- Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft! - dottore, 04.04.2001, 17:20
- Re: Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft! - JüKü, 04.04.2001, 17:49
- Re: Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft! - eferis, 04.04.2001, 19:42
- Re: Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft! - Oldy, 04.04.2001, 20:44
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! - dottore, 04.04.2001, 21:53
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - I_have_a_dream, 04.04.2001, 22:53
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - André, 04.04.2001, 23:57
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - JüKü, 05.04.2001, 00:24
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! - Oldy, 05.04.2001, 03:32
- Re:"Kostenloses" Bargeld - Nächste FRECHHEIT! - dottore, 05.04.2001, 12:35
- Re:"Kostenloses" Bargeld - Nächste FRECHHEIT! - JüKü, 05.04.2001, 13:20
- Re:"Kostenloses" Bargeld - Nächste FRECHHEIT! - dottore, 05.04.2001, 12:35
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! - Oldy, 05.04.2001, 03:32
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - JüKü, 05.04.2001, 00:24
- Re:"Kostenloses" Bargeld - Wo gibt's es denn? - dottore, 05.04.2001, 11:47
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - André, 04.04.2001, 23:57
- Ganz schön hart aber wahr - Turon, 04.04.2001, 23:04
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! dottore, wer lesen kann ist im Vorteil! - I_have_a_dream, 04.04.2001, 22:53
- Re:"Kostenloses" Bargeld - FRECHHEIT! - dottore, 04.04.2001, 21:53
- Re: Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft! - JüKü, 04.04.2001, 17:49
Umlaufgeschwindigkeit, jetzt Mal ernsthaft!
Das musste ich auch noch lesen:
"Bezüglich der unwahrscheinlichen 4% der heutigen
Bargeldmenge, welche bei Freigeld nur notwendig sein
wird. Durchschnittlicher Umsatz des Wörgler Geldes U
500, normaler durchscnittlicher Umsatz (außerhalb des
Geldmarktes) des normalen Geldes ( bei Deflation
weniger) U20. 20 ist 4% von 500. Ãœbrigens sind die in
Wörgl erreichten U 500 wahrscheinlich noch nicht das
Optimale. Es könnten auch U 1000 erreicht werden, Das
sind ja auch nur drei Handwechsel in einem Tag. Dann
würden 1000 Wära 100,000 Wära wert anderen
deflationierten Geldes ersetzen. (deflationiertes Geld hat
ja nicht einmal die üblichen U 20 sondern eher U 10
oder noch weniger)"
Bevor hier noch weiter"ideale" Umlaufgeschwindigkeiten à la Wörgl von 500 oder so die Runde machen, sollten wir uns doch bequemen, den Realitäten ins Auge zu sehen:
1. Bekanntlich wurde auf den großen Messen und Märkten der Vergangenheit als es noch keinerlei Banknoten oder Papier-Bargeld gegeben hat, nicht nur gekauft und verkauft, sondern es wurden die jeweils zu diesen Messen fällig gestellten Wechsel (= Schulden aufgrund vorangegangener Kauf- und Verkaufkontrakte, also real getätigter Umsätze) saldiert. Das Verfahren hieß"Skontrierung" oder"Skontration".
Die Handelsleute setzten sich hin und rechneten ihre gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten aus. Dabei hatten sie nur minimale Mengen Bargeld (in specie) dabei, denn sie brauchten nur sehr wenig, um den Schlusssaldo auszugleichen. Mehr wollten sie auch schon wegen der Unsicherheiten der Wege nicht bei sich tragen.
Auf den großen Messen in der Champagne, in Lyon und anderswo (ausführlicher: Ehrenberg, Zeitalter der Fugger, u.a.) wurden so Umsätze in riesiger Menge mit ganz geringem Bargeldbestand (in specie) abgewickelt. Das Verhältnis getätigte Umsätze zum Bargeld, das schließlich zum Ausgleich der Spitzen diente, lag in der Regel um 1000: 1, manchmal auch 10.000: 1, sogar 100.000: 1 sind vorgekommen.
2. In Augsburg hatte sich das Skontrierungsverfahren bis ins 19. Jh. erhalten. Einmal in der Woche kamen die Kaufleute der Stadt zusammen und saldierten. Dabei gab es Skontrationstage, bei denen praktisch überhaupt kein Bargeld zum Ausgleich offener Positionen benötigt wurde.
Das Verhältnis Umsätze: Bargeld lag damit bei (fast) unendlich. Dagegen waren die Wörgler geradezu Waisenknaben.
3. Das Verhältnis der mit der preußischen Post verschickten Wechsel (mit denen selbstverständlich Umsätze getätigt worden waren) zum Gesamtbestand des preußischen Bargeldes lag noch nach Einführung des ersten Papiergeldes (sog."Zettel") im 19. Jh. bei bis zu 200: 1. Die Umsätze lassen sich übrigens auch mit Hilfe der Wechselstempelsteuer ermitteln, ansonsten hatte die Post gestaffelte Sätze (alles von mir aus dem ehem. Preuß. Geheimen Staatsarchiv in Kopie erhoben).
4. In der US-Statistik, die die Jahre 1880 bis 1915 umfasst, also einen Zeitraum des voll ausgebildeten Goldstandards mit"goldgedeckten" Banknoten, finden wir bei Friedman/Schwartz in Tabelle A-5 folgende, für die gesamte USA geltenden Umlaufgeschwindigkeiten, wobei die Handelswechsel allerdings nicht berücksichtigt sind.
Friedman hat dabei wie alle Quantitätstheoretiker seit Oresme den"credit" schlicht unterschlagen, was den abrupten Fall der Umlaufgeschwindigkeit zu den obigen Punkten erklärt, wodurch aber die ULG in sich selbst als Vergleichsbasis zu sich selbst (!) - wenn auch falsch basiert, da keinerlei"credits" - schlüssig wird:
ULG 1880 = 4,97. ULG 1915 = 1,90.
Wir sehen also eine rasante (!) Abnahme der Umlaufgeschwindigkeit in den USA.
Und wie hat sie sich ausgewirkt?
a. Die Wholesale prices sind im Index 1880 und 1915 bis fast hinters Komma gleich gelieben! Von einer an sich zu erwartenden Deflation nicht die geringste Spur.
b. Die Real incomes haben sich von ca. 16 auf 65 Mrd. Dollar vervierfacht. Also von einer durch sinkende ULG verursachten Verelendung ebenfalls keinerlei Spur (auch nicht unter Einrechnung der Bevölkerungsvermehrung). Die USA stiegen damals bekanntlich zur führenden Wirtschaftsmacht weltweit auf.
Selbst zwischen 1933, dem Tiefpunkt der US-Krise und 1945, als die USA einen großen Krieg (mit entsprechender"Kriegskonjunktur") siegreich beendet hatten, ist die ULG absolut gleich geblieben:
1933 = 1,38; 1945 = 1,37.
Die Zahlen beziehen sich übrigens ausschließlich auf Bargeld, keinerlei Buchgeld wurde eingerechnet.
Was wieder ein Mal beweist, dass das Operieren mit der Umlaufgeschwindigkeit völliger Unsinn ist.
Die ULG ist nichts als eine lächerliche Chimäre. Dies ergibt sich schon aus meinem - leider nicht weiter diskutierten - Beispiel, dass die Wörgler mit noch viel weniger"Bargeld" ausgekommen wären, hätten sie sich am Abend jeden Tages in ihrem Gemeindehaus versammelt, um zu saldieren. Dann wären sie sogar mit einem Bruchteil ihres"Freigeldes" ausgekommen, da sie es tagsüber nicht erst umständlich von Geschäft zu Geschäft hätten schleppen müsssen.
Jeder hätte sich für jeden Geschäftsvorfall eine Quittung besorgt und am Abend wären alle Quittungen saldiert worden. Die dann noch offene"Spitze" wäre vermutlich (falls sie überhaupt existiert hätte) mit einem einzigen Schein ausgeglichen worden.
Sämtliche Umsätze des Tages an Gütern und Diensten (angenommen): 100.000. Und eine Winzigkeit an nicht saldierbaren Umsätzen an Waren und Diensten wäre übrig geblieben, angenommen: 100. Und da man die nicht auf den nächsten Tag vortragen wollte (Umlaufgebühr-Vermeidung) hätte ein einziger Wörgl-Schein über 100 genügt, um alles glatt zu stellen. Den hätte dann ein einziger Wörgler eingesteckt (und wenns der Wirt gewesen wäre), um ihn am nächsten Abend, wieder im Gemeindehaus sofort wieder für Biereinkauf zu verwenden, den der Brauer gleich wieder an den Hopfenbauern weiter gegeben hätte, der an seine Hopfenpflücker, usw. usw. Oder er hätte ihn über Nacht risikolos auf die Bank getan, um von vorneherein die Umlaufgebühr zu vermeiden.
U also? 1000. Genau das gewünschte Optimum.
Ist das nicht herrlich?
Gruß
d.
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