- Interessanter Link zur Schuldenpyramide... - JüKü, 24.04.2000, 23:05
- "Staatsschulden" - Bart, 25.04.2000, 11:38
- Re:"Staatsschulden" - Black Elk, 25.04.2000, 12:59
- Re:"Staatsschulden" - Bart, 25.04.2000, 13:30
- Re:"Staatsschulden" - dottore, 25.04.2000, 14:03
- Re:sehr verständlich... - Dieter, 25.04.2000, 14:29
- Re:sehr verständlich... - Oldy, 25.04.2000, 17:28
- Lob hoch 3 - JüKü, 25.04.2000, 15:31
- An"dottore" - goldseiten.de, 25.04.2000, 16:29
- Re:sehr verständlich... - Dieter, 25.04.2000, 14:29
- Zur Investition des Staates - Chirurg, 25.04.2000, 15:13
- Re: Zur Investition des Staates - Bart, 25.04.2000, 17:47
- Re: Zur Investition des Staates - Chirurg, 25.04.2000, 18:53
- Re: Zur Investition des Staates - Bart, 25.04.2000, 17:47
- Re:"Staatsschulden" - Black Elk, 25.04.2000, 12:59
- "Staatsschulden" - Bart, 25.04.2000, 11:38
Re:"Staatsschulden"
Als"Spezialist" für alle Fragen der Staatsverschuldung darf ich gern behilflich sein.
1. Immer zwischen Staatsschulden (die laufend gemacht werden) und Staatsverschuldung (Gesamtbestand) trennen.
2. Bei der Staatsverschuldung sind Gläubiger und Schuldner ein und dieselben Personen, eben die Bürger des betreffenden Landes. Banken, die den Spareren"Bundeswertpapiere" andrehen, verkaufen ihnen also Forderungen an sich selbst.
3. Staatsschulden wirken zunächst ankurbelnd ("inflationär") wie alle Kredite, die zu mehr Nachfrage führen.
4. Bei Privatkrediten muss der Schuldner aber mehr leisten, um den Kredit bedienen zu können. Diese Mehrleistung wirkt"deflationär", sorgt also für ein zusätzliches Angebot an Gütern und Diensten, was das Preisniveau wieder senkt. Hätten wir nur Privatkredite, käme es zu (kaum merklichen) Preiserhöhungen, die alsbald wieder durch (ebenso kleine) Preissenkungen wieder ausgeglichen würden. Der Indealzustand einer freien Wirtschaft ohne Staat.
5. Der Staat, der Schulden macht, unternimmt aber keine zusätzlichen Anstrengungen (d.h. er leistet nichts), so dass es zu einer permanenten Inflationierung kommt (z.B. das"Ankurbelungsprogramm" von Wirtschaftsminister Schiller - ca. 12 Mrd DM - 1967 ff., das sich in einem ersten starken Inflationsschub (Preise rauf, Kosten rauf) eingangs der 70er Jahre entlud).
6. Langsam kommen nun die Zinsen auf die Staatsverschuldung ins Spiel. Die schlägt der Staat zur vorhandenen Schuld (inzwischen sind die Zinsen in der BRD um die 25 % der gesamten öffentlichen Haushalte). Zinsen immer wieder zur Schuld schlagen darf nur der Staat, weil er - im Gegensatz zu seinen Bürgern - als"infallibler" Schuldner gilt ("kann nicht pleite gehen", usw.).
7. Mit den steigenden und immer wieder zur vorhandenen Schuld geschlagenenen Zinsen aber nimmt der"Ankurbelungseffekt" immer stärker ab. Ich nenne das den"Tsatsiki-Effekt":
Junger Mann geht zur Bank, leiht sich 1000 Mark für ein Wochenende mit der Freundin. Auf geht's nach Paris. Ein Jahr später: Junger Mann leiht sich wieder 1000 Mark, kriegt aber nur 900 ausgezahlt, denn 100 Mark Zinsen behält die Bank ein. Auf geht's nach Reims. Fünf Jahre später: Junger Mann leiht sich wieder 1000 Mark, kriegt aber nur noch 400 ausgezahlt, 600 Mark Zinsen. Auf geht's in die Lüneburger Heide. Und so weiter. Schluß: Junger Mann leiht sich 1000 Mark, kriegt aber nur 10 Mark ausgezahlt, 990 Mark sind Zinsen auf die inzwischen sehr hohe Verschuldung, die er vor sich hergeschoben hat. Mit den zehn Mark geht er zur nächsten Gyros-Bude und kauft sich und seiner Freundin eine Portion Pommes mit Tzatsiki.
Moral von der Geschichte: Obwohl die Verschuldung jedes Jahr um den gleichen Betrag gestiegen ist, kann der Mann statt der 1000 Mark (1. Jahr) nur noch mit 10 Mark die Wirtschaft"ankurbeln".
8. Obwohl viele Staaten riesige neue Schulden machen, geht von ihnen kein"realwirtschaftlicher" Effekt mehr aus. Die Schulden sind nur noch hochgebuchte Zinsen. Bestes Beispiel z.Zt.: Japan: Die Staatsverschuldung hat inzwischen fast 200 % des BIP erreicht (das flott fällt, die Preise ebenso)und obwohl ununterbrochen neue"Konjunkturprogramme" aufgelegt werden, tut sich in der realen Wirtschaft nichts mehr.
9. DAS ENDE: Nach einer von Walter Lüftl entwickelten Formel gilt: Steigt die Verschuldung schneller als das woraus sie bedient werden kann, kommt es in berechenbar endlicher Zeit zum Bankrott (vgl. sein Buch"Formeln für den Staatsbankrott"). Die Staatsschulden steigen weltweit schneller als das Welt-BSP - also ist alles leicht zu berechnen.
10. Hinzukommt: Da es zur Staatsverschuldung eine Gegenbuchung gibt (= Guthaben der Bevölkerung),"verrenten" sich die Bürger selbst. Gegen Ende hin leben immer mehr direkt oder indirekt von den Zinsen aus der Staatsverschuldung und legen ihr Geld logischerweise eher in diesen"sicheren" Staatstiteln an als in"riskanten" unternehmerischen Aktivitäten. Man werfe nur mal einen Blick in die Bilanz von SIEMENS: Das ist der Grund für die rätselhafte"Wachstumsschwäche" von Staaten, der Verschuldung entsprechend hoch geschossen ist. Und weil gegen die flaue Lage"angekurbelt" werden soll, verschlechtert sich die Lage immer weiter.
Das theoretische Ende des Lüftl-Szenarios: Die Zinsen aus der Staatsverschuldung sind so hoch wie das BIP. Dann muss niemand mehr arbeiten, weil ja alle von ihren Zinsen leben können und dann wird auch nicht mehr gearbeitet.
Und dann merken endlich alle, was für einem Schwindel sie aufgesessen sind. Und dass man Geld nicht essen kann (übrigens auch Aktien oder andere"Wertpapiere" nicht).
Weiterführende Lektüre: P.C. Martin, Die Krisenschaukel, München 1998.
Tut mir leid, dass der Exkurs nicht knapper wurde. Aber der Schwindel mit der Staatsverschuldung ist nicht so leicht zu durchschauen. Ich hoffe, es hat geklappt.
Gruß
d.
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