- Zinsentstehung nach baissier (andere Ansicht): - netrader, 28.06.2002, 22:07
- Re: produktiver Kredit und unproduktiver Kredit - Wal Buchenberg, 29.06.2002, 12:16
- Zinsentstehung, Re: produktiver Kredit und unproduktiver Kredit - netrader, 29.06.2002, 18:07
- Baissier betr. Zinsentstehung - netrader, 29.06.2002, 20:52
- Re: Teil I - dottore, 30.06.2002, 22:17
- Re: Teil I - Ein ganz herzliches WILLKOMMEN! Es fehlte was! - Popeye, 30.06.2002, 22:26
- Re: Teil I - Ein ganz herzliches WILLKOMMEN! / Und ein Dauer-Ehren-Abo... - JÜKÜ, 30.06.2002, 22:41
- Re: ich freue mich, daß Du wieder da bist (wurde auch Zeit!) ;-) Du fehltest (owT) - Baldur der Ketzer, 30.06.2002, 23:20
- Re: ooops, *freu* - Cosa, 01.07.2002, 08:49
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- Re: Teil I - Ein ganz herzliches WILLKOMMEN! Es fehlte was! - Popeye, 30.06.2002, 22:26
- Re: Teil II - dottore, 30.06.2002, 22:20
- Re: Teil I - dottore, 30.06.2002, 22:17
- Re: produktiver Kredit und unproduktiver Kredit - Wal Buchenberg, 29.06.2002, 12:16
Zinsentstehung nach baissier (andere Ansicht):
Zinsentstehung nach baissier (andere Ansicht):
(s. unten, aus dem Systemfehler-Forum)
Mir kommt der ganze Ansatz Baissiers reichlich zwangsneurotisch vor.
Laesst sich Zins nicht einfach aus dem Grundgedanken der Früchteteilung herleiten? Wer einem anderen Land überläßt, erwartet etwas von den Feldfrüchten (zB als Alter, der nicht mehr selbst arbeiten kann). Gleiches gilt bei Nutzungsüberlassung von Booten oder Netzen zum Fischfang,"Ausleihen" von trächtigem Vieh,"Nutzungsüberlassung" von Soldaten im Krieg ("Beute","Sklaven") und - besonders wichtig - Nutzungsüberlassung der eigenen Arbeitskraft.
Gerade der letzte Ansatz erscheint mir vom Standpunkt des Gesellschaftsrechts interessant und wird im Zusammenhang mit dem Zins zu wenig gewürdigt. Man geht bei unternehmerischen Einkommen - wohl seit unvordenklichen Zeiten - davon aus, daß Jahresrenditen von 12-15 Prozent erzielbar sind. Gehen zwei gleichbegabte Gesellschafter (zB OHG aus Techniker und Kaufmann, im alten Rom Reeder und Kaufmann/Finanzier) also ihren Geschäften nach, teilen sie sich den Gewinn zu je 1/2. Gewinnt einer von beiden den Eindruck, der Tüchtigere zu sein, wird er den anderen aus den Geschäften drängen und mit weniger als dem halben Gewinn abspeisen (als"Kommanditist", stiller Gesellschafter) und in letzter Konsequenz mit einem Fixum (Gehalt für Arbeitskraft, Zins für Geldbeteiligungen). Von daher auch der interessante Gedanke des alten §247 BGB, dem Schuldner bei mehr als 7% Zins p.a. ein Sonderkündigungsrecht zu geben. Wer auch mit unternehmerischer Tätigkeit selbst höchstens 12-15% schaffen kann, soll einem bloßen Geldgeber nicht mehr als die Hälfte abgeben müssen, eigentlich doch ganz o.K.
Den Staat"baissiers" kann ich beispielsweise bei der Entstehung des altrömischen Wirtschaftssystems nicht entdecken. Hier waren die Wirtschaftsträger (Großbauern etc.) selbst der Staat und wählten sich jährlich die Funktionsträger neu. Dennoch gab es selbstverständlich Früchteteilung zwischen Substanzinhabern und Nutzern (usufructus u.a.). Das ganze scheint mir wenig aufregend.
Natürlich ist der autoritäre Staat (auch in seinen massendemokratischen Varianten) ein zinstreibender Sonderfaktor, da er sein Geld nicht durch riskante Unternehmungen reinzuholt (Sonderfälle wie Pizarro, Francis Drake u.a. ausgenommen), sondern auf Zwangsmittel (Abgaben, Finanzbeamte) zurückgreifen kann. Und selbstverständlich fördert der Staat auch den privaten Kredit, weil er dem Gläubiger mit Hilfe des Privatrechts Zwangsmittel wie Schuldknechtschaft, Zwangsvollstreckung und Pfandverwertung an die Hand gibt.
Dies alles hat mit dem Grundgedanken der Zinsentstehnung jedoch wenig zu tun. Zinsen rechtfertigen sich zwanglos aus dem Gedanken der Früchteteilung bei gemeinsamen Unternehmungen durch gemeinsamen Einsatz von Produktivmitteln. IMHO kommt läßt sich damit die Entstehung von Zins-/Geldgeschäften in einem zunächst rein landwirtschaftlich orientierten Gemeinwirtschaftssystem, das sich zum überörtlichen Handel hin entwickelt, eher begründen.
Zu allem, was der Staatskredit daraus macht, hat dottore völlig recht.
Gruesse
netrader
Geschrieben von Baissier am 28. Juni 2002 18:24:19 im systemfehler-forum:
Verehrte Corona, lieber Herr Dimi,
bevor wir uns endgültig verzetteln und immer neue Zwei-Personen-Stücke mit wechselnder Besetzung, genannt threads, aufführen, möchte ich die Sache mit dem Zins auf den Punkt bringen, der mein Punkt wäre:
In der Zinseszinsdebatte hatte Dimi immer wieder gefragt, wie oder womit der Gläubiger den Schuldner zwingen kann?
Dies ist für mich die entscheidende Frage. Aber nicht nur bezogen auf den Zinseszins, der bereits Zins voraussetzt, sondern allgemein:
Wie kann der Gläubiger den Schuldner zwingen, sich überhaupt zu verschulden? Und wie kann der Schuldner den Gläubiger zwingen, ihm überhaupt etwas zu leihen?
Der Zinseszins ist nur ein Derivat des Zinses. Von was ist dann der Zins ein Derivat?
Wenn es keinen Zwang zum Zinseszins gibt, kann es auch keinen zum Zins geben.
Zu untersuchen ist also das Phänomen"Zwang". Dass dieses Macht und Herrschaft voraussetzt, kann nicht bestritten werden. Es ist auch historisch einwandfrei belegt.
Jetzt nehmen wir zunächst die Macht & Herrschaft weg. Alle Personen, die diese ausüben, verschwinden in der Versenkung bzw. sind noch gar nicht da.
Was wäre dann Zwang?
Man könnte mit der sattsam bekannten"Notlage" kontern. Die ist in der Tat ein Zwang (Alternative: Untergang), aber dieser Zwang kann der in Not befindliche nur gegenüber sich selbst ausüben oder gegenüber einer minimalen Schar von anderen (Familie usw.). Dabei spielen Herkommen, Verpflichtungsgefühl, Mitleid, usw. eine Rolle. Aber ein dann aus dem Zwang Helfender verlangt keinen Zins.
Von anderen, dem in Notlage befindlichen"entfernten" Personen hat er nichts zu erwarten, vor allem kann er sie nicht zwingen, ihm zu helfen. Das Bieten eines Mehr (Zins) ist kein Zwangsmittel.
Außerdem ist der in Not Befindliche per definitionem jemand, der nicht"kreditwürdig" ist. Die Garantie dafür, dass er sich selbst aus der Notlage befreit (z.B. der Faule wird auf einmal fleißig) ist nicht existent.
Auch wenn man mit dem Konstrukt einer Risikoprämie arbeitet, hilft das nicht wirklich. Denn je tiefer jemand in Not steckt, desto riskanter ist er als Schuldner, desto höher müsste die Risikoprämie sein. Je höher aber die Risikoprämie, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner diese überhaupt stemmen kann.
Man könnte mit dem"Überschuss" kommen, den ein Gläubiger schon mal"auf Vorrat" angehäuft hat für den Fall, dass ein Schuldner in spe vorbeischaut. Das ist schwer vorstellbar. Denn kommt kein Schuldner, der wiederum in"Not" sein müsste (dann siehe oben), kann der auf Ausleihe wartende Gläubiger sein Leihgut vergessen. Er kann es bestenfalls, da es"Vorarbeit" ist, dann selbst verkonsumieren. Das macht er höchstens ein Mal. Danach stellt er die zusätzliche Arbeit wieder ein.
Jemand zur Abnahme des zusätzlich Produzierten (oder vollstreckbare Ansprüche darauf) zu zwingen, ihn also zum Schuldner zu"machen", ist nicht möglich. Siehe Dimis Worte.
Aus"normalen" und mit den üblichen Lebensrisiken behafteten, macht- und herrschaftslosen Situationen heraus kann sich kein Kredit bzw. keine Schuld entwickelt haben.
Sobald wir Zwangssysteme, also Macht und Herrschaft haben, verändert sich die Situation grundlegend.
Die Macht schafft den Schuldner, nämlich den Abgabenschuldner. Sie zwingt ihn auf die Bühne. Nur die Abgabe kann der erste"Zins" gewesen sein. Dafür spricht alles, angefangen bei den Wortbedeutungen (census usw.)
Die Form in welcher der"Zins" entrichtet werden muss, ist das"Geld". Seine Geltung bezieht sich zunächst auf das, in dem die Abgabe eingetrieben werden kann, wofür auch die überall zu beobachtende Wort-Identität von Zins, Geld und Abgaben spricht. Das Geld, das die Abgabe darstellt, erhält eine allgemeine"Gültigkeit" (ebenfalls von"gelten"), weil die Abgaben immer zu leisten sind. Jedenfalls so lange die Macht den Abgabenzwang ausüben kann.
Wird die Macht gestürzt, ergibt sich zwar zunächst eine Erleichterung, die Abgaben werden gewöhnlich gesenkt: Revolution, Bauernbefreiung, Neustart mit niedrigeren Steuern, usw. - es gibt zahllose Beispiele, bis zurück in die frühesten Quellen, die uns zur Verfügung stehen.
Doch Macht und Herrschaft bleiben. Und es geht wieder los im selben Gleis: Die Abgabenlast steigt und steigt. Es gibt keinen Staat, der die Abgabenlast nicht permanent gesteigert hätte, selbst im aktuellen Demokratie-Zeitalter nicht. Die Vertagung der Abgabenbelastung über Renten- oder Staatsschuldenrückzahlungs-Versprechen ist nur ein Trick, wie jeder sofort durchschaut. Die Staats- und Rentenschulden laufen, da"off the balance sheet" (der Staat hat keine konsolidierte Bilanz) mit exponentieller Funktion in die Höhe.
Nun der entscheidende Punkt: Wie kommt es in dem Zwangssystem von Macht und Herrschaft mit Zins = Abgabe sowie Geld = Abgabengut zu privaten Kreditabläufen?
Die eine Möglichkeit wurde bereits diskutiert: Der Abgabenverpflichtete ist zwar nicht in eigener existentieller Not (siehe oben). Er ist nur der Not, das - stets zu feststehenden Terminen - abzuliefernde Abgabengut nicht zur Verfügung zu haben bzw. er konnte es sich nicht rechtzeitig beschaffen. Da er aber über Güter verfügt (Eigentum an Sachen und Menschen, inkl. der Familienmitglieder) kann er diese Güter als Pfand anbieten.
Damit hat der Gläubiger kein Problem. Denn platzt der Kredit, entschädigt er sich aus dem Pfand, das dann in sein Eigentum übergeht - als Ersatz für das was er verliehen hat. Der Rest ist Verhandlungssache (Höhe oder Umfang des Pfandes, usw.). Der Kredit kann zinsfrei gegeben werden, sofern es sich um ertragbringende Sachen handelt. Dann bedient sich der Pfand-Inhaber aus den Erträgen des Pfandes.
Da das Pfand selbst Risiken hat (Tod, Missernten, Preisverfall der Erträge) könnte dieser mögliche Verlust vorab ausgeschlossen werden, indem ein Zins vereinbart wird, der den"Pfänder-Zins" absichert bzw. auf konstanter Höhe hält.
Höhe, Form, Gestalt, Umfang oder"Kurs" der Abgaben selbst liegen eisern fast. Wie sich die Abgaben, die logischerweise auch außerhalb der Linie Abgabenverpflichteter -> Herrschaft existieren, untereinander mengen- und preismäßig entwickeln, ist nicht vorherzusagen. Der Herrscher wird natürlich versuchen, ein möglichst schwankungsimmunes Abgabengut abzufordern, und findet schließlich das für ihn und seine Zwecke (Machterhalt, Machtmaximierung)"ideale Geld". Dabei bieten sich vergänglichkeits-immune Güter an, was für Edelmetalle ganz besonders gilt. Auch absatzmengen-immune Güter sind zu nennen (Salz, Tabak). Und anderes mehr.
Außerdem muss die Macht das Geld möglichst monopolisieren (es sei denn es ist ohnehin stets äußerst knapp), um gegen unliebsame Überraschungen gefeit zu sein. Je wohlfeiler das Abgabengut aufgrund seiner Mengenvermehrung wird, desto schneller kommt die Macht in Gefahr. Der Tyrannensturz in Athen wird in Verbindung mit den neu entdeckten Silberminen in Laurion gesehen, deren plötzlich einsetzender immenser Output und damit einhergehender Preisverfall des Silbers der Macht den Boden entzog. Interessanterweise ist das Zeitalter des antiken Tyrannensturzes (mehr als 30 sind allein in Griechenland nachzuweisen) just das Zeitalter, in dem die massiven Ausmünzungen starten.
Die Tyrannen hatten eben Pech. Kaum waren sie auf Edelmetall als Abgaben- und (über die Ausgaben) als Machterhaltungsmittel gestoßen, prasselte ein riesiger"Bergsegen" alias"Geldregen" hernieder, der das Metall entwertete. Aus der Sicht der Abgabenschuldner völlig einleuchtend: Wenn heute die Möglichkeit bestünde, das Geld, das für Steuerzahlungen zwangsweise benötigt wird, durch Einrichtung einer privaten Sicherheitsdruckerei zu beschaffen, die nur ihre Kosten ersetzt haben wollte, wäre diese Druckerei in wenigen Tagen erbaut. Dies nur als eins von vielen möglichen Beispielen.
Die zweite Möglichkeit ist diese: Als Schuldner tritt nicht ein Privater auf, wie eben, sondern die Herrschaft selbst. Die Macht zieht also nicht nur die laufenden Abgaben ein, sondern sie zieht Wechsel auf künftige Abgaben.
Einzig die Macht hat die Möglichkeit, aus der Rolle des Gläubigers in jene des Schuldners zu schlüpfen, ohne dabei der Rolle des Gläubigers verlustig zu gehen.
Dies empfiehlt sich vor allem in jenen Fällen, die auch Dimi gern anführt, wo die Abgaben-Höhe eine kritische Grenze erreicht hat. Würde die Schraube weiter angezogen, käme es zu Umsturz, Häuptlingsmord o.ä., was die Mächtigen nur allzu gern vermeiden wollen.
Die Eleganz dieses Mittels, Macht durch Ausgaben weiterhin sichern und sogar erweitern zu können, ohne bei den Einnahmen auf den bekannten Widerstand zu stoßen, der sich bei zu hohen Zwangsabgaben automatisch einstellt, ist in der tradierten Geschichte ebenfalls im Übermaß belegt und bis heute zur Vollendung getrieben.
Die bereits von Knudsen erwähnten Schulden Alexanders gehören genau so hierher wie die ebenfalls schon erwähnten Zwangsanleihen, die es schon in der Anfangszeit Venedigs gegeben hatte. Dimi mögen diese Beispiele nicht behagen, weil sie relativ"spät" sind. Dennoch sind sie äußerst instruktiv, da sie eine gute Grundlage bieten, um den fast beispiellosen Aufstieg dieser Mächte zu erklären. Sobald der Staat die ersten Kredittitel schafft, sind sie nämlich handelbar, d.h. die Forderungen können zediert werden und haben also einen Kurs.
Und jetzt kommt etwas ganz Entscheidendes:
Selbst wenn die Anleihen der Macht, deren Existenz ganz außer Frage steht, zunächst zum Nullzins ausgegeben worden wären, erhalten sie schlagartig einen Zins, sobald sich der Kurs verändert. Denn jede Kursveränderung bedeutet eine Renditeveränderung. Der Kurs der venezianischen Anleihen notiert 1350 bei pari (100) und fiel dann in Schüben, bis sie um 1500 unter 5 Prozent notierten.
Der Kurs verfiel nun nicht mal eben so. Sondern er fiel, weil die Zahlungen Venedigs auf die Anleihen immer spärlicher bzw. immer später erfolgten. Dies wiederum, weil die zur Bedienung der Anleihen erforderlichen Abgaben als Einnahmen nicht ausreichten und die Abgaben aus den bekannten Gründen (Machterhalt vs. Umsturzgefahr) nicht höher geschraubt werden konnten.
Damit wäre die Zinserklärung komplett.
Wir beginnen mit der Zwangsabgabe zum Zweck des Machterhalts. Die Zwangsabgabe reicht nicht aus, da scharfe Konkurrenz der regionalen Machthaber untereinander, allenthalben Expansionsgelüste, Macht von außen und von innen in dauernder Gefahr, von außen durch Krieg, von innen durch Umsturz. Die Machthaber müssen auf künftige Zwangsabgaben ziehen. Dadurch gehen die Erträge späterer Zwangsabgaben indirekt (oft sogar unter Verpfändung von Gütern der Machtinhaber - Land, Bergwerke bis hin zu Kronjuwelen) auf Gläubiger über, ohne dass die Macht ihre Gläubigerrolle verliert.
Der Unterschied: Der private Gläubiger der Macht kann in diese nicht vollstrecken (Pfandeinbehalt als Quasi-Vollstreckung ausgenommen). Die Macht kann aber in die Privaten vollstrecken, indem sie die Zwangsabgaben mit Gewalt eintreibt.
Der Kurs der Titel der Gläubiger, wobei die Titel nur schlicht spätere Zahlungen bzw. Leistungen verbriefen, fällt, sobald diese Zahlungen verzögert werden, was über kurz oder lang automatisch eintritt, da die Zahlungen wiederum nur mit Hilfe von Einnahmen aus Abgaben erfolgen können. Der Fall der Titel ist immer ein Anstieg der Rendite, also des jeweils aktuellen Zinssatzes.
Selbst bei einem"Nullprozenter" (also keinerlei Zinssatz vorab vereinbart, weder verlangt noch geboten) beginnt der Zinssatz von Null aus über Null zu steigen. Er hängt ausschließlich von dem Verlauf der Auszahlungen ab. Je länger diese hinausgezögert werden, was parallel zu den nur mit Hilfe von Abgaben möglichen Tilgungen der Forderungen der Fall sein muss, desto höher steigt automatisch der Zinssatz.
Somit erklärt sich der Zins zum einen aus der jeweils aktuell zu leistenden Zwangsabgabe selbst (vom abgabenverpflichteten"Zinser" zu leisten) und zum zweiten aus der verzögerten Zwangsabgabe, die zur Rückzahlung von an die Macht vorgeschossenen Zwangsabgabenmittel an die"Untertanen" vorgesehen ist, die aber nicht zum jeweils aktuellen Zahlungszeitpunkt erfolgt.
Das logische Scharnier zwischen beiden, nämlich die Saldierung (Forderungen der Untertanen gegen die Macht vs. Forderungen der Macht gegen die Untertanen) konnte die Macht unschwer zerstören. Sie akzeptierte einfach die eigenen Titel nicht als Form der Abgabe, was schließlich in solchen Konstruktionen wie"staatlichen" Notenbanken enden musste. Die haben den Zweck, dem Staats-Gläubiger den Weg zu öffnen, sich dort das Abgabenmittel ("bares" oder"täglich fälliges Geld") zu beschaffen. Dies der Einfachheit halber gleich noch mit einer Notenbanksteuer belegt, dem sog. Zentralbank-"Zinssatz".
Die Vorstellung, alle Bürger würden ihre Steuern in Form des Einreichens von Staatspapieren entrichten, wäre der Horror für jeden Finanzminister. Selbst wenn alle seine Anleihen pari stünden, sind sie zu diesem Kurs nicht beim Finanzamt abzugeben. Der Steuerbürger muss den Umweg über den Markt gehen, wo er sich das gesetzliche Zahlungsmittel beschaffen muss, womit schließlich wieder die Staatsinkassostelle Notenbank im Hintergrund lauert, die ihre"Zinsertäge" (Klartext: ZB-Geld-Steuern) an die Macht, ihren Eigentümer, abzuführen hat.
Dass dies alles in noch größere Schieflage bringt, muss nicht mehr diskutiert werden.
Nehmen wir noch das Beispiel eines frühen Söldners, alias Soldaten (nicht Stammeskrieger). Alle Mächte der Antike haben damit gearbeitet, wie allgemein bekannt. Der Mann muss besoldet werden. Die Macht setzt ihn ein, um sich zu halten. Durch diesen Einsatz wird er auch zum Gläubiger gegenüber der Macht, die ihm den Sold schuldet. Er ist freilich nur indirekter Gläubiger, denn die Macht zahlt an den Truppenführer und nicht an den einzelnen. Diese Kriegs- bzw. Machterhalt- bzw. Machterweiterungsszenerie ist stehende Kulisse seit es zu"Großreichen" gekommen ist, die sich niemals als Stammes-Expansionen hätten konstruieren lassen.
Der Soldat kann seinen Anspruch auf Sold selbstverständlich abtreten, z.B. an einen Truppenführer, der ihn sofort bezahlt und sich seinerseits bei seinem Auftraggeber schadlos hält. Der Sold wird zwar nicht in voller Höhe bezahlt, aber er wird früher bezahlt. Die Differenz ist wiederum der Zins, bzw. bezogen auf die Auszahlung jetzt (Truppenführer an Soldaten) verglichen mit der Auszahlung später (Macht an Truppenführer) der Zinssatz, jeweils wiederum bezogen auf die Zeit. Eingeschlossen das bekannte"Risiko", das kein Wirtschafts-, sondern ein Machtrisiko ist.
Wir sehen also einen wunderschönen Kreislauf, der dort endet, wo er begonnen hat: bei der Macht und dem Zwang, den sie ausüben kann, um Abgaben zu kassieren.
Der Zins wurde geboren als Bastard aus der fatalen Ehe von Macht und Zwang. Heute ist er zum Monster geworden, das uns alle über kurz oder lang verschlingen wird. Der Monster-Spross Zinseszins kommt eigentlich nur noch on top.
Schönen Dank fürs Lesen und beste Grüße!
Baissier
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