- Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke, historisch & aktuell - dottore, 01.01.2002, 18:25
- Re: Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke /@dottore - JüKü, 01.01.2002, 18:49
- konnte man damals auch schon mit ´nem Flugzeug direkt in ´n Himmel....? - Ghandi, 01.01.2002, 19:06
- Super. Danke! (owT) - rodex, 01.01.2002, 19:36
- Re: Was ist reich? historisch & aktuell - Dionysos, 01.01.2002, 20:06
- Re: Was ist reich? historisch & aktuell / @Dionysos - JÜKÜ, 01.01.2002, 21:14
- So ist es. Merci. oT. - Standing Bear, 01.01.2002, 22:01
- Re: Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke, historisch & aktuell - Standing Bear, 01.01.2002, 22:07
- Re: Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke, historisch & aktuell - JeFra, 02.01.2002, 07:54
- Re: Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke, historisch & aktuell - dottore, 02.01.2002, 09:38
Was ist reich? Fugger-Etüden und interessante Einblicke, historisch & aktuell
Hi,
allseits ein Gutes Neues Jahr vorweg.
Die Reichtums- & Gerechtigkeitsdebatte ist interessant und ich darf mir erlauben einen kleinen Beitrag historiae causa hinzuzufügen.
Es geht um die Fugger. Sie waren zwischen dem römischen Kapitalisten Crassus, den bekanntlich noch Luther in seinen Thesen als Inbegriff des Reichtums vorstellte und John D. Rockefeller die vermögendsten Zweibeiner des Globus. Jakob II. Fugger trug den Beinamen"der Reiche".
Was war ihre Geschichte? Bitteschön:
Die Fugger gehörten nicht den"uralten" Geschlechtern der Reichstadt Augsburg an, wie die Welser oder die Herwart. Ihr Ahnherr Hans Fugger wanderte im Jahre 1367 aus dem Dorf Graben nach Augsburg ein, wo er als Weber arbeitete. Das seine Stoffe nach ganz Europa exportiert wurden, musste er die Käufer vorfinanzieren und wurde so auch ein Händler und Bankier.
Bei seinem Tod 1409 hinterließ er ein Vermögen von 3000 Gulden. Ein Gulden, abgekürzt"fl." (von florenus = Goldstück aus Florenz, wo seit Mitte des 13. Jh. diese Goldgulden geprägt wurden. Sie wogen 3,5 g. Das erste bekannte Vermögen der Fugger waren also 10,5 Kilo Gold, umgerechnet in heutigen Goldpreis sind das 210.000 DM oder ca. 115.000 Euro.
Zum Vergleich: Die Cash-Position der Medici lag etwa 60 Jahre später bei ca. 5000 bis 6000 fl. Die Medici machten bekanntlich bankrott wie andere große Florentiner Häuser schon vor ihnen (Bardi, Peruzzi usw.).
Die Familie Fugger sollte sie bei weitem übertreffen. Sie teilte sich in zwei Linien, die Fugger vom Reh und die Fugger von der Lilie. Der erste Familienzweig verarmte wieder und machte ebenfalls bankrott. Die Söhne mussten bei ihren Verwandten arbeiten, um sich über Wasser zu halten.
Dem anderen Zweig erging es zunächst nicht viel besser. Das Familienoberhaupt, Jakob I., heiratete die Tochter des Augsburger Münzmeisters, der 1444 mit Schulden von 24.000 fl. ebenfalls bankrott machte. Sein Schwiegersohn verglich sich mit den Gläubigern, die 75 % ihrer Forderungen retten konnten, und wanderte aus nach Hall in Tirol in der Nähe von Innsbruck, wo damals große Silberfunde gemacht wurden.
Jakob I. starb 1469. Seine Söhne Ulrich, Georg und Peter setzten die Geschäfte fort, zwei andere Söhne, Marcus und Jakob sollten Priester werden. Die Priesterschaft hatte damals nichts mit dem Glauben zu tun, sondern war ein Weg, Familienmitglieder zu versorgen. Meist übernahmen sich die Familien dabei finanziell, wie wir von Luthers Vater wissen, eines Bergwerkunternehmers, den das Mönchtum seines Sohnes ebenfalls an den Rand des Ruins brachte.
1473 starb Peter Fugger. Ulrich und Georg baten Jakob, den Priesterrock auszuziehen und mit ihren gemeinsam die Geschäfte zu führen. Das war ein einmaliger Glücksfall, denn Jakob II. war ein genialer Geschäftsmann, der den Grundstein zum riesigen Fuggerschen Vermögen legte.
Jakob II. war erst 14 Jahre alt, als er Geschäftsmann wurde. Zur Ausbildung schickte ihn die Familie nach Italien. Dort in Venedig, der damals größten und reichsten Stadt der Welt, lernten die jungen Handelsherren die kaufmännischen Rechnungen (Kalkulation) und Buchhaltung.
Die Lehrbücher der jungen Handelsherren waren damals die Treviso-Arithmetik und vor allem das in vielen Auflagen gedruckte Buch des Pietro Borghi. Es war sehr schwierig, das alles zu lernen. Die Bücher sind selbst für den heutigen, in rebus mathematicis bewanderten Leser eine Qual über mehr als hundert Seiten.
Selbstverständlich beherrschten die ausgebildeten jungen Herren das Buchhalten in allen Details; die Vorstellung, die doppelte Buchführung sei eine"Erfindung" des Mönches Luca Paccioli ist ein Märchen, das bis heute durch BWL-Lehrbücher geistert. Paccioli hat sie nur zum ersten Mal im Druck dargestellt (1494, 2. Aufl. 1523; das erste deutsche Buchhaltungsbuch ist der Grammateus (= Schreiber) von 1518/19.
Die drei Fugger-Brüder vereinbarten, ihr Vermögen immer zusammen zu halten und auch im Erbfall nicht zu teilen. Dies war zweifellos ein Novum, das - wie erinnerlich - später in das Institut des"Fideicommis" mündete. Georg starb 1506, Ulrich 1510. Jakob II. war jetzt Alleinherrscher über das gesamte Vermögen geworden.
Die Fugger traten schon unter Kaiser Friedrich III. (1440-1493) in Geschäftsbeziehungen zu dem Herrscherhaus der Habsburger, staffierten den Hofstaat aus und erhielten 1473 ein eigenes Wappen, das mit der Lilie. Friedrich III. war bekanntlich so vermögenslos, dass er mehrfach die Kronschätze verpfänden musste.
Die wichtigsten Geschäfte machten die Fugger nach 1487 mit dem Habsburger Herzog von Tirol, der Sigismund"der Münzreiche" genannt wurde, weil in seinem Gebiet die großen Silbervorkommen lagen. Sigismund prägte als erster eine Silbermünze, die genau so viel wert war wie der Goldgulden. Die Münzen wog 31,2 g, woraus sich ein Verhältnis Silber zu Gold wie 8,8 zu 1 ergibt. Der Silberpreis war damals - siehe den vorzüglichen Vortrag von R.Deutsch - auf All-time-High (gemessen in Relation zu anderen Waren, logo).
Diese erste Schwermünze der Neuzeit war in Ochsenfurt und Friedrichroda ausgestellt, ansonsten siehe Gold/Gewalt-Vortrag mit Abbildung.
Die Münze zeigt Herzog Sigismund in voller Rüstung (Vorderseite) und als Ritter (Rückseite). Dazu die Jahreszahl 1486. Trotz seines vielen Silber war Sigismund immer in Geldnot und 1487 gaben die Fugger mit anderen Geschäftsleuten Sigismund ein Darlehen über 23.627 fl.. Als Sicherheit ließen sie sich die Silbergruben in Tirol, wozu außer Hall auch die Bergwerke von Schwaz, ebenfalls in der Nähe von Innsbruck, kamen, verpfänden.
Wie damals Bergbau betrieben wurde, zeigt das berühmte"Schwazer Bergbuch", eine Handschrift, von der ich beim nächsten Treff gern ein Faksimile zeigen kann.
Die Fugger gaben 1488 noch einmal ein Darlehen an Herzog Sigismund über 150.000 fl.. Diesmal wurde ihnen die Silberausbeute von Schwaz direkt übertragen. Das legte den Grundstock für ihre großen Geld- und Finanzgeschäfte.
Hall und Schwaz liegen übrigens in der Nähe von Oldys heiß geliebten (wenn auch immer wieder völlig fehl interpretierten) Wörgl, weshalb das Inntal als monetäres Wunderland bezeichnet werden kann.
Außer im Silber- waren die Fugger auch im Kupfergeschäft tätig. 1496 übertrug ihnen der neue Kaiser Maximilian I. (1493 - 1519) gegen ein Darlehen von 121.600 fl. die Ausbeute des Tiroler Kupfers. Zusammen mit anderen Kaufleuten versuchten die Fugger den Preis für Kupfer künstlich hochzuhalten. Solche Vereinbarungen nennt man ein"Kartell". Das ist ähnlich wie heute noch die OPEC für Erdöl. In Deutschland sind Kartelle streng verboten. Die OPEC ist erlaubt, was ein krasser Fall von Rechtsbeugung ist, erklärbar als Ausfluss der allgemeinen Pest der sog."staatlichen Souveränität".
Die Kartelle der Fugger scheiterten zwar regelmäßig, weil immer wieder ein Anbieter doch heimlich billiger als zum Kartell-Preis zu verkaufen versuchte. Aber die Vereinbarungen wurden im Volk bekannt und viele Schriftsteller wandten sich in harten Worten gegen diese Absprachen. Die Kaufleute hießen"Monopoli" (aus dem Griechischen: monos = allein, polein = verkaufen).
Der Nürnberger Schumacher und Poet Hans Sachs nannte den dahinter steckenden Eigennutz"das gräulich, tückisch, geizig Tier", der Straßburger Prediger Geiler von Kayserberg nannte diese Art, die Preise künstlich hoch zu halte,"dem gemeinen Nutz schädlich. Sie nimmt dem Markt die Freiheit."
Kapitalismuskritik ist also ein bestens eingefahrenes Gleis. Der französische Sozialist Proudhon, dem der"Freiwirt" Silvio Gesell sein Hauptwerk gewidmet hat, forderte bekanntlich, dass Kaufleute ohne Gewinnspanne arbeiten sollten (ganz abgesehen davon, dass er Eigentum auch noch als"Diebstahl" ansah).
Die wichtigste Schrift gegen die großen Kaufleute, von denen die Fugger die größten waren, stammt allerdings von Martin Luther. Er veröffentlichte 1524 sein Buch"Von Kaufhandlung und Wucher", in dem er scharf mit den Kaufleuten ins Gericht geht, die immer"zum Monopolio" kommen. Luther wörtlich:
"Diese Leute sind nicht wert, dass sie Menschen heißen oder unter Leuten wohnen." (im Original: Blatt C II).
Himmler & Co. hätten es wahrlich nicht trefflicher formulieren können.
Luther war bekanntlich auch ein extremer Judenhasser, Details wurden hier schon ausführlich gepostet: Er schlug vor, die Juden zu erschlagen ("wie es Moses that in der Wüste"), junge Juden und Jüdinnen zur Zwangsarbeit zu verschleppen und die Synagogen und Bethäuser allesamt zu verbrennen.
Ein Vorgriff auf die Reichspogromnacht und anderes mehr, der schaudern lässt.
Versuche protestantischer Kreise, Luthers Judenhass etwas zu relativieren, sind ein plumper Versuch, da Luther Juden bestens kannte und sich jeden Tag mit ihnen in Wittenberg unterhalten konnte, das allein drei große Judenviertel hatte. Schon damals hat also nicht funktioniert, was heute so schön "Dialog der Kulturen" heißt.
Die Worte Monopolist, Ausbeuter und Fugger wurden schnell gleichbedeutend. Luther schrieb:
"Zum Zeugnis, dass Gott wohlfeiler gibt und freundlicher borget, denn die Fucker und Händler auf Erden tun";"hier müsste man wahrlich auch den Fuckern und der geistlichen Gesellschaft einen Zaum ins Maul leben."
Zum Judenhass gesellen sich also Hass auf Geschäftsleute,"Kapitalisten" und den geistlichen Stand, was wir heute ebenfalls wieder beobachten können.
Es kam schließlich zu Gesetzen des Reichs gegen die Monopole (1512 und 1523) und auch zu einem förmlichen Prozess gegen die Kaufleute vor dem Reichstag, zum sog."Monopolienstreit" (Bill Gates & Microsoft sind mitnichten Nova der Geschichte!), doch hatten die Kaiser (ab 1519 Karl V.) kein Interesse daran, ihre Financiers zu schädigen. Die Prozessakten verschwanden und sind bis heute unauffindbar.
Diese Vorgänge sind ein Leckerbissen für Verschwörungstheoretiker, auf den sie bisher allerdings noch nicht gekommen sind.
Die römisch-deutschen Kaiser, die selbst keine eigenen Steuereinnahmen hatten, benötigten Geld außer für ihre Kriege vor allem zum Ämterkauf. Dabei sind zwei Vorfälle wichtig:
a) 1511 wollte Kaiser Maximilian Papst werden und bot den Fuggern 100.000 Dukaten (Goldstücke, die etwas wertvoller waren als die Goldgulden) allein an Zinsen für das Geld, mit dem er die wahlberechtigten Kardinäle bestechen wollte und das die Bank der Fugger in Rom vorstrecken sollte.
Die Fugger hatten eine Bank in Rom, weil sie für die Auszahlung des"Peterspfennigs", mit dem die neue große Kirche der Christenheit gebaut werden wollte (heutiger Petersdom) und der vor allem in Deutschland über Ablasshandel (Tetzel usw.) eingetrieben wurde, zuständig waren. Das Papstprojekt Maximilians scheiterte allerdings. Kaiser Maximilian starb als bettelarmer Mann. Jakob Fugger lieh ihm 1518 noch 3000 fl. in zwei Raten, weil Seine Majestät buchstäblich, so die Quellen,"nichts zu essen" hatte.
b) 1519 wollte sich Karl von Spanien zum Römischen König wählen lassen. Dazu musste er die wahlberechtigten Kurfürsten bestechen, die ihren"Kurs" immer höher trieben, weil auch der König von Frankreich die deutsche Krone haben wollte. So kostet die deutsche Krone schließlich 850.000 fl., wovon die Fugger allein 543.000 fl. beschafften, die Welser 143.000 fl., die Genueser und Florentiner zusammen 165.000 fl.
Heute - in der"Demokratie" - werden nicht mehr die Kurfürsten bestochen (Kur = Wahl), sondern die Wähler direkt: Dies obendrein mit ihrem eigenen Geld - eine grandiose Variante.
Die Welser, das am Rande bemerkt (und schon gepostet), gingen 1619 mit einer uneinbringlichen Aktivseite bankrott: sie bestand fast nur aus Forderungen gegen staatliche Herrschaften, voran gegen den Kaiser selbst.
Als Karl V. mit der Rückzahlung der Bestechungsgelder zögerte, schrieb ihm Jakob Fugger einen interessanten Brief:
"Es ist auch bekannt und liegt am Tage, dass Eure kaiserliche Majestät die Römische Krone ohne meine Hilfe nicht hätte erlangen können... So habe ich auch hierin auf meinen eigenen Nutzen nicht gesehen. Denn wenn ich hätte vom Hause Ã-sterreich abstehen und Frankreich fördern wollten, so hätte ich viel Geld und Gut erlangt, wie mir denn solches auch angeboten worden ist. Welcher Nachteil aber hieraus Eurer kaiserlichen Majestät und dem Hause Ã-sterreich erwachsen wäre, das haben Eure Majestät aus hohem Verstanden wohl zu erwägen."
Immerhin wurde die Schuld bis 1530 bis auf 112.200 fl. zurück gezahlt.
Die Geldbedürfnisse der Krone stiegen aber unvermindert weiter und das alte Modell, Kredit gegen Verpfändung zu vergeben, blieb bestehen. 1524 pachteten die Fugger die Einkünfte des Kaiser aus drei Ritterorden, es war die Pacht der"Maestrazgos", dazu kamen dann die Ausbeuten von Quecksilber- und von Silberminen in Spanien.
Immerhin waren die Forderungen gegen die staatlichen Instanzen damals noch dinglich besichert - im Gegensatz zu heute.
Am 30. Januar 1526 starb Jakob Fugger. Er hatte keine Kinder. Das Vermögen seines Hauses war schon 1511 auf netto 196.791 fl. angewachsen. Da er über mehr Geld verfügte als sein Haus selbst an Kapital besaß, wie wir gesehen hatten, musste er sich dieses seinerseits beschaffen. Er betrieb also ein Geschäft wie eine Bank, die Geld hereinnimmt und ausleiht.
Dieses Geld wurde aber nicht (!) via"Ersparnisse" beschafft, etwa von Kunden, sondern über Fugger'sche Papiere (ähnlich wie Wechsel), mit denen von Termin zu Termin geritten wurde, und die, da sie immer wieder prolongiert wurden, Kurs hielten.
Der Wechselzins (= Diskont) war auch kein"Einlagenzins", den es, wie gepostet, erst ab Mitte des 17. Jh. in Ansätzen gegeben hatte. Der Wechselzins ergab sich aus einem Zeit- und einem Raumfaktor, die beide überbrückt wurden (siehe dazu entsprechende, lehrreiche Diskussionen über Zinsentstehung in der Real-Enzyklopädie).
Die nächste Aufstellung der Fugger ist aus dem Jahr 1527. Danach war das Vermögen auf 2.032.652 fl. angewachsen. In den 17 Jahren seines Wirkens hatte Jakob Fugger einen Gewinn von 927 % gemacht, im Jahresdurchschnitt 54,5 %.
Solche Margen sind im normalen Geschäft ganz unmöglich; sie entstanden ausschließlich aus Kreditgeschäften mit diversen Kronen (Staaten), woraus sich nebenbei ergibt, dass der in der Geschichte immer wieder beobachtete hohe Zinssatz nichts anderes war als ein Vorgriff kriegsführender Potentaten auf entsprechende Beuten.
Heute sind es Vorgriffe auf künftige Enteignungen (= Steuern) der Bürger selbst, die nur den Nachteil haben, niemals einkommen zu können.
Jakob II. war ein frommer Mann und stiftete in Augsburg eine Siedlung für Arme, die"Fuggerei", in der Menschen in Not für eine geringe Jahresmiete von einem Gulden leben durften. Insgesamt hatte die Stiftung ein Vermögen von 11.450 fl.
Nach seinem Tod übernahm der 32jährige Neffe Anton die Geschäfte. Über ihren Stand gibt eine Bilanz aus dem Jahr 1527 Auskunft.
Danach besaßen die Fugger ein Vermögen von rund 3 Millionen fl., darunter:
- Bergwerke und Bergwerksanteile 270.000
- Sonstige Immobilien 150.000
- Waren 380.000
- Bargeld 50.000
- Außenstände 1.650.000
- Konten der Inhaber 430.000
- Sonstiges 70.000
Die Außenstände (mehr als 50 % der Bilanz) waren im wesentlichen Staatskredite.
Es begann eine längere Friedensperiode und der Kaiser adelte die Fugger 1530. Sie zogen sich aus Augsburg aufs Land zurück und erwarben kleinere Herr- und Grafschaften. Die Familienzweige leben bis heute dort, z.B. der Familienzweig Fugger-Babenhausen oder Fugger-Glött. In Augsburg unterhalten sie bis heute die Fuggerbank.
Das Vermögen vermehrte sich nur noch mäßig. 1536 lag es bei 3,8 Millionen Gulden. Auch die Gewinn wurden niedriger. Zwischen 1539 und 1547 verdienten sie"nur" noch 19 % pro Jahr. Die Bilanz von 1547 ergab ein Vermögen von 5,1 Millionen fl. Es war das größte Vermögen, das die Fugger jemals hatten.
Umgerechnet (ca. 180 Mio Euro) wurde das Vermögen fast 300 Jahre lang, bis zur Industriellen Revolution, von keinem anderen Vermögen der Welt mehr erreicht. Die nächsten großen Vermögen entstanden dann in England, Deutschland und Amerika (Krupp, Siemens, Astor, Vanderbilt, Rockefeller, usw.)
Erst 1546, als der Schmalkaldische Krieg des Kaisers gegen die Protestanten begann, begann wieder das alte Spiel. Die Fugger sollten Geld vorstrecken. Sie hatten aber wenig Lust dazu, sondern wollten ihren Reichtum in Frieden genießen. Es gab Pläne, die Geschäfte überhaupt aufzugeben. Doch noch einmal sollten die Fugger die Krone finanzieren. Anton Fugger weigerte sich und schrieb in einem Brief:
"Ist fürwahr der kaiserlichen Majestät großer Schaden, dass sie will Krieg führen und das Geld auf Finanz aufnehmen; es sollte diesen großen Herren billig die Lust zum Kriegen vergehen."
Verschwörungsfreaks, die in der Neuzeit, vor allem zwischen WKI und WKII eine Kriegstreiberei der großen Kapitals vermuten, können sich aus den Fugger'schen Unterlagen leider nicht bedienen.
Die Fugger hatten ihr Geld vor allem an der Börse von Antwerpen angelegt. Dabei hatten sie übersehen, dass sich die Krone nicht mehr direkt bei den Handelshäusern finanzierte, sondern auch dem Umweg über die Börse. So war nicht zu erkennen, wer sich das viele Geld wirklich geliehen hatte. Es waren praktisch alle kriegführenden Mächte.
Dies ist die Geburtsstunde des heutigen Staatskredits. Als die Papiere unter der Last des Angebots zusammensackten, schrieb Anton Fugger:
"Der Debitoren sind so viel, dass einem könnt' grausen."
1557 erklärten die beiden größten Mächte der Zeit, Spanien und Frankreich prompt Staatsbankrott. Die Wertpapiere an den Börsen fielen ins Bodenlose. Die Fugger verloren mehr als die Hälfte ihres Vermögens und entkamen dem eigenen Bankrott nur knapp.
Dort wo in Antwerpen der Börsenhandel betrieben wurde, wuchs wenig später Gras. Die Stadt verschwand von der finanziellen Landkarte.
In ihrer Bilanz von 1563 hatten sie als größten Posten 4,44 Millionen fl. Forderungen an König Philipp von Spanien stehen. Ihr Gesellschaftskapital betrug nur 2 Millionen fl. Von den 4,44 Millionen waren 1650 immer noch 615.600 fl. offen.
Danach betrieben die Fugger nur noch kleinere internationale Bankgeschäfte.
Ihre Geschichte resümiert Richard Ehrenberg in seinem großen Buch"Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital und Creditverkehr im 16. Jahrhundert," Neudruck 1912:
"Der Gesamtverlust, den die Fugger auf ihre Forderungen an die Habsburger bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts erlitten, ist mit acht Millionen Gulden gewiss nicht zu hoch beziffert. Man wird kaum fehlgehen, wenn man annimmt, dass der größte Teil dessen, was die Fugger in hundertjähriger Arbeit verdient hatten, auf solche Weise wieder verloren ging" (...)
Caveant emptores! Es bleibt unverständlich, wieso ein Mensch, der bei Verstand ist, heute noch Geld den öffentlichen Händen vorstrecken kann. Er wird selbstverständlich am Ende mit leeren Händen da stehen, egal ob die Staaten den deflationären oder den hyperinflationären Ausgang wählen.
Ehrenberg weiter:"Was übrig blieb war im wesentlichen gewiss nur ein durch den (30jährigen) Krieg furchtbar verwüsteter und wohl auch hoch belasteter Grundbesitz..."
Die Fugger waren vor 450 Jahren die Reichsten der Welt. Das Vermögen der noch lebenden Fugger-Familien heute dürfte mit höchstens 20 Millionen Euro beziffert werden.
Das ist weniger als 0,01 Promille, das die reichsten Familien der Welt, die heute leben, an Vermögen haben.
Was lehrt: Reichtum ist stets nur eine ephemere Erscheinung, jedenfalls sub specie Weltgeschichte. Der Neid auf Leute, die es - vorübergehend! - zu etwas"gebracht" haben, ist eine recht zwecklose Neigung. Das meiste Geld wird mit dem Staat verdient. Hohe Zinsen (und/oder Gewinne) sind ausschließlich staatlichen Übungen zu verdanken. Alle Staaten werden über kurz oder lang den breit gepflasterten Weg des Bankrotts gehen.
Wer die Geschichte kennt, kann in ihr lesen wie in einem offenen Buch. Nur zu!
Was allein ungewiss bleibt, sind die Zeitpunkte und -abschnitte des immer gleichen Ablaufs.
Aber gewitzt wie wir hier nun Mal dank des geballten Sachverstandes sind, werden wir auch dieses Problem zu meistern wissen. Genau wie dieses Forum schon zwei Ãœbungsteile bestens gemeistert hat:
- den Abbruch der Mega-Manie an den Aktienmärkten, die"neuen" Märkte voran
- und den Beginn der weltweiten Rezession.
Alles hier - siehe JüKüs geduldig gebrachte Hinweise - lange vor Eintritt in breiter und leicht nachvollziehbarer Form präsentiert.
Weiterhin viel Glück und Erfolg in Diskussionen und Tradings!
d.
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