- Inflation des Dollars? - Oldy, 17.08.2001, 22:18
- Re: Kanadische Geschichtsklitterungen vom Ãœbelsten! - dottore, 17.08.2001, 23:42
- Re: Inflation des Dollars? - Oldy, 18.08.2001, 02:41
Re: Kanadische Geschichtsklitterungen vom Ãœbelsten!
>Geschichten von der Weisheit der Notenbanker.
>Zur Zeit der Inflation nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland war ein gewisser Havenstein Nationalbankpräsident und da er bemerkte, daß die Preise gestiegen waren, hatte er die Anschaung daß die Leute daher mehr Geld brauchen würden. Das ist doch einleuchtend, nicht war? Sie mußten ja jetzt mehr Geld für ihre Bedürfnisse ausgeben.
Nein, so war es ganz und gar nicht!
Havenstein war nicht ganz so dumm, obwohl er sehr, sehr dumm war. Havenstein merkte, dass die Unternehmen (!) zur Bezahlung von Importen, die nicht mehr mit Gold über den bekannten Mechanismus abzudecken waren, immer mehr Geld brauchten (eben aufgrund des fallenden Kurses der Mark), von den damals schon in natura abgeholten"Reparationen" (die ersetzt werden mussten, physisch) ganz zu schweigen.
Er gab das Geld nicht an die Konsumenten, was bekanntlich keine Notenbank tut, sondern an die Unternehmen. Es ging also nicht um die Finanzierung von Verbraucherpreisen, sondern um die von Import- und damit letztlich Produzentenpreisen.
Was hier wieder aufgetischt wird, ist haarsträubend!
Hier wird mit dem Ausdruck"die Leute" suggeriert, dass es die Bevölkerung gewesen wäre, was komplett absurd ist. Dies kann nur jemand schreiben, der keinerlei Ahnung von Geld- und Währungsgeschichte hat.
So etwas aufzutischen, beleidigt das Forum.
>In der Güte seines Herzens gedachte er ihnen zu helfen
Kein Notenbankchef der Welt hatte jemals an die Konsumenten ("ihnen" = sie) gedacht oder würde jemals an sie denken, im Sinne von: sie zu finanzieren.
<font color="FF0000">Das ist ja gerade der Charme von Wörgl, dass praktisch der"kleine Mann" direkten Zugang zu einer (lokalen) Notenbank erhalten hatte!</font>
>und er gab alles Geld, welches immer vorsorglich gedruckt und nicht in Umlauf gebracht bei der Nationalbank liegt, aus. Da die Preise aber immer weiter stiegen, war das zu wenig und er ließ noch mehr drucken. Am Ende waren 84 Druckereien Tag und Nacht beschäftigt Geld zu drucken und noch immer war seiner Anschauung nach noch nicht genug Geld da und die Preise stiegen noch immer.
Es fehlte immer mehr Geld, um die immer schneller steigenden Importpreise zu bezahlen (das Reich war von den Rohstoffquellen abgeschnitten, das Ruhrgebiet war besetzt, dort bedienten sich die Franzosen direkt, und Schlesien war praktisch verloren, von den Kolonien ganz zu schweigen).
Ansonsten ist das mit den Druckereien, die Zahlen schwanken, richtig.
>Das Ende des Albtraumes kam dann als Ende 1923 die stabile Rentenmark eingeführt wurde, welche übrigens NICHT goldgedeckt war,
"Stabile Rentenmark" - ich habe mich wohl verlesen?
Dazu:
Helfferichs 1. Entwurf, § 2:"Die auszufertigenden Rentenbriefe dienen als Deckung für die von der Währungsbank auszugebenden Geldscheine (Roggenmarknoten). Die Werteinheit dieser Geldzeichen ist die Roggenmark, die in hundert Roggenpfennige geteilt wird.
§ 4:"Die von der Währungsbank auszugebenden Rogenmarktnoten sind in Roggenrentenbriefen einlösbar. Die Währungsbank verabfolgt dem Einlieferer von Roggenmarknoten im Betrag von mindestens 200 Roggenmark auf Verlangen für je 200 Roggenmark Roggenrentenbriefe, lautend auf eine Tonne Roggenwert."
Das Ganze wurde natürlich ein Schuss in den Ofen, da die Preisschwankungen des Roggens nicht in den Griff zu kriegen waren.
Danach kam es zum Zwischenentwurf einer"Bodenmark", der auch nicht funktionierte, auch von Kohle und Kali war die Rede und schließlich kam Feingold ins Spiel.
Es wurde ein Projekt"Neumark" diskutiert, mit in Form einer auf Goldmark lautenden Belastung des Besitzes (Initiator Reichsminister Hilferding!!!). Das Kabinett schließlich eierte rum, trat auch mal zurück. Auch der folgende Minister Dr. Luther spielte eine Rolle. Und dann kam's doch so: also mit Gold.
>aber recht schnell unter Mitwirkung von Hjalmar Schacht,
Schacht war Direktor der Danatbank, der sich ausschließlich publizistisch mit den Dingen beschäftigte, z.B. am 9. Oktober 1923 im"Berliner Tageblatt", wo er eine"Bank von Deutschland" forderte, die eine private Goldnotenbank sein sollte.
Damit folgte er den Vorstellungen des inzwischen geläuterten Helfferich, der in der"Kreuzzeitung" laut und deutlich formulierte:
"Nachdem die deutsche Mark infolge der fortschreitenden Entwertung als Werterhaltungsmittel nicht mehr brauchbar ist, besteht nunmehr die Gefahr, dass durch die weitere Zerrüttung der Währung die Mark auch ihre Eignung als Zahlungsmittel mehr und mehr einbüßt....
Die endgültige Lösung der Währungsschwierigkeiten liegt in der <font color="FF0000">Rückkehr zur Goldwährung</font> und setzt eine völlige Gesundung der Reichsfinanzen voraus."
Hier wird also von der bekannten Adresse wiederum Geschichtsklitterung vom Allerschlimmsten betrieben! Es war Helfferich!. (Wir kennen sein Foto seit Cosas Posting bestens).
Kanadische Heilslehrer brauchen offenbar immer einen Feind, in diesem Falle Schacht, nach dessen (verbaler, post mortem) Vernichtung"alles gut" sein soll. Eine Unverschämtheit!
>unseligen Angedenkens wieder ans goldene Gängelband gelegt wurde. Das ging dann einige Jahre noch halbwegs gut, bis der Börsenkrach 1929 die dafür notwendigen (kurzfristigen) amerikanischen Kredite zum Stocken brachte.
Der Börsenkrach brachte überhaupt nichts zum Stocken. Die kurzfristigen Kredite wurden nach dem Nazi-Sieg nach den berüchtigen Septemberwahlen abgezogen, wie jeder weiß.
Eine weitere Geschichtsklitterung also, die sprachlos macht!
>Da dann die Preise fielen, brauchten die Leute nicht mehr so viel Geld, Die Nationalbanker brauchten also immer weniger davon ausgeben. Die Leute fragten ja nicht einmal darum und je mehr die Preise sanken, desto weniger waren sie bereit sich eines von den Bänkern zu holen - und die wuschen ihre Hände in Unschuld.
Das Geld holen sich nicht"die Leute" von der Notenbank. Hier soll wieder etwas suggeriert werden, was mitnichten den Tatsachen entsprochen hat! Was sich"die Leute" von Banken holen, sind Kredite, aber Konsumentenkredite gab es damals nicht für einen Pfennig! Unternehmer hatten Zugang zu Banken.
Außerdem konnte sich damals niemand als Privatmann Geld von der Notenbank holen - es sei denn, er war eine Bank.
Selbst das hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen!
>Heute gibt es in vielen Ländern der Welt auch solche Havensteins und die spielten dasselbe Spiel, wenn auch vielleicht nicht mit der deutschen Gründlichkeit und es ist zu befürchten, daß auch welche kommen könnten, die dann das Schach(t)spiel spielen werden.
>P.S. >Überhaupt kein Problem, JEDE benötigte Banknotensumme kann zur Verfügung gestellt werden!
>Wunderschön! Genau das tat Havenstein!
Ob das Duisenberg tun wird, werden wir ja sehen. Nachdem wir wissen, dass jede Banknotensumme beschafft werden kann, müssen wir nur noch schauen, ob und gegen was sie ausgegeben wird.
Nur dürfen wir eines nicht übersehen: Geld wirkt nur inflationär, wenn es auch ausgegeben wird, und zwar nicht für die Tilgung von Schulden, sondern für Käufe!
Die Geldsumme, ob potenziell oder aktuell, spielt für die Frage, ob Inflation oder nicht, überhaupt keine Rolle.
Ich bin es wirklich leid, mir selbst bei einfach zu überprüfenden historischen Fakten und volkswirtschaftlichen Simplizitäten weiterhin solche Klitterungen bieten zu lassen.
d.
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