- @Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer - dottore, 11.12.2003, 12:30
- Besten Dank... - Zardoz, 11.12.2003, 13:03
- falsche Wertvorstellung - Ricardo, 11.12.2003, 14:35
- @ricardo - Re: falsche Wertvorstellung - Galiani, 11.12.2003, 16:33
- Danke Galiani - Ricardo, 11.12.2003, 16:49
- zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 17:44
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 18:55
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 19:36
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 21:01
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - Ricardo, 11.12.2003, 19:36
- Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie - dottore, 11.12.2003, 18:55
- @ricardo - Re: falsche Wertvorstellung - Galiani, 11.12.2003, 16:33
- @Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer - Galiani, 11.12.2003, 15:15
- Re: Die Rapidität der"new order" als"Wert"? - dottore, 11.12.2003, 16:37
- Wer A sagt, muss auch B sagen, @dottore... - sensortimecom, 11.12.2003, 18:24
- Richtig! Aber - Mühe umsonst! Geht nur noch um Rechthaberei! (owT) - Galiani, 11.12.2003, 19:18
- Re: Vom Dolch und von"blöden" Gedanken - dottore, 11.12.2003, 20:04
Re: Die Rapidität der"new order" als"Wert"?
-->>Hallo
>Danke für Ihre Stellungnahme. Also ich finde den Aufsatz schon interessant und tiefschürfend; - besonders die Schlußfolgerungen, die Hayek aus seiner (meiner Meinung nach: bestechenden) Analyse der sozialistisch/marxistisch inspirierten Historiographie in den ersten paar Absätzen seines Aufsatzes für die Geschichtsschreibung insgesamt zieht.
Hi Galiani!
Das wird nicht bestritten. Historiker sind schließlich so unsozialistisch nicht, da sie zumeist auf der Payroll des (immer sozialistischen, wenn auch in unterschiedlicher Stärke!) Staats stehen. Letztlich ist der verbeamtete, also Staatsrente beziehende Historiker ein Staats- und Macht-Lakai und würde schon deshalb niemals den Staat und den vom ihm ausgeübten bewaffneten Zwang hinterfragen. Die sozialistischen Staatsmonopole sind bestens bekannt: Bildung, Infrastruktur, Geld als GZ, Polizei, Armee, (Kriegs-)Waffen, Besteuerung, usw. usw.
>Die Aussage, daß jeder, der aus der Geschichte irgendwelche"Lehren" oder"Gesetze" ableitet, notwendigerweise - ob er sich dessen nun bewußt ist oder nicht - anhand eines Werte-Repertoirs interpretiert, scheint mir nicht nur interessant, sondern auch schlüssig und von Hayek (durch seine nachfolgenden Ausführungen im Detail) wohlbegründet zu sein.
Es wird bestritten, dass es so etwas wie"Werte-Repertoire" gibt. Wer es hinstellt, will andere zwingen, sie zu akzeptieren. Warum sagt er nicht: Das kann man machen oder bleiben lassen? Nein, hier wird die übliche quasi-religiöse Heilslehre verbreitet: <bDas[/b] sind die"Werte" und basta.
(...)
>Bevor ich zu den einzelnen Punkten Ihres Postings kurz Stellung nehme, noch eine Frage zu Ihrer hochinteressanten Darstellung betreffend die Münzfunde in Skandinavien: Das alles ist wie gesagt sehr interessant und ich habe auch keine wirklich stichhaltige Erklärung dafür. Aber mir ist nicht ganz klar, was Sie aus alledem schließen. Offenbar sehen Sie in diesen Befunden eine Bestätigung Ihrer"Machttheorie". Mir ist aber die von Ihnen unterstellte Beweisaussage nicht ganz klar. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich diesbezüglich noch etwas ausführlicher erklären könnten.
Ich darf auf das Paper verweisen und die Ableitung des"Machtkreislaufs", der - bezüglich des"Geldes" dieses überhaupt erst kurant macht. Die Theorie, dass"Geld" deshalb kurant ist, weil man "Vertrauen" darin hat, ist nicht zu halten. Vertrauen ist nicht einklagbar. Hätte jeder"Vertrauen" in"Geld", müsste es nicht durch etwas besichert sein (Pfand, Eigentum, später fällige Forderung), schon gar nicht dadurch, dass es in Form von Edelmetall als Note (verwendbar gegenüber Dritten) konstruiert wird, die der Einfachheit halber ihren "Wert" gleich selbst mit sich rumträgt.
>Nun zu einigen Details Ihres Postings:
>Zunächst:
>Natürlich war Hayek nicht der erste und auch keineswegs der letzte, der auf den Mißbrauch der Historiographie durch viele Autoren hingewiesen hat.
>Dieser Mißbrauch kommt daher, wie Sie richtig betonen, weil der Geschichtsschreiber "etwas erreichen will". Von Ihrer Meinung allerdings, daß das auf Sie eben nicht zuträfe, bin ich, ohne Ihnen nahetreten zu wollen, nicht ganz überzeugt: Richtig! Sie bieten keine Kochrezepte als Lösungen an.
Wozu etwas anbieten, das es nicht gibt?
>(Was für jemanden wie Sie, mit einem so umfassenden Wissen, schon ein anerkennenswerter Akt der Selbstbeschränkung ist. Ich sage das ganz ehrlich und ohne jede Ironie!) Aber Sie bieten doch ein Konzept, ein geschichtliches Ablauf-Modell an,
Kein Kozept, nur den Versuch einer Ablaufbeschreibung, die historisch iterativ vorgekommen ist. Schließlich gab's"Freiheit" und"Demokratie" schon des öfteren. Wie konnte das immer wieder in Vergessenheit geraten?
>sozusagen also ein sinngebendes Band, das die einzelnen von Ihnen als darstellenswert angesehenen Fakten der Geschichte, auf die Sie sich ja laufend beziehen, verbindet. Damit interpretieren Sie somit sehr wohl.
Eine befestigte Stadt wie Megiddo mit einem in ihr ebenfalls befestigten Palast muss nicht interpretiert werden. Sie spricht für sich selbst. Die Mauer in der Mauer war gewiss nicht zur Belustigung der Bevölkerung errichtet worden - oder?
>Auch wenn das"Werte-Repertoir" auf das Sie sich dabei stützen, soweit ich"auf die Schnelle" sehe, hauptsächlich aus zwei Negativ-Annahmen besteht: (a) Die"Macht" ist selbstsüchtig;
Sie ist vom Machthalter aus gesehen produktiv: Er kann sich die Leistung für sich selbst ersparen und andere für ihn leisten lassen. (Mit selbstverständlich abnehmenden Erträgen).
>und (b) der einfache Mensch ist der"Macht" wehrlos ausgeliefert.
Das ist er auch nicht, sonst hätte es niemals Zessionen der Macht gegeben und die ganze Welt würde heute einem persischen Großkönig oder einem Ptolemäer gehören und gehorchen.
>(Wobei ich nicht versäumen möchte, an dieser Stelle - wie schon so oft - erneut darauf hinzuweisen, daß diese beiden"Wertstützen" Ihrer Machttheorie einander meiner Meinung nach widersprechen: Wie sollte dieser"wehrlose" Mensch je in die Lage kommen, dem Ober-"Machthalter" Teile seiner"Macht" abzutrotzen, so daß es also zu der von Ihnen behaupteten"Zession von Macht" überhaupt je kommen kann? Aber das ist ein anderes Thema!)
Nein, das ist kein anderes Thema. Aufgrund der immer eintretenden diseconomies of scale, die sich aus dem Ausüben von bewaffnetem Zwang ergeben, muss der Machthalter immer weiter zedieren oder der nächstbeste Umsturz fegt ihn hinweg.
>In Ihrem Punkt 7 beschimpfen Sie Hayek dann; diesmal als"Werte-Faschist". (Was soll das eigentlich sein, ein"Werte-Faschist"? Abgesehen natürlich von den mit einem von Natur aus so bösen Wort verbundenen Assoziation der Verabscheuungswürdigkeit! Was ist ein"Werte-Faschist"?
Jemand, der uns seine Wert-"Vorstellung" nahe legen will, was nur bedeuten kann, dass er sie - im Falle der eigenen Machterringung - uns aufzwingen würde. Oder hätte ein (zufälliger) Diktator Hayek den Sozialismus eingeführt? Auch der Sozialismus geht von Wert-"Vorstellungen" aus. Dummerweise kam er an die Macht.
Wären die Hayek'schen Werte valid, müssten sie auch ohne Staat funktionieren. Hätte ein Diktator Hayek den Staat abgeschafft?
>Im übrigen glaube ich nicht, daß Sie sich einen Gefallen tun, wenn Sie laufend Nobelpreisträger als"Micky-Maus-Ã-konomen", als"Werte-Faschisten" oder mit anderen herabwürdigenden Urteilen belegen; das könnte nur allzu leicht auf den zurückfallen, der das sagt!)
Gern. Da bin ich sehr robust. Sie dürfen mich gern einen ignoranten Armleuchter nennen.
>Davon aber einmal ganz abgesehen, sagen Sie in diesem Punkt 7 und setzen das im nächsten Punkt 8 überdies auch noch weiter fort: <font color=#0000FF>"... Dass er dann aber gleich mit einer"new order" (Werte-Faschist, ick hör' Dir trapsen!) daherkommt, erledigt seinen ganzen Gedankengang..."</font>
>Also Sie haben offenbar den ganzen Aufsatz oder zumindest die betreffende Stelle entweder überhaupt nicht oder zumindest nicht richtig gelesen!
>Denn Hayek spricht da keineswegs von einer "new order" in dem von Ihnen hier hineingeheimnisten ideologischen Sinn, sondern was er sagt, ist eine ganz einfache und sowohl völlig harmlose wie auch unangreifbare Tatsachenfeststellung, nämlich, daß <font color=#FF0000>"die neue Wirtschaftsordnung, die das Zeitalter der Industrialisierung gegenüber der vorindustriellen, agrarisch bestimmten Zeit mit sich brachte, zu sich rasch verändernden Lebensumständen und zu einem schnellen Anstieg des Wohlstandes führte, die sehr weitgehend bedingt waren durch.... (folgt eine historisch-sozialpsychologische Erklärung Hayek's).</font>
Wer sagt denn, dass eine agrarische Gesellschaft ("old order"?) nicht funktionieren kann? Das mit dem"Wohlstand", der zu 50 % aus schlussendlich uneinbringlichen Geldforderungen besteht, ist eine höchst ephemere Erscheinung. Warum hat sich in der Geschichte dieser"Wohlstand" immer wieder rätselhaft veflüchtigt?
Jetzt auf einmal soll er ewig währen? Weil wir es"endlich kapiert haben"? Alle vor uns waren also Ignoranten?
>Insgesamt lautet der von Ihnen gründlich mißverstandene und mißinterpretierte Satz im Original wie folgt: <font color=#0000FF>"The new order meant an increased rapidity of change, and the quick increase of wealth was largely the result of the increased speed of adaptation to change which made it possible."</font> Was um Himmels Willen gibt es daran auszusetzen? Was daran ist gar"Werte-faschistisch"?
Die"new order". Es gibt ziemlich viele Menschen, die mit der"rapidity of change" weder mitkommen noch damit einverstanden sind. Wir haben nicht gerade wenig Arbeitslose weltweit. Auch geht's nicht um die Rapitität, sondern um die Beschleunigung derselben. Das Berufs- und Geschäftsleben derer, die nicht auf der Payroll der Macht stehen, wird immer schwieriger. Wir beide kennen doch die Postings der jungen Menschen hier (Sascha!).
Von der rapide (!) abnehmenden Lebensqualität schweigen wir besser.
>Und wenn Sie schließlich in Punkt 9 meinen, daß die von D. H. Fischer erläuterte Aufgabe des Historiographen "absolut nichts mit...'Werten' zu tun" habe, sondern eine "völlig kalte und leidenschaftslose Analyse" sei, so hält Hayek Ihnen entgegen:
>
><font color=#FF0000>Geschichtsschreibung ist - ganz im Gegensatz zur Geschichtsforschung - nicht nur „Wissenschaft“, sondern ein ebenso großes Stück weit auch „Kunst“. Und der Geschichtsschreiber, der sich nicht völlig darüber im Klaren ist, daß seine Aufgabe darin besteht, das (objektiv) Geschehene im Lichte vorausgesetzter Werte zu interpretieren, gibt sich einer Selbsttäuschung hin und ist das Opfer seiner ihm selbst gar nicht bewußten vorgefaßten Einstellungen, Meinungen und Urteile. </font>
Eben. Das gilt für Hayek logischerweise ebenso. Auch er interpretiert die"Industriaisierung" mit vorgefasster Meinung. Dabei hat er z.B. übersehen, dass ein Essential der Industrialisierung, die Watt'sche Dampfmaschine just in jenen Zinngruben benötigt wurde, deren Output der britischen Waffenproduktion diente.
>Im Original: <font color=#0000FF>"Historiography, as distinguished from historical research, is not only at least as much an art as a science; the writer who attempts it without being aware that his task is one of interpretation in the light of definite values also will succeed merely in deceiving himself and will become the victim of his unconscious prejudices."</font>
Zur Historiographie als"Kunst" empfehle ich LeGoff über Ludwig den Heiligen. Da hat jemand aus Fiktionen eine ca. 1000 Seiten starke"fiction" geschrieben. So was muss man wirklich"können" (= Kunst).
>Man kann ja geteilter Meinung darüber sein und viele hier im Board sind uneinig darüber, was die"Machttheorie" genau besagt und ob sie die Wirklichkeit korrekt beschreibt oder nicht. Niemand aber, ich wiederhole: absolut niemand, der bei Sinnen ist, dürfte Ihnen zustimmen, wenn Sie von sich selbst meinen, daß Sie diese Ihre Theorie "kalt und leidenschaftslos" vertreten würden. Nein, das ist sicher nicht richtig.
Völlig richtig, ich entschuldige mich für gelegentliche, leider noch nicht ganz abzutötende Gefühlsausbrüche. Aber die Ergebnisse der"Theorie" müssen kalt genossen werden, da sonst Selbsgefährdung droht.
Und nochmals Gruß!

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