, das auf Maxwells Jacht stattfand, die in jugoslawischen
Gewässern vor Anker lag, wurde die Unterstützung des Mossad
zum Sturz Gorbatschows diskutiert. Der Mossad versprach, über
seine politischen Beziehungen sowohl für eine frühzeitige Anerkennung
des neuen Regimes zu sorgen, als auch sonstige logistische
Unterstützung zu geben. Im Austausch forderte er, alle sowjetischen
Juden freizulassen beziehungsweise auszuweisen, was einen
massiven Exodus bewirken würde. Die Zahl der Auswanderer wäre
zu groß, um von anderen Ländern absorbiert zu werden. Die
Menschen würden daher nur nach Israel gehen können.
Shamir hatte an die Notwendigkeit dieses Treffens mit den
Planern des Putsches geglaubt. Er wußte, wenn Rußland nicht mehr
der Feind war, gab es keine Bedrohung aus dem Osten mehr, und
der strategische Wert Israels verringerte sich für seinen größten
Bundesgenossen, die USA. Dann war ganz realistisch mit Allianzen
zwischen den USA und den arabischen Ländern in der Region zu
rechnen. Shamir glaubte, daß diese Friedenskonferenz, zu der er
gezwungen worden war, das direkte Ergebnis dieser neuen Weltordnung
darstellte, in der Israels Rolle als einsame westliche Demokratie
im Nahen Osten zu Ende ging.
Es war Maxwell gewesen, der geholfen hatte, die Verbindungen
zum jetzt aufgelösten KGB zu knüpfen. Shamir war sich bewußt,
daß es ein verheerender Schlag für Israels Stellung im Westen wäre,
wenn herauskäme, daß sich der Mossad auf irgendeine und sei es
noch so geringfügige Weise an dem Putschversuch zur Beendigung
des Demokratisierungsprozesses in der Sowjetunion beteiligt hätte.
Das würde als Verrat am Westen aufgefaßt werden. Maxwell
benutzte jetzt diese Tatsache als Drohung gegen Shamir, um eine
sofortige Hilfsaktion für sein wankendes Imperium zu erzwingen.
Shamir bat Maxwell, in ein paar Stunden zurückzurufen. Dann
kontaktierte er den Mossad-Chef und verlangte, sich des »Kleinen
Tschechen« ein für allemal zu entledigen.
Der Mossad war auf solch ein Vorhaben nicht vorbereitet.
Shamir erfuhr, daß es mehrere Wochen dauern würde, um einen
Plan aufzustellen, der auf den Gewohnheiten des Mannes basierte,
um dann die Falle zuschnappen lassen zu können. Ein Mossad-Verbindungsoffizier,
der zusammen mit dem Premierminister
(selbst ein Ex-Mossad-Offizier) reiste, schlug vor, die Sache schneller
zu erledigen, indem man Maxwell zu einem Rendezvous einlud,
bei dem der Mossad zuschlagen könnte.
Shamir bat Maxwell, am folgenden Tag nach Spanien zu kommen,
und versprach ihm, daß alles geregelt werde und kein Grund
zur Panik bestehe. Maxwell solle mit seiner Jacht nach Madeira
segeln und dort auf eine Botschaft warten.
Maxwell kam am 31.Oktober 1991 in Gibraltar an, ging an
Bord seiner Jacht »Lady Ghislaine« und segelte nach Madeira, wie
ihm gesagt worden war. Am Freitag, dem 1. November, wurde eine
Sondereinheit des Mossad, die sich wegen der Friedensgespräche
aus Sicherheitsgründen in Spanien aufhielt, damit beauftragt, sich
um Maxwell zu kümmern. Sie flog nach Marokko, wo sie den
Mossad-Chef der dortigen Station traf, der sich bereits um die
notwendige Ausrüstung und sonstige Vorbereitungen gekümmert
hatte.
Zuerst wurde Maxwell gesagt, daß die Begegnung in Madeira
stattfinde und er ausreichend Geld erhalten werde, um die Angelegenheit
bereinigen zu können. Dann wolle man ihm weitere Gelder
überweisen. All das solle unter absoluter Geheimhaltung geschehen,
um seinen Feinden nicht weiteres Material zu liefern, die nichts
lieber hätten, als seine direkte Verbindung zum Mossad nachzuweisen.
Am 2. November erfuhr der Mossad, daß Maxwell seinen Sohn
in England angerufen und mit ihm ein Treffen auf der Insel ausgemacht
hatte. Das warf die Pläne des Mossad über den Haufen, und
Maxwell wurde nun vom Mossad mitgeteilt, das ausgemachte
Treffen sei geplatzt. Statt dessen solle er mit den Geldboten auf
Teneriffa zusammentreffen.
Als er in Santa Cruz auf Teneriffa anlegte, eilte er sofort zu dem
Treffen im Hotel Mency. Als er allein im Hotelrestaurant aß, kam
jemand an seinen Tisch und überreichte ihm einen Zettel: Er solle
am folgenden Morgen in Los Cristos auf der anderen Seite der Insel
sein. Er solle auf seiner Jacht dorthin segeln. Die empfohlene Route
führte um Gran Canaria herum.
Ich erfuhr von alldem in einem Telefongespräch mit Ephraim. Er
hatte keine Ahnung, wie es dem Kidon-Team gelungen war, Maxwell
auf hoher See zu erwischen, während die Jacht mit fünfzehn
Knoten dahinsegelte, aber gerade das Unwahrscheinliche gehörte ja
zur Kidon-Magie. Irgendwann in der Nacht vom 4. auf den 5. November
wurde Shamirs Problem auf den Grund des Atlantiks
versenkt.
Nach einer Autopsie, die mehr Fragen aufwarf, als sie beantwortete,
fand eine zweite Autopsie in Israel unter den wachsamen
Augen des Sicherheitsapparats statt. Maxwell bekam schließlich
ein Begräbnis auf dem Ã-lberg in Jerusalem, dem Friedhof für die
stolzesten Helden der Nation.
»Er hat mehr für Israel getan, als heute gesagt werden kann«,
erklärte Shamir in seiner Totenrede für seinen Freund und sein
Opfer.
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