- OLG Koblenz gegen OLG Koblenz: ''Rechtssprechung'' aktuell - RetterderMatrix, 26.10.2003, 10:14
- d.i. DIE MACHT, DIE lt dottore angeblich 'DAS VEREINBARTE ZUR ERFÃœLLUNG BRINGT'! - Galiani, 26.10.2003, 10:59
- im Grunde gibt's ja überhaupt keine 'Vereinbarung'... - silvereagle, 26.10.2003, 12:32
- Re: im Grunde gibt's ja überhaupt keine 'Vereinbarung'... - Euklid, 26.10.2003, 13:27
- Re: Kawumm - Tassie Devil, 26.10.2003, 13:48
- Re: im Grunde gibt's ja überhaupt keine 'Vereinbarung'... - silvereagle, 26.10.2003, 15:12
- Danke Silberadler! Das ist besser, als ich es sagen könnte! (owT) - Galiani, 26.10.2003, 15:56
- Re: Herold - Tassie Devil, 26.10.2003, 17:28
- Da d. Alters-Frage so wichtig ist:Sag' mal, TD, wie alt bist DU eigentlich? 100? (owT) - Galiani, 26.10.2003, 18:01
- Re: Methusalem - Tassie Devil, 26.10.2003, 18:59
- Da d. Alters-Frage so wichtig ist:Sag' mal, TD, wie alt bist DU eigentlich? 100? (owT) - Galiani, 26.10.2003, 18:01
- Re: Warum Meier schlecht schläft, dann aber Müller - dottore, 26.10.2003, 15:16
- Lieber dottore! Auch wer bezahlen will, aber erst am Nimmerleinstag, der betrügt (owT) - Galiani, 26.10.2003, 15:48
- Und daß es 'schiefgehen' wird, prophezeien Sie auch schon seit über 20 Jahren! (owT) - Galiani, 26.10.2003, 16:06
- @dottore, danke für Deine Antwort! (mvT) - silvereagle, 26.10.2003, 17:29
- Lieber dottore! Auch wer bezahlen will, aber erst am Nimmerleinstag, der betrügt (owT) - Galiani, 26.10.2003, 15:48
- Hallo Silberadler Re: 'dottore-Schelte' - Galiani, 26.10.2003, 15:45
- Re: Re: 'dottore-Schelte' / @Galiani - silvereagle, 26.10.2003, 17:39
- Re: im Grunde gibt's ja überhaupt keine 'Vereinbarung'... - Euklid, 26.10.2003, 13:27
- im Grunde gibt's ja überhaupt keine 'Vereinbarung'... - silvereagle, 26.10.2003, 12:32
- Justizversagen ist kein Einzelfall und auch kein Zufall,nein... - Worldwatcher, 26.10.2003, 11:39
- d.i. DIE MACHT, DIE lt dottore angeblich 'DAS VEREINBARTE ZUR ERFÃœLLUNG BRINGT'! - Galiani, 26.10.2003, 10:59
OLG Koblenz gegen OLG Koblenz: ''Rechtssprechung'' aktuell
-->Oberlandesgericht Koblenz gegen Oberlandesgericht Koblenz
Wie zwei (Senate) sich streiten und eine Rechtsuchende dabei ruinieren
In einem Berufungsurteil vom 11.02.2000 erklären die Richter Hölzer, Grüning und Krumscheid am Oberlandesgericht Koblenz ein Urteil vom 31.10.1997, ausgesprochen von ihren Kollegen Henrich, Au und Kieselbach, ebenfalls tätig am OLG Koblenz, für falsch. Das Opfer dieser nach Meinung der Kollegen vom selben Gericht als Fehlurteil zu bezeichnenden Entscheidung ist eine Frau, die nach einem langwierigen Rechtsstreit durch alle Instanzen nicht nur ihr Haus und ihren Betrieb verloren hat, sondern mittlerweile auch bis über beide Ohren verschuldet ist. Zu verdanken hat sie die Zerstörung ihrer Existenz einem Anwalt, der sich nach unserer Einschätzung im günstigsten Falle (wenn wir ihm also keine unehrenhaften Motive unterstellen wollen) als äußerst inkompetent erwiesen hat, sowie der Tatsache, dass auch Richter an einem Oberlandesgericht nicht immer wissen, was in einem konkreten Fall denn nun"rechtens" ist. Anders kann man es nicht interpretieren, dass Richter in zwei Kammern eines Oberlandesgerichtes in zwei Prozessen, die einen und den selben Fall zum Inhalt haben, zu zwei vollkommen unterschiedlichen Einschätzungen der Rechtslage kommen. Fatal für die Geschädigte: Die Ausgangsbedingungen der beiden Prozesse waren so, dass sie in beiden Fällen den jeweils angestrengten Prozess verlor. Sie ist also diejenige, die für die Uneinigkeit der beiden Kammern des Oberlandesgerichtes Koblenz die Konsequenzen zu tragen hat. Auf ihrem Rücken wird dieser"Juristenstreit" ausgetragen, sie"bezahlt" im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Dabei erscheinen beide Urteile, obwohl sie zu verschieden Resultaten kommen, in ihrer Begründung für den juristischen Laien logisch und plausibel. Es handelt sich hier wohl weniger um eindeutige Fehlurteile, als um ein Paradebeispiel dafür, dass das Prinzip der Rechtssicherheit für viele deutsche Gerichte nicht mehr als eine hohle Phrase ist.
Anfang der achtziger Jahre war Frau Gertraud Lüttringhaus das, was man gemeinhin als"Langzeitarbeitlose" bezeichnet. Schon seit Jahren war sie keiner regelmäßigen Tätigkeit mehr nachgegangen, und alle Bemühungen des Arbeitsamtes, sie in Lohn und Brot zu bringen, waren gescheitert. Sie galt offiziell als"nicht vermittelbar".
Vorgeschichte: Kampf gegen einen unakzeptablen Mietvertrag
Im Jahre 1982 beschloss sie, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und machte sich selbständig. Sie nahm einen Kredit auf und erwarb von der Firma TipTop einen Kleiderreinigungsbetrieb in einer Filiale der Supermarktkette Allkauf. Die hierfür nötigen Räumlichkeiten hatte die Firma TipTop bei der Firma Allkauf angemietet. Frau Lüttringhaus kaufte den Betrieb jedoch, ohne sich zuvor mit der Firma Allkauf über einen Mietvertrag verständigt zu haben. Ein schwerwiegender Fehler, wie sich herausstellen sollte. Die Firma Allkauf war nämlich nicht bereit, mit Frau Lüttringhaus einen längerfristigen Mietvertrag abzuschließen. Der Betrieb blieb also geschlossen. Frau Lüttringhaus war nun mehr nicht nur arbeitslos, sondern zudem hoch verschuldet und"glückliche" Besitzerin eines Kleiderreinigungsbetriebes, der nicht eröffnet werden konnte. Sie versuchte zu retten, was noch zu retten war. Sie trat von dem Kaufvertrag zurück und verlangte eine Rückerstattung des Kaufpreises. Ohne Erfolg: Die Firma TipTop war inzwischen in Konkurs gegangen.
Ein Rechtsanwaltsbüro wird eingeschaltet und wiegt Frau Lüttringhaus in trügerischer Sicherheit
Frau Lüttringhaus wandte sich nun erneut an die Firma Allkauf und versuchte noch einmal, einen Mietvertrag auszuhandeln. Diesmal beauftragte sie hierfür die beiden Rechtsanwälte Wilhelm und Heinz Teves aus Montabaur. Die Firma Allkauf willigte nun doch ein und ließ durch ihre Anwälte ein Angebot unterbreiten, das eine Mietzeit von 10 Jahren vorsah. Nun machte Frau Lüttringhaus ihren zweiten entscheidenden Fehler. Sie ging davon aus, dieses mehrseitige Schreiben, in dem der Inhalt des Mietvertrages in groben Zügen skizziert wurde, sei bereits der eigentliche Mietvertrag. Sie setzte einen Brief auf, in dem sie sich mit dem Angebot einverstanden erklärte, und dachte, die Sache sei damit erledigt. Kurz darauf ließ die Firma Allkauf den Rechtsanwälten von Frau Lüttringhaus den eigentlichen Mietvertrag zukommen. Diese leiteten den Vertrag an Frau Lüttringhaus weiter, zusammen mit einem Schreiben, das Frau Lüttringhaus in ihrem Irrtum bestätigte, sie habe bereits einen Vertrag abgeschlossen. In dem Schreiben der Rechtsanwälte Teves vom 16.01.1987 heißt es wörtlich:
"[...] An sich bedarf das Mietverhältnis nicht mehr der Bestätigung in Schriftform."
Offensichtlich gingen also auch die Rechtsanwälte Teves davon aus, dass ein gültiger Vertrag bereits zustande gekommen sei, obwohl sie als Berufsjuristen eigentlich wissen müssten, dass es für die Rechtsgültigkeit eines Vertrages gemäß Â§ 126 BGB zwingend erforderlich ist, dass beide Parteien auf ein und demselben Dokument unterschreiben.
Aber Frau Lüttringhaus hätte den Vertrag ohnehin nicht unterschreiben wollen, denn der"neue" Mietvertrag enthielt einige neue Klauseln, die ihr unannehmbar erschienen. So sollte die Firma Allkauf das Recht erhalten, dem Betrieb von Frau Lüttringhaus jederzeit eine andere Räumlichkeit innerhalb des Supermarktes zuzuweisen. Da sich der Betrieb ursprünglich im Eingangsbereich und somit in exponierter Lage befunden hatte und Frau Lüttringhaus Umsatzeinbußen für den Fall einer Verlegung des Reinigungsbetriebes in einen anderen, abgelegeneren Bereich befürchtete, war sie nicht bereit auf diese Bedingung einzugehen. Aber das war ihrer Meinung nach ja ohnehin nicht notwendig: Sie ging davon aus, dass sie bereits einen gültigen Mietvertrag abgeschlossen hatte, und in dieser offensichtlich irrigen Annahme wurde sie von den Rechtsanwälten Teves bestätigt.
Frau Lüttringhaus zieht sicherheitshalber einen zweiten Anwalt zu Rate
Um jedoch ganz sicher zu gehen, befragte sie noch einen weiteren Anwalt, Herrn Müller, ebenfalls aus Montabaur. Auch Rechtsanwalt Müller war der Auffassung, das erste schriftliche Angebot enthalte bereits alle wichtigen Vereinbarungen eines Mietvertrages und sei somit ein gültiger Vertrag. Frau Lüttringhaus war sich nun ihrer Sache sicher und unterschrieb daher den Vertrag nicht. Die Firma Allkauf ließ daraufhin ihren Betrieb räumen.
Dagegen wollte sie sich wehren. Und es kam, wie es sogar ein juristischer Laie hätte kommen sehen: Die Abwehrklage, die Frau Lüttringhaus vor dem Amtsgericht Montabaur am 23.9.1987 erhob, wurde mit der Begründung abgewiesen, es sei zu keinem Zeitpunkt zu einem rechtsgültigen Vertrag gekommen.
Aus dem Kampf gegen einen Mietvertrag wird ein Kampf gegen ein Anwaltsbüro - unter Führung eines Anwalts
Frau Lüttringhaus wurde also sowohl von den Rechtsanwälten Teves als auch von Rechtsanwalt Müller falsch beraten. Um den dabei entstandenen Schaden von den beiden Anwaltsbüros ersetzt zu bekommen, beauftragte sie den Rechtsanwalt Matthias Karst aus Koblenz. Überraschenderweise empfahl Rechtsanwalt Karst, nur eines der beiden Anwaltsbüros zu verklagen, nämlich jenes von Wilhelm und Heinz Teves. Eine Entscheidung, die Frau Lüttringhaus seltsam vorkam, zumal Herr Karst ursprünglich durchaus der Meinung war, dass auch Rechtsanwalt Müller für seine Fehlberatung belangt werden sollte. (Siehe hierzu: Schreiben des RA Karst vom 11.01.1988) Den für Frau Lüttringhaus unverständlichen Sinneswandel begründete er damit, dass eine zweigeteilte Klage vor Gericht weniger Chancen auf Erfolg hätte.
Rechtsanwalt Karst macht seinerseits gravierende Fehler
Eine wichtige Information jedoch enthielt er Frau Lüttringhaus vor: Die Ansprüche gegen Rechtsanwalt Müller würden schon bald verjährt sein, wenn gegen ihn nicht Klage erhoben würde. Trotz ihrer bisherigen negativen Erfahrungen mit Rechtsanwälten, vertraute Frau Lüttringhaus Herrn Karst und willigte ein, die Klage auf das Anwaltsbüro Teves zu beschränken. In dem nun folgenden Schadensersatzprozess sprach das Landgericht Koblenz Frau Lüttringhaus eine Teilschuld von 75 % zu, da sie es unterlassen habe, außer den Rechtsanwälten Teves noch einen weiteren Anwalt zu befragen. (Siehe hierzu: Urteil des Landgerichtes Koblenz vom 29.07.1993) Wie war das möglich? Ein Protokoll der Gerichtsverhandlung liegt nicht vor. Wie uns der Ehemann von Frau Lüttringhaus, Herr Horst Lüttringhaus, versicherte, hatte Rechtsanwalt Karst dem Gericht gegenüber nicht nur verschwiegen, dass Frau Lüttringhaus sehr wohl zwei Anwälte befragt hatte, er hatte sogar auf eine direkte Frage des Richters hin abgestritten, dass ein zweiter Anwalt zu Rate gezogen worden sei. Das sieht nicht mehr nur nach einer"Nachlässigkeit" aus, sondern dabei würde es sich um eine kriminelle Handlung handeln, nämlich eine"uneidliche Falschaussage vor Gericht", sollte Herr Lüttringhaus hier die Wahrheit sagen (alles deutet darauf hin, denn die Widerspruch zwischen den Tatsachen und dem Text der Urteilsbegründung ist anders nicht erklärbar). Diese Handlungsweise wirft dann allerdings die Frage auf, warum Herr Karst gegen die Interessen seiner Mandantin gehandelt und den zweiten Anwalt verschwiegen hat. Man kann den Verdacht nicht von der Hand weisen, dass Herr Karst ein persönliches Interesse hatte, Rechtsanwalt Müller nicht in diesen Fall mit hinein zu ziehen.
Kampf gegen Rechtsanwalt Karst beim Oberlandesgericht Koblenz - unter Führung einer Anwältin
Frau Lüttringhaus legte Berufung ein und beauftragte die Rechtsanwältin Karin Schwall aus Koblenz mit der Vertretung ihrer Interessen in dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Frau Schwall erwirkte einen Vergleich, in dem festgestellt wurde, dass Frau Lüttringhaus keinerlei Mitschuld treffe, und durch den das Rechtsanwaltsbüro Teves zu einer Zahlung von 200.000 DM verpflichtet wurde. (Siehe hierzu: Schriftsatz des OLG Koblenz vom 9.2.1995) Frau Schwall übernahm auch das Mandat in dem nun folgenden Schadensersatzprozess gegen Rechtsanwalt Karst, der ebenfalls vor dem Oberlandesgericht Koblenz stattfand. In seinem Urteil vom 31.10.1997 stellte das Gericht fest, dass Frau Lüttringhaus keinerlei Ersatzansprüche gegen Herrn Karst habe, da dessen Haftung für seine Fehlberatung und das schuldhafte Verstreichenlassen der Verjährungsfrist in der Sache gegen Herrn Müller ebenfalls bereits verjährt sei.
Und weil Rechtsanwältin Schwall scheinbar ebenfalls einen Fehler machte, klagte Frau Lüttringhaus nun auch gegen sie
Dies hätte die Anwältin Karin Schwall nach Meinung von Frau Lüttringhaus allerdings wissen müssen. Sie hätte ihr auf keinen Fall zu einem von Beginn an aussichtslosen Prozess raten dürfen. Aus diesem Grunde verklagte Frau Lüttringhaus Rechtsanwältin Karin Schwall auf Ersatz der Prozesskosten, denn Frau Schwall hatte nicht etwa die Möglichkeit einer Verjährung"übersehen": Rechtsanwältin Schwall hatte ausdrücklich betont, dass die Ansprüche gegen Rechtsanwalt Karst noch nicht verjährt seien. Und tatsächlich: Das Landgericht Koblenz gab der Klage von Frau Lüttringhaus gegen ihre Anwältin statt und verpflichtete sie wegen anwaltlicher Fehlleistung zur Übernahme der Prozesskosten.
Oberlandesgericht Koblenz entscheidet gegen das Oberlandesgericht Koblenz
Frau Schwall ging in Berufung, diesmal in eigener Sache und gegen ihre ehemalige Mandantin, wiederum beim Oberlandesgericht Koblenz. Sie war noch immer der Meinung, dass die Ansprüche gegen ihren Kollegen Rechtsanwalt Karst keineswegs verjährt gewesen seien und diesmal gaben ihr die Richter vom Oberlandesgericht Koblenz Recht! (Siehe hierzu: Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11.02.2000) Frau Lüttringhaus verlor also den Prozess gegen die Anwältin und nicht nur sie muss sich spätestens zu diesem Zeitpunkt gefragt haben, wie so etwas überhaupt passieren konnte und wie es sein kann, dass ein Gericht zuerst erklärt, die Verjährung sei eingetreten, nur um dann wenig später das genaue Gegenteil zu behaupten. Was ist da los? Weiß am Oberlandesgericht Koblenz die eine Hand nicht, was die andere tut?
Noch einmal zur Verdeutlichung: Vertreten durch Rechtsanwältin Schwall verlor Frau Lüttringhaus den Prozess gegen Rechtsanwalt Karst, weil das Oberlandesgericht Koblenz der Meinung war, dass die Ansprüche gegen Herrn Karst bereits verjährt seien. Im Prozess gegen Frau Schwall wiederum, die ja nach Meinung des Oberlandesgerichts die (einfache?) Frage der Verjährung nicht richtig beurteilt hatte, verlor Frau Lüttringhaus erneut, wieder vor dem Oberlandesgericht Koblenz, nur diesmal mit der genau entgegengesetzten Begründung.
Das ist wahrlich hart für einen der Rechtssprechung schließlich ausgelieferten Bürger dieses Staates!
Ein juristischer Laie ringt um Verständnis für die Tatsache, dass ein Gericht in zwei Prozessen um ein und denselben Sachverhalt zu zwei entgegen gesetzten Urteilen gelangt
Versuchen wir also einmal als Nicht-Juristen, diese beiden Urteile nachzuvollziehen:
Die Entscheidungsgrundlage des Oberlandesgerichtes Koblenz war in beiden Fällen der §51 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Dort heißt es:
"Der Anspruch auf Schadensersatz gegenüber einem Rechtsanwalt verjährt 3 Jahre nachdem der Schaden entstanden ist, spätestens jedoch mit Mandatsende."
Dies nennt man die Primärverjährung. Darüber hinaus besteht allerdings noch die Möglichkeit eines sogenannten sekundären Ersatzanspruches. Dieser entsteht, wenn der Anwalt es innerhalb dieser primären Verjährungsfrist unterlässt, zu überprüfen, ob der Mandant oder die Mandantin eventuell Ansprüche gegen ihn selbst geltend machen kann, etwa wegen anwaltlicher Pflichtverletzung (also zum Beispiel einer Falschberatung oder dem Verschweigen einer ablaufenden Verjährungsfrist). Dabei wird davon ausgegangen, dass der Anwalt diese Ansprüche überprüfen muss, sobald er einen Anlass dazu hat.
Der Anlass, der in diesem Fall Herrn Karst gegeben wurde, um eventuelle Ansprüche seiner Mandantin gegen ihn zu prüfen, war ein sog."Auflagenbeschluss", den Herr Karst im Rahmen des Prozesses gegen das Rechtsanwaltsbüro Teves vom zuständigen Gericht erhalten hatte. Ursache war ein Antrag des Herrn Teves, in dem gefordert wurde, zu prüfen, ob ein zweiter Anwalt von Frau Lüttringhaus konsultiert wurde. In dem Beschluss heißt es, die Bedeutung eines zweiten Anwalts für die Frage einer eventuellen Mitschuld von Frau Lüttringhaus sei"ungewiss, jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich."
Die Frage, die das Oberlandesgericht zu klären hatte, war in beiden Fällen die, ob dieser Beschluss für Rechtsanwalt Karst ein ausreichender Anlass war, die Ansprüche von Frau Lüttringhaus gegen ihn Selbst zu prüfen.
Bei der Beurteilung dieser Frage kommen in zwei verschiedenen Prozessen der 8. und dann der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Koblenz zu zwei entgegengesetzten Einschätzungen - fatalerweise in beiden Fällen zum Nachteil von Frau Lüttringhaus.
Der 8. Zivilsenat des Landgerichts Koblenz geht davon aus, dass die bloße Erwähnung einer eventuellen Bedeutung eines zweiten Anwaltes für Herrn Karst Grund genug hätte sein müssen, noch einmal darüber nachzudenken ob er Herrn Müller nicht vielleicht doch vor Gericht erwähnen oder die Klage eventuell sogar erweitern sollte.
Der 2. Zivilsenat hingegen ist der Meinung, dass die Formulierung"nicht überwiegend wahrscheinlich" ausreicht, um jegliche Bedenken im Hinblick auf Schadensersatzansprüche zu zerstreuen.
Und während sich die Richter streiten treiben sie die"dem Recht Unterworfene" in den Ruin
Nun gut, hierbei handelt es sich um verschiedene Interpretationsweisen eines Sachverhaltes. Das deutsche Rechtssystem billigt den Richtern einen solchen Interpretationsspielraum zu. Dummerweise jedoch hat dieser Interpretationsspielraum in diesem Fall einen Menschen Kopf und Kragen oder zumindest die finanzielle Existenz gekostet.
Bundesgerichtshof sieht keinen Fall von"grundsätzlicher Bedeutung"
Die einzige Instanz, die in dieser Frage schlichten und Frau Lüttringhaus zu ihrem Recht oder zumindest einer angemessenen Entschädigung verhelfen könnte, wäre der Bundesgerichtshof gewesen. Dieser verweigert jedoch ein Revisionsverfahren mit der lapidaren Begründung, dass die Sache"keine grundsätzliche Bedeutung" habe und"im Endeffekt richtig entschieden" sei.
Wie ist es möglich, dass Richter an einem Oberlandesgericht (immerhin die zweit höchste Instanz im deutschen Rechtssystem) es fertig bringen, einen und den selben Sachverhalt in völlig gegensätzlicher Art und Weise zu entscheiden, dabei sogar noch ein vorangegangenes Urteil wörtlich als" (...) falsch" bezeichnen, und dies alles folgenlos bleibt?
Was für einen Sinn machen Gesetze und Verordnungen, auf deren Eindeutigkeit man sich nicht verlassen kann? Warum sollte man solche Gesetze überhaupt befolgen? Man könnte sie genauso gut ignorieren und auf einen freundlich gesinnten Richter und dessen Interpretationsspielraum hoffen.
Und vor allem: In welchem Zustand ist ein Rechtssystem, in dem Gerichte der zweit höchsten Instanz ihre eigenen Urteile offiziell als Fehlurteile bezeichnen und die übergeordnete Instanz zu dem Schluss kommt, dieser Vorgang habe keine grundsätzliche Bedeutung?
An diesem Beispiel wird wieder einmal deutlich, welche Folgen ein langwieriger Rechtsstreit für den Betroffenen haben kann, auch und gerade wenn man eigentlich"im Recht" ist. Jeder Richter in Deutschland ist in seiner Urteilsfindung frei und unabhängig. Eigentlich ein durchaus sinnvolles und zumindest vom Grundgedanken her demokratisches Prinzip. Immerhin soll damit gewährleistet sein, dass das Justizsystem nicht zum Erfüllungsgehilfen von Politik und Wirtschaft wird. Die Realität sieht jedoch allzu oft leider anders aus. Wie es um die Unabhängigkeit unsere Richter wirklich steht, kann man in den zahlreichen anderen Fallbeispielen des Beschwerdezentrums nachlesen. Den Richtern wird im deutschen Rechtssystem eine große Macht eingeräumt. Und wie gehen (einige) Richter mit dieser Macht um? Welche Folgen hat es für einen Richter, wenn er versagt? Welche Folgen haben Willkür-Urteile für ihn?
Der einzelne Bürger ist vergleichsweise machtlos. Er ist"dem Gesetz unterworfen" und somit der juristischen Gewalt, die ihn schützen soll,"schutzlos" ausgeliefert. Für ihn gleicht die Rechtssprechung einem Lotteriespiel, wenn er sich mit Urteilen wie den hier beschriebenen konfrontiert sieht. Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen: Hiermit soll weder einer starren, dogmatischen oder eventuell politisch kontrollierten Rechtsprechung das Wort geredet, noch das Modell der Gewaltenteilung in Frage gestellt werden. Es geht vielmehr um die"Kontrolle" der richterlichen Macht durch das, was häufig als die"vierte Gewalt im Staate" bezeichnet wird: Die Medien - oder, allgemeiner ausgedrückt: die Ã-ffentlichkeit. Ein kleiner Anfang ist diese Homepage, das Beschwerdezentrum. Und dieser Fall zeigt, wie notwendig es ist.
<ul> ~ hier Du gucken bei justizirrtum.de</ul>
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