- Fekete: The economic consequences of Mr. Greenspan - Ananda, 08.12.2001, 16:10
- Re: Fekete: The economic consequences / Das wird dauern, aber ich werde es lesen (owT) - JüKü, 08.12.2001, 16:12
- Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - André, 08.12.2001, 18:29
- Vielen Dank für die fundierte Antwort! oT (owT) - Ananda, 08.12.2001, 18:58
- @André: Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - riwe, 09.12.2001, 08:30
- Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - dottore, 09.12.2001, 12:41
- Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - riwe, 09.12.2001, 17:06
- Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - JüKü, 09.12.2001, 18:53
- Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei - riwe, 09.12.2001, 17:06
Re: economic consequences - Modell und Wirklichkeit sind zweierlei
Hi,
ich darf zu Andrés sehr feinen Ausführungen noch etwas ergänzen:
1. Der Zinssatz für Staatsanleihen (und nur um die geht es) steht bei angenommen 10 %. Das ist der Marktzins, der sich nur als Marktzins angeben lässt, wenn es gleich geratete Anleihen privater Emittenten gibt (z.B. AAA)
Nun kann der Staat seine Zinssätze für bestehende Anleihen per Gesetz herabsetzen (sog. Konversion). Das heißt, er bezahlt nur noch 5 % und lässt etwaige Coupons entsprechend umstempeln. Dann fällt natürlich der Kurs der Anleihen. Angenommen bei einer sehr langfristigen Anleihe (oder"ewigen Rente") auf Kurs 50, denn die 5 % auf 50 entsprechen dann wieder dem Marktzinssatz von 10 %.
Der Staat könnte jetzt die Anleihen zu 50 zurückkaufen. Da er aber dieses nur mit Hilfe der Aufnahme neuer Schulden machen kann, die wiederum nur einen 5 %-Coupon tragen können, trägt er die ursprüngliche Schuld, die zu 100 getilgt werden muss, nur vor. Mit dem Erlös aus dem Verkauf eines 5-Prozenters bei Marktzinssatz von 10 % kann ich am Markt nur 50 erlösen, was mir bei der letztlichen Tilgung der ursprünglichen Schuld zu pari (= 100) nicht ausreicht.
2. Geht der Marktzinssatz runter, weil der Kurs von Staatspapieren aufgrund von Käufen der Notenbank steigt und damit ihre Rendite sinkt (die maßgeblich ist für den Couponzinssatz für neu zu begebende Anleihen) hilft mir das auch nicht weiter, da die bei der Notenbank liegenden, mit höherem Coupon ausgestatteten Papiere bei Fälligkeit ebenfalls zu pari (= 100) zurückgezahlt werden müssen.
Durch den von Fekete angesprochenen "Staubsaugereffekt" tritt ein, dass sich das Publikum an den durch die Notenbank verursachten Kursanstieg dranhängt und diesen außerdem verstärkt. Das von der Notenbank durch Ankauf von Staatspapieren, die bisher im Publikum lagen, ans Publikum verabreichte Geld dient jetzt dazu, Staatspapiere zu kaufen (= Kursanstieg mitnehmen), womit das Geld letztlich wieder dort landet, wo es hergekommen ist: in der Notenbank, da der Staat an die Notenbank laufend Tilgungen leisten muss und die Notenbank bei ihr gelandetes Geld nicht"weitergeben" kann, sondern nur wieder neue Papiere kaufen kann, um das bei ihr gelandete Geld, das bei der Rückkehr in die Notenbank kein Geld mehr ist, sondern wertloses Papier, wieder"herzustellen".
Angenommen, die Notenbank würde alle Staatspapiere aufgekauft haben und zusätzliche Staatspapiere (Budget = ausgeglichen) erscheinen nicht mehr auf dem Markt, kann die Notenbank keinerlei"zusätzliches" Geld mehr schaffen. Dieses Problem hatte Greenspan schon voriges Jahr angesprochen, als er davon sprach, sich beim Kongress die Erlaubnis zu holen, auch andere Titel (Fannie Mae etc.) aufkaufen zu können, was ihm bisher versagt ist.
"Zusätzliches" Geld ist aber nötig, weil der Staat pro rata temporis tilgen muss und bis zur Letztfälligkeit aller Titel ununterbrochen Zinsen auflaufen, für deren Bezahlung (an die Notenbank) buchstäblich kein Geld mehr da ist, weil die Notenbank zwar die Titel aufkaufen (gegen Hergabe entsprechender ZB-Liquidität), aber nicht die vom Staat fälligen Zinszahlungen vorfinanzieren kann - es sei denn die Zinszahlungen werden mit Hilfe neu emittierter Staatspapiere bezahlt, die dann wieder an die Notenbank gehen können, was dann aber bedeutet, dass die Zinszahlungen auf die neuen Papiere wieder offen sind.
Angenommen die Staatsschulden wären getilgt oder überhaupt nicht vorhanden, wären Notenbanken, die Geld gegen Verpfändung von Staatspapieren ausgeben, von diesem Geschäft natürlich abgeschnitten.
Die Notenbanksysteme laufen daher allesamt darauf hinaus, dass die Staatsverschuldung ununterbrochen steigen muss, da nur neue Staatsschulden via Verpfändung und Liquiditätsbeschaffung durch die Notenbanken die Liquidität zur Verfügung stellen können, um die alten (zeitlich früheren) Staatsschulden bedienen zu können.
So muss es zu einer permanenten und sich beschleunigenden Liquiditätsbereitstellung kommen (vulgo: Anstieg der"Geldmenge"), die keinerlei Bezug mehr zu realwirtschaftlichen Effekten hat, sondern im Gegenteil einen sich verstärkenden deflatorischen Effekt haben muss, auf den André schon ausführlich hingewiesen hat.
3. Fekete hat auch auf das Gibson-Paradox hingewiesen, das hier schon mal diskutiert wurde.
Es besagt, dass es monetaristisch nicht zu erklären ist, warum Preise und Zinsen parallel steigen, da doch Preise nur steigen können, wenn sich die"Geldmenge" erhöht, eine gestiegene Geldmenge aber zu sinkenden Zinsen führen müsste, da doch die"Geldmenge" nur steigen kann, nachdem mehr Geld angeboten wurde, was nach den Regeln von Angebot und Nachfrage den"Preis" für Geld (Zins) aber senken muss.
Wie man sieht, klaffen also allseits große theoretische Löcher, die hier schon oft genug in-depth diskutiert wurden.
Festzuhalten bleibt: Das auf Staatspapieren basierende Kreditgeldsystem ist zwangsläufig deflatorisch, eine Selbststrangulationsanlage, aus der die Weltwirtschaft entweder als Leiche herauskommen wird oder nach längerer Leidenszeit mit Hilfe einer offenen (und vor allem auch offen erklärten) Hyperinflationierung als ein Zombie.
Gruß
d.
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