- Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - dottore, 16.09.2003, 16:13
- Re: Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - zani, 16.09.2003, 17:42
- Re: Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - Bärentöter, 16.09.2003, 19:33
- 'Die fröhlichen Wissenschaften' feiern trunken, wenn..... - zani, 16.09.2003, 20:52
- Re: 'Die fröhlichen Wissenschaften' feiern trunken, wenn..... - Bärentöter, 16.09.2003, 22:15
- Ãœberzeugtsein und Wissen - zani, 17.09.2003, 00:19
- Re: Überzeugtsein und Wissen - Bärentöter, 17.09.2003, 08:19
- Einblick in frühe Gesellschaften: griechische Heroenzeit - zani, 17.09.2003, 10:44
- Re: Was ist eine Presse-Agentur? - dottore, 17.09.2003, 12:17
- Re: Überzeugtsein und Wissen - Bärentöter, 17.09.2003, 08:19
- Ãœberzeugtsein und Wissen - zani, 17.09.2003, 00:19
- Re: 'Die fröhlichen Wissenschaften' feiern trunken, wenn..... - Bärentöter, 16.09.2003, 22:15
- 'Die fröhlichen Wissenschaften' feiern trunken, wenn..... - zani, 16.09.2003, 20:52
- Re: Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - dottore, 17.09.2003, 10:26
- Reinhard Bernbeck - Auszug - Popeye, 17.09.2003, 11:26
- Re: Vielen Dank! Plus Interpretation: - dottore, 17.09.2003, 13:55
- Re: Vielen Dank! Plus Interpretation: - Popeye, 17.09.2003, 15:52
- Re: Das"Königs"-Phänomen - dottore, 17.09.2003, 16:47
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Popeye, 17.09.2003, 17:17
- Re: Das"Königs"-Phänomen - dottore, 17.09.2003, 18:16
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Popeye, 17.09.2003, 19:42
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Hallo Popeye, Hallo Uwe - Bob, 17.09.2003, 22:11
- Re: @bob: Du scheinst m.E. schon ein Schritt weiter zu sein ;-) - Uwe, 17.09.2003, 22:24
- Re: Leider kann ich kein 'Bausteinlieferant' sein, Popeye - Uwe, 17.09.2003, 23:41
- Re: Leider kann ich kein 'Bausteinlieferant' sein, Popeye - Popeye, 18.09.2003, 08:06
- Re: Warum war das egalitäre Tell es-Sawwan befestigt? - dottore, 18.09.2003, 11:37
- Re: Warum war das egalitäre Tell es-Sawwan befestigt? Link mit Zeichnungen - Popeye, 18.09.2003, 12:14
- Re: Danke - aber Frage bleibt: Warum war das Kaff befestigt? - dottore, 18.09.2003, 14:35
- Re: Warum war das egalitäre Tell es-Sawwan befestigt? Link mit Zeichnungen - Popeye, 18.09.2003, 12:14
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Hallo Popeye, Hallo Uwe - Bob, 17.09.2003, 22:11
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Popeye, 17.09.2003, 19:42
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Uwe, 17.09.2003, 18:24
- Re: Sehr gut - im MA das"Reisekönigtum" von Pfalz zu Pfalz - dottore, 17.09.2003, 18:28
- Re: Das"Königs"-Phänomen - dottore, 17.09.2003, 18:16
- Re: Das"Königs"-Phänomen - Popeye, 17.09.2003, 17:17
- Re: Das"Königs"-Phänomen - dottore, 17.09.2003, 16:47
- Re: Vielen Dank! Plus Interpretation: - Popeye, 17.09.2003, 15:52
- Re: Vielen Dank! Plus Interpretation: - dottore, 17.09.2003, 13:55
- Reinhard Bernbeck - Auszug - Popeye, 17.09.2003, 11:26
- Re: Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - Bärentöter, 16.09.2003, 19:33
- Re: Biberfellblase - Theo Stuss, 16.09.2003, 17:53
- Re: Gewalttheorie in Oaxaca bestätigt - zani, 16.09.2003, 17:42
Re: Das"Königs"-Phänomen
-->>Der eigentliche Grund meines Postings von Berbecks Schlusswort war der nachstehende Absatz:
>Antworten darauf, warum die häusliche Produktionsweise in eine neue Produktionsweise überging, sind nur schwer zu finden. Denn es handelt sich bei dieser wirtschaftlichen Organisationsform um Gebilde, die nicht so schnell aus dem Gleichgewicht zu bringen sind (s.S. 49-50). Die hier vorgenommene Interpretation der archäologischen Evidenz schließt monokausale Ansätze, bei denen etwa Bevölkerungsdruck oder Klimaverschlechterungen der Auslöser für Veränderungen sind, aus. Drei Gegebenheiten sind für die Auflösung der häuslichen Produktionsweise notwendig gewesen. Die erste ist eine natürliche Umgebung, in der Bewässerungsfeldbau gegenüber dem Regenfeldbau eine vorteilhaftere Anbaustrategie war. Dies ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Daraus folgt, daß solche Entwicklungen nur in den Gebieten Mesopotamiens zu erwarten waren, wo relativ geringe Niederschläge mit einer für Bewässerung günstigen Topographie und Hydrographie gekoppelt sind. Die"Erfindung" der Technologie des Bewässerungsfeldbaus selbst ist jedoch auch unter solchen Umständen keineswegs nur eine Frage der Zeit. Denn das Ausweichen auf ganz andere Subsistenzformen wie Jagen, Fischen und Sammeln ist eine verlockende Alternative zur arbeitsintensiven Bewässerung. Nur wenn auch eine dritte Voraussetzung erfüllt ist, nämlich eine aus Großfamilien bestehende Sozialstruktur, wird die Entwicklung einer neuen Technologie auch in bezug auf die Arbeitsleistungen vorteilhaft. Fehlt in einer Gesellschaft einer der drei Faktoren, finden die hier beschriebenen Prozesse nicht statt.
Hi Popeye,
Bernbeck widerspricht sich leider selbst, da er sowohl die Großfamilien nimmt als auch die Bewässerung (die aber eindeutig später kommt).
Was ist nun für die Großfamilien ökonomisch sinnvoller? Zu Jagen, was nicht groß gelernt werden muss oder zu bewässern, was skill erfordert? Oder (meine Interpretation): Einen Teil der Großfamilie zum Einholen von Tributen zu nutzen. Wozu sind denn sonst die jungen Burschen, kräftig zumal, zu gebrauchen?
Bernbeck sieht das Tertium als"neue Sozialstruktur" an, womit dann kinderreichere Familien die weniger kinderreichen zur Arbeit / Abgabe zwingen. Damit wäre die Bewässerung wieder die Lösung (für die weniger Kinderreichen), aber die kommt ja wesentlich später. Dann hätten wir es mit innerdörflichen Abläufen zu tun, die aber überörtlich gewesen sein müssen.
Demnach halte ich (vor allem ausgehend von Bernbeck 50 ff.) dies für logisch: Es entstehen (ganz natürlich) Großfamilien. Diese finden in ihren (sehr kleinen Dörfern, siehe Bernbecks Ausmessungen) keine Subsistenzgrundlage bzw. müssen diese mit den anderen teilen. Also können sie entweder weiter weg neue Dörfer gründen (ähnlich die Rodungen im MA, Klöster usw.) oder, wenn die Dorfringe (siehe die Bernbeck-Grafiken dazu) bereits geschlossen sind, also die supralokale"Einheit" fertig vorliegt, bei anderen Dörfern einzufallen und dort abzuholen (Bernbeck:"Agressivität").
Die Abholer bilden dann in ihren Herkunftsdörfern diese"Sozialstrukturen" aus (Großfamilie hat mehr, weil sie mehr abholen kann), während in den Tributdürfern das Problem entsteht: Wie mehr produzieren ("Surplus"), woraufhin denen das Bewässern einfällt (vorher gings ja ohne). Je mehr von diesem Surplus dann im Alpha-Dort und dort bei den Alpha-Familien eingeht, desto mächtiger werden diese, sowohl Dorf als auch Familien in dem Dorf (Hierarchien).
>Vor dem Hintergrund gerade des letzten hervorgehobenen Absatzes stehen wir doch bei der Entstehung von tributären Strukturen immer wieder vor dem Problem: Woher kommt der Vorteil, der Tribut erzwingen kann?
Der Tribut wird mit Hilfe von zusätzlichen Menschen erzwungen (Großfamilien). Es ist immer vorteilhafter, 100 als nur 10 Kinder zu haben.
>Wenn wir freiwillige/religöse Unterwerfung ausschalten (Vertragstheorie) bleibt nur die Gewalt.
Ja.
>Wenn aber Gewalt ein Vorfinanzierungsproblem hat, wie wir dann aus einer egalitären Gesellschaft (häusliche Produktion) eine tributpflichtige Gesellschaft?
Das Vorfinanzierungsproblem besteht zunächst nur im Herstellen genügender Subsistenzmittel für die größer werdenden Familien. Da, siehe wiederum Bernbeck, die Studien anhand diverser Dorfstrukturen, die Hälfte der Felder brach lag, gab es also genügend Spielraum, um den <b<Ersteinsatz[/b] von Gewalt zu finanzieren (= mit Subsistenzmitteln auszustatten).
>Das Beispiel Mesopotamien ist aus meiner Sicht für ein allgemeingültiges Modell wegen des Bewässerungsthemas untypisch.
Was haben die Großfamilien dort denn gemacht, bevor (entweder sie oder - wahrscheinlicher! - dann die Tributdörfler) mit Bewässerung daherkamen und sie nicht in Richtung Gründung neuer Dörfer ausweichen konnten? Ich nehme doch wohl an, dass die erste Dorfsiedlung just dort erfolgte (vorher Niemandsland und unbewohnt und unbeackert), wo ohnehin die besten Böden waren ---> Bildung von Großfamilien (einfachere Menschenvermehrung).
Sie sind zuerst auf neue Dorfgründungen ausgewichen (Dorfringe) und nachdem die voll waren und die Menschenproduktion weiter ging, mussten die Alpha-Dörfer andere Dörfer mit weniger schnellen oder starken Menschenvermehrung eben zur Abgabe zwingen und (eigentlich logisch, da diese nicht ihrerseits die nächsten Dörfer zwingen konnten, sonst wäre irgendwann ein Rand-Dorf in Sibirien der Letzt-Lieferant für alle Tribute geworden, bis hin zur"Zentrale") begannen, aufbauend auf den Tributen, die ihrerseits immer weitere Menschenvermehrung zuließ, Hierarchien zu entwickeln und zwangen die Tributdörfer, sich was einfallen zu lassen, um den Abgabenverpflichtungen nachzukommen (Bewässerung eben).
>Definitionsgemäß erlauben egalitäre Gesellschaften keine Akkumulation von Macht.
Nicht in sich zunächst, aber sehr wohl nach außen! Dorfgesellschaft A unterjocht Dorfgesellschaft B, was Bernbeck ja selbst verklausuliert beschreibt (siehe mein Posting).
>Damit sind wir wieder zurückgeworfen auf die Macht von außen - und bewegen uns im Kreise.
Natürlich kommt die Macht von außen. Nach diesem Erstdurchlauf dann später massiv mit dem Einfall der Gewaltwaffenvölker (Bronze! Siehe Hethiter, Luristan, usw.).
>Ich reibe mich an diesem Thema, weil die Entwicklung - egalitäre >> tributäre Strukturen, wie einige wenige Stammesgesellschaften heute noch dokumentieren, eben nicht zwangsläufig ist.
Egalitär ist eine Sozialstruktur, tributär eine ökonomische. Kann jemand Tribute einfordern, endet kurz oder lang die egalitäre Struktur (Hierarchie-Entstehung).
Wie sollten denn sonst diese unendlich vielen"Könige" wie sie dort genannt werden, zu erklären sein? Etwa dadurch, dass ein erstes Dorf einen König"wählt" (Gesellschaftsvertrag: Wir brauchen jetzt endlich mal einen"Herrscher") und dann schließen sich dem die anderen Dörfer freudig an?
Woher sollten die denn überhaupt das Phänomen Herrschen, Herrschaft, Herrscher kennen, wenn es ihnen nicht buchstäblich mit Gewalt beigebracht wurde?
Also für mich sind die Abläufe völlig klar und in jeder Phase nachvollziehbar. Irgendwann erscheint der Zwang und der muss Waffen tragen. Damit der Zwang erscheinen kann, braucht er Leute. Einer allein kann ja kein"Reich" bilden, nicht mal ein Dorf beherrschen.
Bevölkerungs- alias Subsistenzdruck plus Waffen - das sollte damals immer genügt haben, um Tributsysteme zu errichten. Und die gab's ja wohl ohne jede Frage.
Gruß!
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