- @boso, Luschi, Oldy, Bernd, R.Deutsc - noch Mal die Preisreveolution im 16. Jh. - dottore, 01.11.2000, 09:39
- Von meiner Seite Zustimmung - Bernd Niquet, 01.11.2000, 10:24
- Wo dottore recht hat, da hat er recht - Diogenes, 01.11.2000, 10:55
- Interessant ist doch wo wir uns NICHT einig sind! - boso, 01.11.2000, 15:18
- Re: Interessant ist doch wo wir uns NICHT einig sind! Nur marginal... - dottore, 02.11.2000, 15:12
- Re: @boso, Luschi, Oldy, Bernd, R.Deutsc - noch Mal die Preisreveolution im 16. Jh. - Luschi, 01.11.2000, 18:28
- Re: Ei, wer hat denn die Inflation gemacht? - dottore, 01.11.2000, 20:35
- Re: Ei, tagtäglich... - jacques, 01.11.2000, 20:42
- Re: Ei, wer hat denn die Inflation gemacht?wie man seinen eigenen Schatten jagt - Luschi, 02.11.2000, 19:34
- Re: Inflation - wie man jagt? und: Stadermann m u s s revozieren! - dottore, 02.11.2000, 21:35
- Re: Inflation - wie man jagt? - Luschi, 03.11.2000, 21:01
- Re: Inflation - wie man jagt? und: Stadermann m u s s revozieren! - dottore, 02.11.2000, 21:35
- Re: Ei, wer hat denn die Inflation gemacht? - dottore, 01.11.2000, 20:35
Re: Ei, wer hat denn die Inflation gemacht?
>Hallo dottore
>Ich kann mich nur wiederholen, weil ich nur die Kaufkraft des Hacksilbers und des Goldguldens sehe. Alle Währungen, die gegen den Vermögenswert Silber emittiert sind (und in Münzform gleich mit sich führen), gehen in die Knie, ganz gleich ob der Landesherr über Silberminen verfügt oder nicht.
Ich mich auch. Hacksilber ist eine Ware wie jede andere auch. Das von Dir als"Goldgulden" bezeichnete Geldstück war jedoch der silberne Guldengroschen, der zur Parität des Goldgulden (Guld = gülden = Gold) stand (der älteste Goldengroschen von Sigismund dem Münzreichen von Tirol 1484 hatte genau die Parität). In dem Moment, da der Landes-(= Münzherr) die Parität gleich halten will, muss er am freien Markt scheitern, da die silberne Münzen logischerweise ein Abgeld zur goldenen erhält. Das alte Elend mit der"Doppelwährung", die bis in 19. Jh. hinein versucht wurde und nie funktioniert hat (siehe GB, USA, Ã-sterreich usw.).
Es gibt keinen"Vermögenswert" Silber, sondern immer nur:
1. Einen freien Marktpreis für Rohsilber und
2. Einen durch landesherrliche Verfügung festgesetzten Preis für gemünztes Silber. Differenz zwischen beiden = Münzgewinn oder Schlagschatz.
>Die Mark Silber wurde zu 8 Gulden 11 Groschen ausgemünzt und kostete auf dem freien Markt 8 Gulden 10 Groschen. Wäre sie zu 100 Gulden ausgemünzt worden, wäre ihr Preis auf 99,9 Gulden gestiegen.
Eben nicht, weil ja der ausgemünzete Gulden nur an öffentlichen Kassen (!) zu seinem falschen Preis angenommen wurde, im freien Verkehr aber ein Abgeld hatte. Deshalb hat ja auch niemand die Sachsen-Taler eingeschmolzen, weil sie ja - de facto - ein Steuernachlass waren. Deshalb gibt es heute noch so viele davon.
>Würden heute mehrere Goldlagerstätten, die alle für 20$/Unze fördern können, entdeckt, hätte das unmittelbare Auswirkungen auf die Währungen, die von Notenbanken teilweise gegen Gold emittiert worden sind.
Nein. Nehmen wir die Buba. Die hat ihre Gold zu alten Parität (35 $ Unze mal Wechselurs, zumeist 4,00 DM / $) bilanziert und hat auf dieser Position noch jede Menge stille Reserven.
Und da der Goldpreis nicht unter 42,22 $ fallen k a n n (den Kurs zur DM jetzt Mal außen vor), muss die Buba keine Wertberichtigung auf ihren Goldbestand vornehmen (Niederstwertprinzip). Bei anderen Notenbanken ist das anders. z.B. bilanziert die Banque de France ihr Gold jeweils zum Tageskurs und muss entsprechend hin- und herhupfen.
Außerdem sind nicht"Währungen" gegen Gold emittiert worden wie Du schreibst, sondern Banknoten. Sollte tatsächlich der Goldpreis unter den von der Buba bilanzierten fallen (rund 5000,- DM /Kilo), dann müsste die Buba wertberichtigen, auch sie hat schließlich WPs. Und notfalls müsste sie beim Fall des Goldes auf Null (und gleichzeitigem Staatsbankrott der USA, der ihre Devisenbestände ebenfalls auf Null setzen würde) Konkurs anmelden, es sei denn ihr Eigentümer Eichel würde Kapital nachschießen.
>Der Schweizer Franken fällt gegen das britische Pfund und in der Schweiz gäbe es eine hübsche Inflation zu bestaunen. Wenn ich mir nochmal das"Bargeld verschwindet" - Szenario in Erinnerung rufe, bedeutet das: Es wären immer noch Geldscheine"draussen", obwohl die Zentralbank schon alle ihre Aktiva (inklusiv ihres Goldes) herausgerückt hat. Der Markt wird den Franken also umgehend neu bewerten.
Alles Notenbankgeld verschwindet, sobald:
1. Die auf ihrer Aktivseite liegenden Wechsel platzen (oder zurückgezahlt sind).
2. Der deutsche Staat (und damit die Banken) konkurs macht (oder seine gesamte Staatsschuld getilgt hat.
3. Der US-Staat alle seinen Staatsschulden zurückgezahlt hat oder konkurs macht (= alle Devisen = Dollarforderungen wertlos).
4. Das Gold auf Null fällt.
Dann ist die Buba insolvent. Dass sie dennoch ihre Banknoten draußen lassen kann, ist eine andere Sache, aber dann könnte genauso gut Klopapier zirkulieren. Ist auch durch nix"gedeckt", in dem Sinne, dass es sich bei der"Deckung" um Forderungen bzw. Sicherheiten handelt.
>Das was Du als Schlagschatz bezeichnest, ist doch nur der Gewinn des Bergwerksbesitzers.
Großer Irrtum! Der Schlagschatz ist der Gewinn des Landesherren (!), der das Münzmonopol besitzt. Nur er darf Münzen ein höheres Nominal aufprägen bzw. als höheres Nominal ausgeben als es dem Marktwert des in der Münze steckenden Metalls entspricht. Der Bergwerksbesitzer macht bestenfalls seinen üblichen Gewinn wie jeder andere Fabrikant auch. Das hat mit Schlagschatz nicht das geringste zu tun.
>Er kann die Mark ausprägen lassen oder das Edelmetall am freien Markt verkaufen (an Exporteure natürlich).
Er lässt ausprägen, wenn er mehr als den Marktpreis zurück bekommt. Dieses Geschäft aber versdaut ihm der Landesherr, der den Gewinn (Schlagschatz) ja selber einstreichen will. Exportieren kann jeder, was er will. Und dass immer exportiert wird, hat Ricardo ausführlichst bewiesen (Theorie der komparativen Kosten(vorteile)).
>Aber dadurch, dass er den Markt überflutet, entwertet er das früher geförderte Silber.
Das ist doch logisch, dass zusätzlich am Markt erscheinende Waren die Preise für die früher dort erschienenen und noch vorhandenen, weil nicht vermarkteten Waren, senken. Jeder Chip-Hersteller kann ein Lied davon singen.
>Das kann er nur weil die Lagerstätten im Vergleich zu den früheren so billig fördern können. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind natürlich enorm.
Ja, die Auswirkungen auf die Halbleiterindustrie sind auch enorm.
>Das Vermögens-Fundament auf dem die Kreditpyramide steht, trägt nicht mehr und die Hälfte aller Guthaben und Schulden versacken im Nirvana.
Nein. Die Guthaben lauten ja auf das alte Nominal. Die Schulden werden erträglicher. Beispiel Chips: Hat jemand noch eine Rechnung über 1000 Chips zu Hause, die er noch nicht bezahlt hat, muss er den Verlust tragen, der entsteht, weil er inzwischen die gleichen Chips billiger kaufen könnte. Er muss aber die Rechnung für die früheren, teureren Chips bezahlen. Ist er eine Lieferung von Chips schuldig, kann er jetzt billiger liefern und streicht die Differenz zu dem im alten Kaufvertrag vereinbarten Preis ein.
>Bei den Elend langen Vertragslaufzeiten damals wirkt das zu allem Überfluss auch noch weit in die Zukunft. Und während das passiert, bleiben die Preise in Goldgulden womöglich völlig stabil, weil sich der Vermögenswert Gold in seiner Marktbewertung nicht geändert hat.
Der Vermögenswert (ich hasse dieses Wort, weil es a) keinen"Wert" gibt und b) ein Vermögen nur bewertbar ist, wenn es Schulden und daher Geld gegeben hat, die eine solche Bewerttung überhaupt erst ermöglichen) des Goldes blieb von fallenden Silberpreis unabhängig, bzw. stieg - aber das nur in Silber gemessen.
>Die Fürsten haben ihr Silber auch nicht billiger angekauft. Sie haben den Nominal-Preis gezahlt.
Nein, das ist ganz falsch. Nicht die Fürsten haben angekauft, sondern die Münzstätten und die haben den niedrigeren Silberpreis bezahlt. Dann haben sie das vom Landesherren verfügte Nominal ausgeprägt und die Differenz war ein riesig gestiegener Schlagschatz (= Monopolgewinn für den Münzherren, dem die Münzstätten ja gehörten). Dieser Schlagschatz war für die Inflation verantwortlich. Sonst nix und niemand.
>Durch die Überflutung der Märkte, haben sie sich sogar ihre Preise versaut.
Die Märkte haben nicht die Landesherren überflutet, sondern die Bergwerke.
>Die konstante Spanne zwischen Nominal und Marktpreis wurde immer weniger wert:
Im Gegenteil! Die Spanne zwischen Nominal und Marktpreis wurde immer höher, weil ja der Marktpreis des Silbers fiel und das Nominal das Gleiche blieb.
>Die importierten Gewürze werden natürlich mit dem Weltmarktpreis für Silber bezahlt, also dem Materialwert ihrer Münzen. Also zwei statt einem Taler und wenn ich die Münze verschlechtere auch drei.
Richtig. Nur wurde die Münze nicht verschlechtert, sondern der Monopolpreis für das"gesetzliche Zahlugsmittel" erhöht. Das ist etwas ganz anderes. Das hatten doch schon die sächsischen Streithansel damals nicht kapiert.
>Das Einkommen der Fürsten ging also immer weiter zurück.
Im Gegenteil! Es stieg immer mehr, weil sie einen immer höheren Schlagschatz kassieren konnten.
>Der Ernestiner will diesen Verlust bei den Bergwerken abladen. Der Albertiner klärt ihn auf, dass das nicht geht, weil die Bergwerke immer schon an ihrer Rentabilitätsgrenze produzieren.
Beide haben den Kern der Sache nicht durchschaut. Kein Münzherr, der aus 10 Talern Silber für 20 Taler Münzen prägen kann (wobei er ja das Nominal festsetzt) macht je einen Verlust. Und ob Berwerke an ihrer Rentabilitätsgrenze arbeiten, hat nichts mit den Münzen zu tun, sondern einzig und allein mit ihrer Kostenrechnung: Erlös des Silber am Markt zum Marktpreis minus Kosten, im wesentlichen Löhne und Material zur Raffinierung des Silbers. Die privaten Bergwerke waren Quasi-AGs mit den von mir schon erwähnten Kuxen. Selbst Luther spricht über diese Kuxe (sein Vater war Bergmann).
Die Ausbeute der Bergwerke (ich habe die komplette Aufstellung der Joachimsthaler Bergwerke und auch später der Schneeberger in meiner Bibliothek; außerdem besitze ich alte Kuxe und sogar einen alten Zubußschein aus der Zeit um 1530, da Kuxe ja Aktien mit Nachschußpflicht waren) wurde quartalsmäßig abgerechnet und das geförderte Silber (der"Bergsegen") zu Marktpreisen des Silbers in Talern bewertet und ausgeschütttet - an die Aktionäre.
Im übrigen sind die Grundlagen gut erklärt in"Caroli V. Müntz-Ordnung. Nach dem Anno 1525 zu Tübingen gedruckten Exemplar...." Helmstädt, 1738
>Solange Du an dem Edelmetallgeld (als Warengeld) festhälst, wackelt der Schwanz mit dem Hund. Daran ändert sich auch nix wenn ich meine Brille andersrum aufsetze
Ich halte an gar keinem Edelmetallgeld fest, ich frage mich bloß immer wieder, woher Du diese Ansicht hast.
Brille putzen, danke!
Grüße
d.
>p.s. Stadermann würde den Silberminenbesitzern empfehlen, ihre Ware (gemünzt oder nicht)
Gemünzt oder nicht - was für ein Unterschied!
nicht länger nach dem Konsumentenkalkül, sondern dem Eigentümerkalkül anzubieten (wenn ich mehr Silber für Gewürze zahlen muss, dann runter mit der Silberproduktion).
Der Unterschied zwischen Silber produzieren und Silber nicht produzieren, war für den kleinen Bergwerks-Fuzzi die zwischen Leben und Armut oder Tod. Schau Dir bitte mal den Annaberger Bergaltar an oder Agricolas Mangum Opus. Da wuselt's nur so von Bergleuten, die so lange produzierten wie's nur ging.
>Nur ne mittelalterliche OPEC hätte die Inflation verhindern können.
Die Inflation? Die OPEC verhindert doch gerade den Fall der Preise. Ausserdem kam die Inflation ausschließlich durch das mittelalterliche Kartell der Münzherren in die Welt. Es war also - Danke für den gedanklichen Link - eine Nominalmünz-OPEC.
>Und wahrscheinlich auch nur ne zeitlang - das ständ genauso auf tönernen Füssen wie´s deBeers-Kartell heute.
Auch das deBeers-Kartell hält die Preise künstlich hoch! Es kann doch wohl nicht sein, dass Du Inflation und Deflation verwechselst?
Schönste Grüße (und Dein Stadermann soll endlich Mal seine Bank-Märchen hier erläutern, als Wissenschaftler ist er sonst völlig unten durch)
d.
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