- Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank - Student, 27.06.2007, 16:14
- Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank / Sacrafix - Student, 27.06.2007, 16:29
- s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 - Panzerknacker, 27.06.2007, 22:55
- Re: s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 - Holmes, 28.06.2007, 00:41
- Re: s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 - Student, 28.06.2007, 08:03
- Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank - dottore, 28.06.2007, 16:46
- Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank - prinz_eisenherz, 29.06.2007, 09:11
- Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank - Student, 29.06.2007, 09:54
Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank
-->Hi Student,
ganz vorzüglich - Danke! Einige Ergänzungen:
Nachdem wir uns von den Tauscherleichterungs-, Agents- und/oder Such- und Finde- sowie von Transaktionskostenminimierungstheorien verabschieden mussten, bleibt in der Tat die Gelderklärung, die immer auch eine Geldwerterklärung sein muss, aus der Abgabe übrig und dabei sind Termin und Sanktion die entscheidenden Größen, vgl. dazu auch hier.
Nun startet die Geldgeschichte nicht mit Schatzhäusern in dem Sinne, dass dort das Geforderte liegt und in irgendeinem Modus auch von dort beschafft werden kann (nicht zu verwechseln mit Vorratshäusern, Thesaurierung von Kult- oder Protzobjekten o.ä.), sondern mit Naturalabgaben bzw. persönlichen Leistungen. Von letzteren führt kein Weg zum Geld, da sie nicht standardisierbar sind.
Bei Naturalabgaben ist dies kein Problem: Bei Gerste finden wir einheitliche Körnergrößen - siehe Entstehung des Shekel-Standards (= 180 Körner = 1 Shekel). Bei anderen lassen sich verschiedene qualitative Standards setzen, bei denen auch quantitive Aspekte (relative Seltenheit) eine Rolle spielen. Das reicht von der Kauri-Muschel („Schönheit“) über Viehabgaben (z.B. 1-jähriges Schaf usw.) bis zu Metallabgaben in Gewicht (das oft schon diskutierte Cu-/Sn-Phänomen, das zum Quantensprung in der Waffentechnik führt = Bronze).
Diese Abgaben werden entweder aus Arbeit bzw. mittels Arbeitsderivaten produziert bzw. gewonnen, dies in unterschiedlichsten organisatorischen Varianten, zumeist Unterworfene als Gesamtschuldner. Freie Lohnarbeiter existieren (noch) nicht. Schatzhäuser, aus denen das Geforderte per Leihe oder sonstwie behoben werden könnte, sind selten bzw. entwickeln sich erst langsam, vgl. die Josefs-Legende (J. füllt die Schatzhäuser mittels einer Sonderabgabe = 20 % und „verkauft“ das Getreide anschließend als des Pharaos oberster Finanzverwalter) oder vgl. das Tempelbanksystem nach dem Übergang vom Natural-(Gerste-) zum Silberstandard. Die tendenzielle Unsicherheit bei Metallstandards versuchen die Mächtigen durch Monopolisierung (Bergregal) zu steuern. Die größte Schatzhausbehebung geschah entlang Alexanders Siegeszug, auch opulent die Jerusalemer Tempelplünderung durch die Römer und sonstige Tempelberaubungen in der gesamten Antike (Julius Caesar usw.). Die mittelalterlichen Raub- und Tributzüge (Danegeld etc.) können wir uns sparen.
Kommen wir zu den „modernen“ Notenbanken. Diese füllen zunächst ihr Schatzhaus mit einer physischen Sache (Metall als Abgabenäquivalent), die ihrerseits aber bereits im Schatzhaus endlich ist, was bei den zahlreichen „Zettelbank“-Konkursen ebenso offensichtlich wird wie auch bei der „vorübergehenden“ Sistierung ihrer Zahlungen (in specie) etwa bei der Bank of England und anderen. Der „Schatz“ ist also (noch nicht) das weiße Blatt, das gegen Metall disagiert oder abgewertet wird (siehe Wiener Banco). Der entsteht erst mit dem endgültigen Verlassen der Goldstandard-Reste eingangs der 1970er Jahre.
Da dieser Schatz tendenziell unendlich gestaltet werden kann, vorausgesetzt immer, seine Teile dienen der Ablösung öffentlich-rechtlicher bzw. davon abgeleiteter privater Schuldverhältnisse, wird er auf der einen Seite streng gehütet und auf deren anderen muss er endlich gehalten werden, sobald mittels ZB-Mechanismen auf ihn Rückgriff genommen wird bzw. werden muss (Termin, Sanktionsvermeidung). Aber wie?
Dazu dient ein Straf- bzw. Besteuerungs-Mechanismus, der sich aus dem Rediskont- bzw. Lombard-Mechanismus entwickelt hat (nicht diskontierte Wechsel nahm keine Notenbank herein und zum Lombard kamen nur beste Papiere infrage, also letztlich aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich, der seine Papiere durch sein Waffen- und Steuermonopol an der Spitze der Bonitätsskala halten kann).
Dieser Mechanismus (modern Repo-Verfahren o.ä.) mindert die Rendite der von den Geschäftspartnern (MFIs) der ZB, einschließlich der bekannten Abschläge (Sicherheitsmargen, Kurswerte), eingereichten Titel um den ZB-„Satz“. Liegt der Satz über den KM-Sätzen („inverse Zinskurve“) scheuen die Banken vor entsprechenden Geschäften zurück (Liquiditätsentzug), vor allem wenn es ihnen in immer geringerem Maße gelingt, die (evtl. negative) Marge an die Kundschaft weiterzureichen, die ihrerseits durch das Begehren nach „new credits“ den Entlehrungs- bzw. Wiederauffüllungs-Prozess des Schatzhauses steuern. Das Ganze bleibt ein Spiel über mehrere Banden, zumal wenn es Schatzhäuser gibt (Japan, carry trades etc.), die sich ihrer Schätze (bzw. der Derivate darauf, wie Guthaben aller Art) leichter entledigen lassen als andere.
Ein Schatzhaus, das mit einem Abgabengut („Geld“) gefüllt ist, bzw. wegen der geringen Herstellkosten dieses tendenziell ad libitum gefüllt werden kann, ist eine extrem heikle Sache und wird spätestens dann seinen großen Tag haben, wenn sich die systemimmanenten Schuldenpyramiden im öffentlichen und/oder privaten Sektor zur Seite neigen und der große „bail-out“ beginnt. D.h. sich die ZBs wohl oder übel mit jeder Summe bebuchen, alias ihre Aktivseite aufpumpen lassen müssen. Was dann mit den besagten weißen Blättern, auf ihrer Passivseite verbucht, passiert, darf sich jeder selbst ausmalen.
Nochmals Dank + Gruß!
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