- @Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer - dottore, 11.12.2003, 12:30
- Besten Dank... - Zardoz, 11.12.2003, 13:03
- falsche Wertvorstellung - Ricardo, 11.12.2003, 14:35
- @ricardo - Re: falsche Wertvorstellung - Galiani, 11.12.2003, 16:33
- Danke Galiani - Ricardo, 11.12.2003, 16:49
- zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 17:44
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 18:55
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 19:36
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 21:01
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 19:36
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 18:55
- @ricardo - Re: falsche Wertvorstellung - Galiani, 11.12.2003, 16:33
- @Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer - Galiani, 11.12.2003, 15:15
- Re: Die Rapidität der"new order" als"Wert"? - dottore, 11.12.2003, 16:37
- Wer A sagt, muss auch B sagen, @dottore... - sensortimecom, 11.12.2003, 18:24
- Richtig! Aber - Mühe umsonst! Geht nur noch um Rechthaberei! (owT) - Galiani, 11.12.2003, 19:18
- Re: Vom Dolch und von"blöden" Gedanken - dottore, 11.12.2003, 20:04
@ricardo - Re: falsche Wertvorstellung
-->Hallo ricardo
Natürlich hat mich Dein ursprüngliches Posting zu einem sehr viel weiteren"Screening" der von Hayek geäußerten Gedanken veranlaßt. Dabei bin ich dann auf den Aufsatz von 1954 mit seinen allgemeinen Bemerkungen zur"Historiographie" gestoßen, dessen einleitende Gedanken mir für die von dottore verwendete Methode schon relevant erschien.
Der von Dir angeführte Gedanke Hayek's zieht sich selbstverständlich durch praktisch dessen ganzes späteres Lebenswerk. Es scheint mir fast so, als hätte F.A. v. Hayek seit den frühen 60-er Jahren hauptsächlich an der Verfeinerung dieses Gedankens gearbeitet, der natürlich immense Auswirkungen auf die"Wohlfahrtspolitik" und die gesamte"Wirtschaftspolitik" hat. Lesenswert ist in diesem Zusamenhang insbesondere Hayek's Nobellesung vom 11. Dezember 1974 mit dem Titel"Die Vortäuschung von Wissen" (die bei Recktenwald, Die Nobelpreisträger, Bd. I nachgelesen werden kann. Ich glaube, diesen Text hast Du in Deinem Posting gemeint).
Einen sehr guten Einblick in die Vielfalt der Fragestellungen, die sich aus diesem Gedanken ergeben, gewährt jedoch die Antrittsvorlesung Hayeks in Freiburg von 1963,"Wirtschaft, Wissenschaft und Politik" (Freiburger Universitätsreden, Neue Folge, Bd. 34). Dort heißt es (ich zitiere nur eine ganz kurze Passage):
<font color=#0000FF>[i]"... Das Hauptergebnis der Theorie der Marktwirtschaft ist..., daß unter allgemeinen Bedingungen, auf die ich hier nichtnäher eingehen kann, der Wettbewerb eine Anpassung an zahllose Umstände bewirkt, die in ihrer Gesamtheit keiner Person oder Behörde bekannt sind oder bekannt sein können, und daß daher diese Anpassung nie durch zentrale Lenkung der Wirtschaft hervorgebracht werden kann. Daraus folgt in erster Linie, daß entgegen einer weitverbreiteten Meinung die Wirtschaftstheorie sehr viel über die Zweckmäßigkeit verschiedener Wirtschaftssysteme oder Wirtschaftsordnungen zu sagen hat, also gerade über jene Fragen, vor deren Behandlung der Gelehrte oft zurückschreckt, weil sie mit gegensätzlichen Weltanschauungen verbunden sind, aber verhältnismäßig wenig über die konkreten Wirkungen besonderer Maßnahmen in gegebenen Umständen. Wir kennen den allgemeinen Charakter der selbstregulierenden Kräfte der Wirtschaft und die allgemeinen Bedingungen, unter denen diese Kräfte funktionieren oder nicht funktionieren werden, aber wir kennen nie all die besonderen Umstände, an die sie eine Anpassung herbeiführen. Das ist unmöglich infolge der allgemeinen Interdependenz aller Wirtschaftsvorgänge, das heißt infolge des Umstandes, daß wir, um an irgendeiner Stelle erfolgreich einzugreifen, alle Details der gesamten Wirtschaft - nicht nur unseres Landes, sondern der ganzen Welt - überblicken müßten.
Insoweit wir uns überhaupt der Marktwirtschaft bedienen wollen - und darüber, daß wir das tun müssen, wenn wir unseren Lebensstandard auch nur annähernd erhalten wollen, kann wohl kein Zweifel bestehen - muß die Wirtschaftspolitik sich zweckmäßigerweise darauf beschränken, die Bedingungen zu schaffen, unter denen sie so gut wie möglich funktionieren wird, darf aber nicht ihre Aufgabe darin sehen, die einzelnen Tätigkeiten bewußt zu beeinflussen oder zu lenken. Die Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik ist daher, ein Rahmenwerk zu schaffen, innerhalb dessen der Einzelne nicht nur frei entscheiden kann, sondern seine auf Ausnützung seiner persönlichen Kenntnisse gegründete Entscheidung soviel wie möglich zum Gesamterfolg beitragen wird. Und die Beurteilung jeder einzelnen Maßnahme wird nicht so sehr von ihren besonderen Folgen abhängen, die wir meist gar nicht überblicken können, sondern davon, ob sie - um einen ich glaube von Eucken eingeführten Ausdruck zu verwenden - „systemgerecht" ist.
Das bedeutet auch, daß wir oft allgemein auf Grund von Annahmen handeln müssen, die zwar in der Regel, aber nicht immer zutreffen: zum Beispiel wurden alle Ausnahmen von der Regel, daß freier internationaler Handel beiden Teilen Vorteil bringt, von überzeugten Freihändlern entdeckt; doch hinderte sie dies nicht, konsequente Freihändler zu bleiben, weil sie gleichzeitig erkannten, daß es kaum je möglich ist, das Bestehen jener ungewöhnlichen Umstände festzustellen, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Vielleicht noch bemerkenswerter ist der Fall des vor wenigen Jahren verstorbenen englischen Ã-konomen A. C. Pigou, des eigentlichen Begründers der Theorie der Wohlfahrtsökonomie; am Ende eines langen Lebens, das fast ausschließlich der Aufgabe gewidmet war, die Umstände herauszuarbeiten, unter denen Staatseingriffe die Ergebnisse des Marktes verbessern könnten mußteer zugeben, daß der Wert dieser theoretischen Überlegungen zweifelhaft sei, da wir nur selten feststellen können, ob die besonderen von der Theorie angenommenen Umstände auch wirklich vorliegen. Nicht, weil er so viel weiß, sondern weil er weiß, wieviel er wissen müßte, um erfolgreiche Eingriffe durchzuführen, und weil er weiß, daß er allediese relevanten Umstände nie kennen kann, sollte sich der Nationalökonom zurückhalten, einzelne Eingriffe selbst dort zu empfehlen, wo die Theorie zeigt, daß sie manchmal wohltätig sein könnten.
Die Erkenntnis dieser Beschränkung unseres Wissens ist wichtig, wenn wir nicht die Verantwortung auf uns nehmenwollen, Maßnahmen zu unterstützen, die tatsächlich mehr schaden als nützen. Die Folge, die wir aus dieser Einsichtziehen sollten, ist, daß wir uns in der Beurteilung wirtschaftspolitischer Maßnahmen nur von ihrem allgemeinen Charakter und nicht von ihrer besonderen Wirkung auf bestimmte Personen oder Gruppen leiten lassen sollen. Daßeine bestimmte Maßnahme jemandem Bedürftigen hilft, ist alleinkeine ausreichende Rechtfertigung, wenn wir nicht bereit sind, Maßnahmen dieser Art allgemein zu empfehlen.
Diese Einstellung setzt uns natürlich leicht dem Vorwurf der Prinzipienreiterei aus. Das ist ein Vorwurf, durch den wir uns nicht einschüchtern lassen, sondern den wir vielmehr stolz hinnehmen sollten, denn Prinzipien sind derwichtigste Beitrag, den wir zur Frage der Politik leisten können. Es ist kein Zufall, daß in unserem Fach, häufiger als, glaube ich, in irgendeinem anderen, das Wort Grundsätze oder „Principles" so oft im Titel zusammenfassender Werke gebraucht wird. In der Wirtschaftspolitik sind Grundsätze ziemlich alles, was wir zu bieten haben.
Grundsätze sind besonders wichtig, wenn das letzte politische Ziel, das wir voraussetzen dürfen, die persönliche Freiheit ist. In einem großen Buch, das noch nicht auf deutsch vorliegt, habe ich zu zeigen versucht, daß der letzte Grund, der die persönliche Freiheit so wichtig macht, unsere unvermeidliche Unkenntnis der meisten Umstände ist, die das Handeln anderer bestimmen, von dem wir nichtsdestoweniger Nutzen ziehen. Habe ich auch meinen letzten Vortrag hier in Freiburg dazu benutzt, zu zeigen, wie sehr diese Freiheit gefährdet ist, wenn wir uns in unserenpolitischen Entscheidungen ausschließlich von den voraussehbaren Folgen der Einzelmaßnahmen leiten lassen, weil zwar die unmittelbaren Folgen, derenthalben ein Staatseingriff unternommen wird, meist voraussehbar, die durch die Beschränkung der Freiheit verhinderten Entwicklungen ihrer Natur nach aber immer unbekannt sind. Ich will darumheute auf diese Fragen nicht weiter eingehen....
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Liebe Grüße
G.

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