- Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - dottore, 31.10.2003, 15:23
- Re: Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - Galiani, 31.10.2003, 15:43
- Re: Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - dottore, 31.10.2003, 16:13
- @dottore: EINVERSTANDEN! (owT) - Galiani, 01.11.2003, 22:40
- Re: Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - dottore, 31.10.2003, 16:13
- Ojeoje - noch 30 mal schlafen.... (owT) - beni, 31.10.2003, 16:16
- @dottore und andere Literateure: kennst du folgends HANDBUCH - Heller, 31.10.2003, 18:05
- Re: Herzlichen Dank, hatte noch nichts davon gehört (owT) - dottore, 31.10.2003, 18:29
- Re: Hallo, siehe Posting von Popeye um 19:01 'Ãœberall ist Wunderland' - Digedag, 31.10.2003, 19:51
- Genau, das war's. Vielen Dank! (owT) - Heller, 31.10.2003, 21:40
- Re: Hallo, siehe Posting von Popeye um 19:01 'Ãœberall ist Wunderland' - Digedag, 31.10.2003, 19:51
- Re: Herzlichen Dank, hatte noch nichts davon gehört (owT) - dottore, 31.10.2003, 18:29
- Re: Macht, Staat, Eigentum - einige Korrekturvorschläge - André, 31.10.2003, 20:02
- Re: Hi, André, Danke und.. - dottore, 31.10.2003, 20:47
- Re: Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - Bärentöter, 31.10.2003, 21:37
- Re: Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer - Galiani, 31.10.2003, 15:43
Macht, Staat, Eigentum - ein appetizer
-->Hi,
wie zugesagt, hier die einleitenden Passagen aus der aktuellen Fassung des Papers, das auf dem Bremer porperty-Symposium Urständ feiern soll (29-30 November):
Macht, der Staat und die Institution des Eigentums
(Vorläufige Fassung)
Das Paper hebt auf Entstehung und Sicherung von Eigentum, seine Funktion als Titel sowie die Ãœbertragung von Eigentum und Titel gegen Geld ab, das seinerseits in seiner Funktion als Titel untersucht wird.
Dazu wird der Ursprung öffentlich-rechtlicher ("legaler") und privatwirtschaftlicher ("kontraktlicher") Erscheinungen in Beziehung auf die Institution Macht (Staat) untersucht, worunter als für die property-Theorie besonders relevant gelten: rechtsfeste Übertragung von Eigentum sowie Vollstreckung in Eigentum.
Problem des"intangible act"
Ohne Macht und Machtausübung sind weder die Institution Eigentum noch dessen wirtschaftlicher Einsatz definierbar. Identisch mit der Möglichkeit, Macht auszuüben, ist die Abgabe (Besteuerung), die das (fremd)machtfreie Eigentum als"Mythos" enttarnt (Murphy / Nagel 2002; Kursive, Unterstreichung, Fettungen und Ausrufzeichen in den Zitaten von mir):
"Private property is a legal convention, defined in part by the tax system; therefore, the tax system cannot be evaluated by its impact on private property, conceived as something that has independent existence and validity. Taxes must be evaluated as part of the overall system of property rights that they help to create." (8)
Der Gedanke, Macht, Staat, Eigentum, Abgaben, Geld und Zins zu verbinden, ohne dabei zunächst auf Ursachen und Folgen, zeitliches Hintereinander oder gar subtilere Analyse gesonderten Wert zu legen, findet sich in der sog."anarchistischen" Literatur am schärfsten bei Benjamin Tucker (Eltzbacher 1908, 191):
"In the first place, all the acts of governments [Staat] are indirectly invasive [Macht], because dependent upon the primary invasion called taxation. (...) The very first act of the State, the compulsory assessment and collection of taxes [Abgaben], is itself an aggression, a violation of equal liberty, and as such vitiates every subsequent act, even those acts which would be purely defensive if paid for out of a treasury [Geld] filled by voluntary contributions [Zins]."
Eigentum wird von Tucker, wenn auch etwas verschwommen, als"Monopol" gedeutet, wobei er auf zwei Monopole abhebt (ibid. 202 f.): Neben dem Geld- auf das Land-Monopol:"This monopoly consists in the enforcement by government of land-titles... (...) Ground-rent exists only because the State stands by to collect it and to protect land-titles..." - womit sich der Kreis zur Macht wieder schließt, den wir genauer abschreiten wollen.
Nach dem Ansatz von Heinsohn und Steiger gilt:"Property rights in the correct sense are de jure rights... Property rights take possessional rights de facto into their service, thereby making them de iure too." (Steiger 2003 a, 7).
Dabei fehlt die Untersuchung der Frage, wie es um die Macht und die sie finanzierenden Steuern steht, ohne die property rights ihrerseits weder de facto noch de iure vorstellbar sind. Die Antwort würde lauten: Ohne Steuern, also einem Macht- und Zwangssystem sind property rights nicht zu konstruieren. Mehr noch: Ohne die das Macht- und Zwangssystem tragenden Abgaben ist die ökonomische Basis ("foundation of the economy") nicht möglich. Macht, Staat, Zwang und Abgabe und deren Finanzierung muss den property rights und ihren wirtschaftlichen Ergebnissen sowohl historisch als auch theoretisch voraus gehen. Oder schlicht: Macht vor Steuern, Steuern vor Einkommen.
Diese zwangsläufige zeitliche Reihenfolge kann zwar umgedreht werden, indem sich die Macht vorfinanziert, sie muss aber auf Dauer immer wieder scheitern, so ausgeklügelt und dann erfolgreich selbst ein property rights-System auch eine Zeitlang sein mag. Dies sei kurz an einigen Passagen des Vorbereitungs-Papers für diesen Symposium demonstriert (Steiger 2003a, 1):
"Property never comes naturally. It can only be brought by a legal, i.e. an intangible act."
Dass es eines"legal acts" bedarf, ist unbestritten. Nur ergeben sich Gesetze nicht aus sich selbst heraus, sondern müssen von einer, wie auch immer legitimierte Macht"gesetzt" werden. Der unberührbare (intangible) Vorgang setzt voraus: eine Unberührbarkeit im Zeitraum vor der Gesetzgebung, eine Unberührbarkeit zum Zeitpunkt der Gesetzgebung und ebenfalls eine solche für den danach folgenden Zeitraum:
"This act presupposes independent institutions of law to defend and enforce contracts between free citizens, as stressed by Pipes' property theory of commercialization as well as by Bethell's property theory of prosperity." (ibid.)
Die"independent instistutions of law" mag es zwar geben, aber da sie Macht ausüben ("defend and enforce") muss die Finanzierung von"Defence" und"Force" untersucht werde, womit sich das Phänomen der"free citizens" verflüchtigt: Sie sind zumindest bezogen auf diese Finanzierung ganz und gar"unfrei", da sie entsprechende Abgaben leisten müssen und seien sie zunächst auch noch so winzig. An dieser Unumgänglichkeit von defence und force ist bereits Tucker gescheitert (Eltzbacher 1908, 198):
"The abolition of the State will leave in existence a defensive association" [which will give protection (!) against those]"who violate the social law by invading their neighbors. (...)"We look forward to the ultimate disappearance of the necessity of force (!) even for the purpose of repressing crime."
Ein"machtfreier" Zustand ist weder nach dem Ende des Staats (Anarchismus) vorstellbar noch unmittelbar vor dessen Beginn, schon gar nicht während seiner Existenz, definiert als einem von ihm beherrschten Areal, in dem"friedlich" gewirtschaftet wird.
Es bleibt der Grundirrtum aller ökonomischen Theorien, dass sie ihre Modelle in einen staats- und machtfreien Raum stellen und dann sich selbst überlassen. Der Staat wird zur Besicherung des Idealzustands oder auch als"Reparaturbetrieb" nur hereingebeten, falls das Modell nicht so"läuft" wie man es sich vorgestellt hatte. Die Staatsmacht ist aber kein Handwerker, die je nach Bedarf oder auf Wunsch bestellt werden kann, sondern sie ist von Beginn des Wirtschaftens an vorhanden und ist allgegenwärtig, während gewirtschaftet wird.
Schon die simpelste Produktionsfunktion, die von einer"Kombination" der Produktionsfaktoren Kapital, Arbeit und technischem Wissen ausgeht ist komplett falsch, da sie nicht erklärt, was denn das Kapital als Eigentum selbst schützt und verteidigt, nicht erklärt, was das Zusammengehen von Kapital mit Arbeit, das nur auf Verträgen beruhen kann, besichert, und nicht erklärt, was das technische Wissen, zumal in seiner Form als Wissensvorsprung schützt.
Die Macht muss ihrerseits vor dem Kapital und vor der Vollstreckung von Kontrakten existieren, da Kapital sonst Nicht-Kapital wäre und Kontrakte nicht erst eingegangen würden also ebenfalls Nicht-Kontrakte wären. Daher steht ein solches System, das über Mittel zur Ermöglichung von rechtsfestem Kapital und zur Ermöglichung von Vollstreckung vor der Vollstreckung bereits verfügen und diese ergo vorfinanziert haben muss, vor einem unlösbaren Problem: Es müssten Leistungen, in welcher Form auch immer, an die Machthalter erfolgen (dort Einnahmen), die Leistungen der Nicht-Machthalter bedingen (dort Ausgaben) noch bevor diese selbst mit Hilfe von gesichertem Eigentum und vollstreckbaren Kontrakten wirtschaften können, da die Nicht-Machthalter selbst noch nicht über Möglichkeiten zur Erwirtschaftung mit anschließender Weitergabe bzw. Verausgabung von in Frage kommender Leistungen verfügen.
Um sich ein property-System sozusagen leisten zu können, muss sich die Macht, die sich qua Macht immer über Zwangsabgaben finanziert und auch nur so finanzieren kann (und sei sie mit noch so kleinen Zwangsabgaben etwa in ihrem"engsten Zirkel" gestartet), Vorgriff auf diese Abgaben nehmen, also Abgaben diskontieren, d.h. an jene abtreten, welche die Vorfinanzierung ermöglichen. Dies ist in sog."entwickelten" (recte:"demokratischen") Volkswirtschaften die Ursache des Phänomens der Staatsverschuldung, die schneller steigen muss und tatsächlich heute weltweit schneller steigt als das BIP, auf das die Staatsmacht (alle Staaten) letztlich als Besteuerungsbasis zugreifen kann (können). Das endet unweigerlich im Bankrott (Lüftl/Martin 1984), wie es in der Geschichte und in allen"Staatsformen" auch durchgehend der Fall war.
Census, kurantes Geld und Eigentum
Wie wir sehen werden, ist die Abgabe (Steuer) der eigentliche Zins (census). Das Geld entwickelt sich aus dem Abgabenmittel, sobald dieses kurant gemacht werden kann, und bleibt dann Steuerzahlungsmittel bis heute ("legal tender"). Das Abgabenmittel, das zunächst alles Mögliche sein kann bis hin zu leicht verderblichen Ware, erhält schließlich Eigenschaften, die es zum"Umlauf" befähigen. Oder platt: Eier können nicht kurant werden, Edelmetall und die heutigen Banknoten als vertretbare unverzinsliche Inhaberschuldverschreibungen, die jederzeit materiell ersetzt und erneuert werden können, dagegen schon. Sobald das Abgabenmittel also"kurant" werden kann, haben wir es erst mit Geld ("genuine money") zu tun, dessen entscheidende Eigenschaft seine Zirkulationsfähigkeit ist.
Der Diskont der zu kurantem Geld mutierten Abgabe und danach ihre teilweise Zession an die jeweiligen Financiers ist der erste Zinssatz. Dabei darf dieser niemals auf etwas hinauf gerechnet werden, wobei sich also irgendein Gut"vermehrt". Sondern der Zinssatz muss immer als Abschlag auf spätere (erzwungene oder erwartete) Zahlungen gerechnet werden.
Immer muss irgendwer die Rechnung der Macht (defend and enforce) bezahlen. Ebenso wenig wie es einen machtfreien Zustand gibt, wo gewirtschaftet wird, kann es eine finanzierungsfreie Macht geben.
Im Anschluss an Max Weber sieht auch die Soziologie das Macht- und Herrschaftssystem grundsätzlich als"finanzierungsfrei" an, auch wenn inzwischen realistischere Ansätze zu beachten sind wie z.B. bei Anter (2001, 125 f.):
"Kaum Beachtung schenkt Weber indessen der Rolle des Steuermonopols für die Etablierung und Aufrechterhaltung des Gewaltmonopols, obwohl beide Monopole einander bedingen: Erst die Steuern schaffen die materielle Grundlage (!) für das Gewaltmonopol, das wiederum das Abgabenmonopol garantiert, so daß der Staat auf beide Schlüsselmonopole angewiesen ist."
Allerdings vermissen wir auch in dieser Aussage eine Zeitenfolge: Das"einander bedingen" wird als zeitgleich und nicht in seiner zwangsläufigen zeitlichen Folge (Gewalt vor Steuern) dargestellt. Es sind nur wenige, die ein grosso modo in sich schlüssiges Modell des Staates bzw. der Staatsbildung präsentieren. Zu nennen wäre vielleicht Franz Oppenheimer (1912, 33 ff.), der als erstes Stadium"Raub und Mord im Grenzkrieg" etabliert, das in der"Bewirtschaftung" des Besiegten ("Tribut") in verschiedenen Formen mündet und schließlich beim"fertigen Staat" endet. Dass zwischendurch so etwas wie der klassische Feudalstaat erscheint, ist unerheblich. Denn die auf den"primitiven" Feudalismus folgende Staatsmacht mit ihren"de iure property rights" (im praekolumbianischen Mittel- und Südamerika in der Regel - noch - nicht) legt nicht die Waffen ab, nur weil sie jetzt sog."freie" Bürger als Untertanen hat. An der bekannten Definition Georg Jellineks führt nirgends ein Weg vorbei (1914, 183):
"Der Staat ist die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Verbandseinheit seßhafter Menschen." Seit ihrem Ursprung ist die Macht nicht mehr verschwunden...
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So richtig spannend wird's dann, wenn es um die Waffe geht, vor der sich alle Ã-konomen bisher gedrückt haben.
Sobald das ganze Paper zur Präsentation ansteht, werde ich es gern komplett posten (ca. 80 Seiten, ca. 170 Fußnoten, ca. 70 Bilder, technisch kriegen wir das schon irgendwie hin). Und natürlich auch den Verriss. Schließlich sind einige Talare und bestens ausgewiesene property-Ã-konomen anwesend.
Also dies nur als appetizer für unverbesserliche Macht-Freaks und -Foes.
Schönes Wochenende wünschend + Gruß!
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