- Trostlose Theorien und Frage an Dottore - R.Deutsch, 03.07.2004, 10:34
- Re: Trostlose Theorien und Frage an Dottore - sensortimecom, 03.07.2004, 10:59
- Re: Unsinn und Schwachfug - Tassie Devil, 03.07.2004, 13:32
- Ein Streit um des Kaisers Bart;-) - sensortimecom, 03.07.2004, 14:01
- mitnichten! - CaptainB, 03.07.2004, 16:41
- Wege des Gleichgewichts und der Ordnung. Stabiles und mobiles Gleichgewicht - Stephan, 03.07.2004, 18:17
- Re: Wege des Gleichgewichts / interessant, danke! - ---Elli---, 03.07.2004, 18:57
- Wege des Gleichgewichts und der Ordnung. Stabiles und mobiles Gleichgewicht - Stephan, 03.07.2004, 18:17
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- Re: Unsinn und Schwachfug - Tassie Devil, 03.07.2004, 13:32
- Re: Aber Reinhard, natürlich gibt es eine Hoffnung,... - JLL, 03.07.2004, 11:02
- Karl Marx vs. Dottore - Digedag, 03.07.2004, 12:55
- Re: Trostlose Theorien und Frage an Dottore - dottore, 03.07.2004, 14:37
- Die Entstehung des Staates aus dem Banditentum (Zitat aus dem Link) - - Elli -, 03.07.2004, 16:38
- Re: Trostlose Theorien und Frage an Dottore - Popeye, 03.07.2004, 17:42
- Re: Welcher Staat hat denn noch die längste Lebensdauer? - monopoly, 03.07.2004, 17:54
- Re: Trostlose Theorien und Frage an Dottore - sensortimecom, 03.07.2004, 10:59
Re: Trostlose Theorien und Frage an Dottore
-->Hi,
>Knapp hat behauptet, nur was der Staat zu Geld erklärt, sei Geld. Er hat damit die Lösung des Geldes vom Gold gedanklich vorbereitet und die Grundlagen für den heutigen Geldbetrug mit staatlichem Papiergeld gelegt.
Hat er nicht behauptet, sondern:"Geld ist ein Geschöpf der Rechtsordnung." Auch:"Ich wüßte keinen Grund anzugeben, weshalb wir unter den jetzt (1905) herrschenden Umständen von der Goldwährung abgehen sollten." (§ 1)
Auch:"Nichts liegt uns ferner, als das wahre Papiergeld zu empfehlen, wie es beispielsweise in den österreichischen Staatsnoten von 1866 aufgetreten ist."
Nübling in seiner Antwort auf Knapp (1907):"Richtig ist, wenn Knapp sagt, jede Banknote werde dadurch zum staatlichen Geldes, dass der Staat sie bei Zahlungen annehme." (9)
Der Betrug kann - da der Staat das heutige Geld als Zahlung annimmt und vorschreibt - also nicht bei der Annahme liegen. Sonst würde er es nicht annehmen, womit jeder, der es zur Steuerzahlung präsentiert, betrogen wäre. Er nimmt es auch zum vollen Kurswert an und nicht mit einem Abschlag, den der Markt dem Geld verpasst (wie bei Staatspapiergeld bekanntlich immer wieder vorgekommen).
Also könnte der Betrug nur in der Ausgabe liegen. Da der Staat aber kein Staatspapiergeld ausgibt (auch wenn er es später zum vollen Nennwert wieder annimmt, ja annehmen muss, wie ebenfalls in der Geschichte durchgehend, was aber hier nicht weiter interessiert), sondern das Geld über den ZB-Mechanismus erscheint, was nichts anderes ist, als letztlich die Verausgabung von Steuern, die er noch nicht abgefordert hat, liegt der Betrug darin, dass jemand (Staat) auf Einnahmen zieht, die er nicht nur noch nicht hat (das war im GS ganz genau so, weil die ZBs damals Wechsel rediskontierten, also ebenfalls Papier herausgaben, dessen Gegenleistung noch nicht erbracht war), sondern die er niemals haben wird. Sub summa aller Staaten, notabene.
So ist das heutige Geld nicht nur eine Quittung für eine noch nicht erbrachte Steuer, sondern für eine niemals zu erbringende Steuer. Der Betrug liegt nicht im Geld oder Geldmaterial, sondern im unerfüllbaren Zahlungsversprechen des Staates - egal auf welches Geld oder Geldmaterial es lautet.
Beim GS wird der Betrug (unerfüllbare Zahlungsversprechen des Staates) nur schneller durchschaut, weil der Staat das Abgabenmittel Gold nicht präsentieren kann. Beim Papier ist es aber nicht anders.
Da sämtliche ablaufenden und ergo unter Erfüllungszwang stehenden Titel des Staates in cash (also hier Papier) fällig sind, müsste der Nicht-Staatssektor nur laufend Papier abfordern, ohne es dem Staat zur Refinanzierung der nächsten Zahlungstranche erneut zur Verfügung zu stellen. Dies macht der Nichtstaatsektor nicht, weil er bei entsprechender"Wiederanlage" in der nächsten Runde noch mehr Papier abfordern kann.
Es ist also die Gier des Publikums, das ihm den Blick auf den Betrug verstellt. Mit Hilfe einer fortgesetzten Finanzierung des Staates zockt das Publikum auf dessen Macht, mit Hilfe von bewaffneten Zwang immer weiter und immer höhere Steuern abfordern zu können. Der Staatstitelhalter (der es nur werden kann, indem er immer wieder Papier, alias sofortige Fälligkeit, dem Staat zur Verfügung stellt) spielt also selber"Staat", denn er nutzt die Staats- und Besteuerungsmacht, um immer mehr Steuern (Zinsen auf Staatstitel) an sich zu ziehen.
Das Spiel funktioniert solange, wie der Staat noch in der Lage ist, mit Hilfe seines Zwangsmonopols und seiner daraus resulierenden Abgabenmacht so viel Steuern zu generieren, dass seine Gläubiger ("Substaaten") befriedigt werden und das Spiel fortsetzen können.
Der Staat spürt natürlich instinktiv, dass er bei dem Spiel der Verlierer ist (unmittelbar nach seiner Aufgabe, Stichwort"Staatsende", recte: Machtende, sind es sämtliche Titelhalter, alias Steuererwarter, alias"Substaaten", die dann ebenfalls ins Leere greifen, denn wo keine Steuern - die schon abgetreten wurden - in Höhe der Abtretung mehr eingehen, Stichwort: Zinsen > Steuern - sind die Titel Nonvaleurs).
Um sein unausweichliches Ende hinauszuzögern, beginnt er mit den bekannten Mätzchen, wie Besteuerung der abgetretenen Steuern, alias Kapitalertragsteuern begleitet von entsprechenden internationalen Fahndungsmaßnahmen.
Um zu Knapp zurückzukehren. Er schreibt ganz richtig:"Das Geld ist ein Geschöpf der Rechtsordnung." Er vergaß allerdings dabei den Hinweis, dass hinter der Rechtsordnung der Staat steht und mit dessen Ende auch die Rechtsordnung in der Tonne liegt.
Kurzum: Das, worauf die Staatsschulden lauten, ist Geld. Das, woraus es besteht, spielt keine Rolle. Es muss nur monopolisierbar sein, was beim GS und den voran gegangenen Metallstandards bekanntlich nicht der Fall war, so dass sich ein Exit aus dem Vorfinanzierungsproblem der Macht ergab, der allerdings, wie die Machtgeschichte zeigt, auch stets zu klein war. Denn je kleiner ihr Vorfinanzierungsproblem, desto lüsterner wird die Macht, zu expandieren usw. - was übrigens auch regelmäßig per Diskont geschah (Erwartung von"Beute", Tributen, Reparationen usw.).
>Keynes hat behauptet, der Staat dürfe künftige Nachfrage vorwegnehmen und zu diesem Zweck Geld aus dem Nichts erzeugen.
Der Staat hat künftige Steuerzahlungen vorweggenommen und sie in Nachfrage verwandelt.
>Er müsse sich dabei von dem barbarischen Relikt Gold nicht behindern lassen. Damit hat er die gedankliche Grundlage für verantwortungslose Staatsverschuldung und für staatliche Mafiastrukturen (Subventionen) gelegt.
Der Staat selbst ist und bleibt eine mafiöse Einrichtung,
siehe hier
Da er mit Zwang arbeitet ist er eine kriminelle Institution per definitionem.
Charles Tilly bezeichnet"States Making" völlig richtig als"Organized Crime" (1985, Hinweis Popeye). Und der Staatsdefinition Jellineks ("Der Staat ist die mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Verbandseinheit sesshafter Menschen") ist nicht hinzuzufügen, weshalb sie bis heute in jeden Lehrbuch steht.
>Dottore behauptet nun, ohne Staat würde es weder Geld noch Wirtschaft geben.
Produktion ja, Wirtschaften und damit Geld als Abgabenmittel nicht. Die Abgabe erzwingt die Surpluserstellung (speziell: Tribut), wie oft und in großer Länge ausgeführt.
>Damit legt er die gedankliche Grundlage für totale Kapitulation und Resignation.
Alternative: Allgemeine Bewaffnung und anschließende Herrschafts- und damit Staatsbeseitigung. Kann mir allerdings nicht vorstellen, wie.
>Er suggeriert das Ende aller individuellen Freiheit
Die hat es nach Eintritt des bewaffneten Zwangs in die Geschichte nicht mehr gegeben. Reine und durch nichts belegte Fiktion. Sog."Freiheitsrechte" wurden zwar immer wieder zediert, dies in Form von"Reformen", als das Machtmonopol auf der Kippe stand und dies nur, um es ökonomisch weiterhin zu sichern, da sich die entsprechenden Besteuerungsbasen steigern ließen.
>und die ewige Unterwerfung unter die jeweilige Macht, als Einsicht in Notwendigkeit.
Einsicht in die Notwendigkeit des bewaffneten Zwangs durch das Waffenmonopol der jeweils Herrschenden (Staaten).
>Nach dem, von ihm selbst als notwendig beschriebenen Zusammenbruch der jeweiligen Macht, bleibt den Menschen nichts anderes übrig, als in die nächste Unterdrückung zu stolpern.
Ãœber kurz oder lang ja. Es gilt die Zwischenhochs zu nutzen.
>Gibt es, lieber dottore, irgendeinen Ausweg, irgendeinen Ansatz dies zu ändern (etwa indem die Menschen wieder Gold als Geld benutzen:-)) oder müssen wir uns schlicht und brav auf die nächste Unterdrückung, auf das nächste staatliche Papiergeld (als Nachfolger von Euro und Dollar) vorbereiten?
Der Ausweg hat nichts mit Geld zu tun, sondern mit der Beseitigung des bewaffneten Zwangs. Dieser schafft sich die Rechtsordnung nach seinem Gusto. Und demnach auch"sein" Geld.
Wer beim Geld ansetzt, versucht am Symptom zu kurieren, was nichts als Zeitverschwendung ist.
Wir leben nun mal in der Welt, in der wir leben. Und wer das System durchschaut hat, kann durchaus seinen Nutzen ziehen. Das ist doch Trost genug. Je tiefer das Staatssystem in die ihm vorgezeichnete ausweglose Lage gerät, umso hektischer wird es um sich schlagen.
Schon mal einen Ertrinkenden beobachtet?
Na ja, so viel wird's nicht gleich regnen...
Sonnengruß!

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