- Soziale Pyramide in Deutschland - Buchenberg, 25.10.2006, 09:43
- Re: Soziale Pyramide in Deutschland - apoll, 25.10.2006, 09:49
- Re: schon korekt - Fremdwort, 25.10.2006, 12:22
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore, 25.10.2006, 13:41
- Re: Sicht der Dinge von 1911 - Doomsday, 25.10.2006, 13:45
- Re: Die Spitze der Pyramide - Buchenberg, 25.10.2006, 14:45
- Re: Die Spitze der Pyramide - dottore, 25.10.2006, 19:37
- @dottore: Staatsmacht und Wirtschaftsmacht - Buchenberg, 26.10.2006, 09:29
- Re: @dottore: Staatsmacht und Wirtschaftsmacht - Wal - nereus, 26.10.2006, 10:07
- Re: Von Wanderstaaten oder: Warum haben Kapitalisten nicht BonitÀt AAAA? - dottore, 26.10.2006, 16:13
- Meine Furche ist gezogen. Ich werde nicht alle GedankenkrĂŒmel umpflĂŒgen - sorry (o.Text) - Buchenberg, 26.10.2006, 16:52
- @dottore: Staatsmacht und Wirtschaftsmacht - Buchenberg, 26.10.2006, 09:29
- Re: Die Spitze der Pyramide - apoll, 25.10.2006, 23:25
- Re: Die Spitze der Pyramide @Dr. Buchenberg - Dr. Quandt, 30.10.2006, 19:29
- Eigene Scholle - Zandow, 30.10.2006, 20:07
- wieso eigene Scholle oder moderner Arbeitnehmer??? mkT - igelei, 30.10.2006, 21:13
- Re: Die Spitze der Pyramide - Kapitalist und Pharao - Buchenberg, 31.10.2006, 10:09
- Eigene Scholle - Zandow, 30.10.2006, 20:07
- Re: Die Spitze der Pyramide - dottore, 25.10.2006, 19:37
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - Fremdwort, 25.10.2006, 14:47
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore, 25.10.2006, 19:19
- Re: Widerspiegelung - Fremdwort, 26.10.2006, 15:13
- Re: der Tod des Idealismus - GĂŒnther - Fremdwort, 26.10.2006, 17:22
- Re: Widerspiegelung - dottore, 26.10.2006, 18:33
- Re: Widerspiegelung - Fremdwort, 27.10.2006, 13:28
- Re: Widerspiegelung - Fremdwort, 26.10.2006, 15:13
- "defekte Waffe" - Zerstörungsriten - Zandow, 26.10.2006, 15:28
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore, 25.10.2006, 19:19
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore - nereus, 25.10.2006, 15:03
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore - dottore, 25.10.2006, 17:41
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore - apoll, 25.10.2006, 23:33
- Noch ein paar Anmerkungen - nereus - LeCoquinus, 25.10.2006, 20:38
- Ein hethitisches Vaterunser gefÀllig? - nereus - LeCoquinus, 25.10.2006, 22:01
- Re: Ein hethitisches Vaterunser gefÀllig? - LeCoquinus - nereus, 26.10.2006, 07:57
- Re: Echnaton &"sein" Sonnenkult - bernor, 26.10.2006, 13:41
- Re: Echnaton &"sein" Sonnenkult - bernor, vielen Dank (o.Text) - nereus, 26.10.2006, 13:54
- Re: Echnaton &"sein" Sonnenkult - LeCoquinus, 26.10.2006, 23:02
- Re: Echnaton &"sein" Sonnenkult - bernor, 27.10.2006, 12:55
- Re: Ein hethitisches Vaterunser gefÀllig? - nereus - LeCoquinus, 26.10.2006, 20:59
- Re: Geomantie - LeCoquinus - nereus, 27.10.2006, 08:34
- Re: Echnaton &"sein" Sonnenkult - bernor, 26.10.2006, 13:41
- Re: Ein hethitisches Vaterunser gefÀllig? - LeCoquinus - nereus, 26.10.2006, 07:57
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore - dottore, 25.10.2006, 17:41
- Re: Moooment! Fehlende Allgemeinbildung? - dottore, 25.10.2006, 13:41
- Re: schon korekt - Fremdwort, 25.10.2006, 12:22
- Die Pyramide ist noch nicht komplett - Burning_Heart, 25.10.2006, 14:36
- Die Pyramide ist noch nicht komplett - Burning_Heart, 25.10.2006, 15:07
- Re: Die Pyramide ist noch nicht komplett - Fremdwort, 25.10.2006, 15:55
- Re: Die Pyramide ist noch nicht komplett - dottore, 25.10.2006, 18:24
- Re: ApfelbÀume - Fremdwort, 26.10.2006, 15:12
- Re: ApfelbÀume - dottore, 26.10.2006, 19:18
- Re: ApfelbÀume - Fremdwort, 26.10.2006, 15:12
- Re: Die Pyramide ist noch nicht komplett - dottore, 25.10.2006, 18:24
- Re: Die Pyramide ist noch nicht komplett - Fremdwort, 25.10.2006, 15:55
- Re: Soziale Pyramide in Deutschland - apoll, 25.10.2006, 09:49
Re: Von Wanderstaaten oder: Warum haben Kapitalisten nicht BonitÀt AAAA?
-->Hi Wal,
>1. Du beginnst deine Staatsableitung mit der beginnenden Sesshaftigkeit der Völker, also rund 8.000 bis 10.000 v. Chr.
Nein. Staat hat mit Sesshaftigkeit nichts zu tun. Wir kennen aus Geschichte und Gegenwart StĂ€mme noch und noch, die sesshaft waren/sind, aber niemals Staat, die akephalen sowieso nicht. Die kephalen kennen zwar Chiefs, aber aus dem Chiefdom folgt keineswegs, dass es sich beim kephalen Stamm um einen Staat gehandelt hĂ€tte. Dies hatte Marx ĂŒbersehen bzw. konnte er mangels Kenntnis der Forschungsergebnisse ĂŒber frĂŒhe StĂ€mme, die wir heute haben, ĂŒberhaupt nicht wissen.
Auch das schöne Fach Soziologie, deren zwei gröĂten deutschen KoryphĂ€en Max Weber und Franz Oppenheimer beim Tode Marxâ (1883) noch recht unbedarfte JĂŒnglinge waren (beide *1864), war ihm unbekannt und das immense Faktenmaterial, das die Soziologie inzwischen zusammengetragen hat (erster spezieller Lehrstuhl 1919), ebenfalls. Wir können nicht so tun als sei die gesellschaftswissenschaftliche Welt 1883 stehen geblieben.
Oppenheimer wurde schon mal zitiert, wird aber gern wiederholt: Ausweislich der der quellenbasierten Historiographie, schreibt er, ist jeder Staat"seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten ĂŒber die letzte zu regeln und gegen innere AufstĂ€nde und Ă€uĂere Angriffe zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger. Kein primitiver âStaatâ der Weltgeschichte ist anders entstanden."
Die âOrigin-of-Stateâ-Debatte, die Robert L. Carneiro 1970 angestoĂen hat, bestĂ€tigt dies inzwischen: Es entstehen Staaten nicht durch Krieg allein, sondern, wenn der Krieg zur Eroberung fĂŒhrt, die sich ihrerseits aus der Notwendigkeit ergibt, den Erobererstamm physisch zu erhalten bzw. den physischen Erhalt produktiver zu gestalten - ganz simpel dadurch, dass Ober-Stamm A Stamm B fĂŒr sich arbeiten lĂ€sst, siehe Sparta und die Messener bzw. die Heloten. Kein Spartaner hĂ€tte selbst den Buckel krumm gemacht.
Der wichtigste SchĂŒler Oppenheimers war Erich Preiser, der sich besonders um die Verteilungstheorie verdient gemacht hat. Verteilung ist nach meiner bescheidenen Interpretation auch die zentrale Fragestellung von Karl Marx. Mit den Finessen der modernen VT (GrenzproduktivitĂ€t, SubstitutionselastizitĂ€t, die Theoreme von Stolper/Samuelson oder Heckscher/Ohlin, usw.) konnte sich Marx ebenfalls nicht beschĂ€ftigen, da er sie nicht kannte. Die Verteilung in StĂ€mmen (Stichworte: reziprok, redistributiv, Big-Man- und LU.GAL-PhĂ€nomen) ist inzwischen in einer Tiefe untersucht und dargestellt, die Marx nicht kennen konnte.
>Das ist soweit verstĂ€ndlich, als erst mit der Sesshaftigkeit auch dauerhafte politische Gebilde als MachtĂŒberbau ĂŒber der Gesellschaft entstehen.
Mit âStaatâ hat das ĂŒberhaupt nichts zu tun. âPolitisches Gebildeâ ist ebenso ein Leerwort, wie âMachtĂŒberbauâ oder âGesellschaftâ.
>Tatsache ist aber, dass die Menschheit die lĂ€ngere Zeit (ich nehme - mehr oder minder willkĂŒrlich den Zeitraum um 50.000 bis 10.000 v. Chr.) nomadisch und auf Wanderschaft gelebt hat, also von Sammeln, Jagen und Viehzucht. Was solche Horden bzw."StĂ€mme" produzierten, erjagten und erbeuteten war immer gemeinsamen Eigentum, das nach festen Regeln unter alle verteilt wurden. Nachzulesen in Homers Ilias oder zu studieren bei ethnologischen Forschungen von indianischen und anderen Gesellschaften.
Ganz richtig. Nur: Wie kommen wir von Horden bzw. StÀmmen zu Staaten?
>Siehe auch meine Arbeit ĂŒber die Entwicklungsformen des Handels. Der Handel entwickelte sich ohne staatlichen Zwang und ohne staatliche Einmischung ganz"naturwĂŒchsig", wie Marx es nennen wĂŒrde.
Keineswegs. Schon das Wort ânaturwĂŒchsigâ (Wachsen wie ein Baum - und dann? Warum wĂ€chst er nicht immer weiter? Warum stirbt er ganz ânatĂŒrlichâ ab?) zeigt, dass hier zu einer Metapher gegriffen wird, die gar nichts aussagt, demnach eine Aporie anzeigt.
Wo wĂ€re denn der âHandelâ der Indianer und anderer StĂ€mme und Horden? Wo waren ihre MĂ€rkte? Sie waren auch lange genug unterwegs bzw. sesshaft und kein entsprechender âNaturwuchsâ hat sich eingestellt. Nanu! Wir hatten den âHandelâ schon des öfteren diskutiert. Nirgends findet sich ein Beispiel, dass sich âHĂ€ndlerâ in staatenlosen Gesellschaften âentwickeltâ hĂ€tten oder dass sie eine rĂ€tselhafte âSchichtâ vor (oder gar âauĂerhalbâ?) von Staaten gegeben hĂ€tte.
Es gibt Austausch in allen möglichen Varianten zwischen Herrschern, siehe die Amarna-Korrespondenz, die Marx nicht kennen konnte oder den Potlatch und die Kula-Ringe, die auch erst Jahrzehnte nach seinem Ableben entdeckt wurden. Auch kannte er nicht den - inzwischen durch zahlreiche Tontafelfunde verorteten - DAM.GAR, der PalasthĂ€ndler war (âroyal agentâ) und der ohne staatliches Geleit niemals aufbrach. FĂŒr das spĂ€tere Mykene galt dasselbe.
Die DAM.GAR (spĂ€ter tamkaru o.Ă€.) waren abgabenverpflichtet, wie sich ĂŒberhaupt nirgends ein âHandelsplatzâ findet, bei dem der Staat nicht abkassierte (Marktârechteâ usw.) und dies bis heute (Umsatzsteuern usw.). Es gibt auch keine griechische Agora, die nicht von Amts-, Verwaltungs- und/oder MagistratsgebĂ€uden umstellt war.
>Sobald dann und wo dann eine Staatsmacht etabliert war, monopolisierte die Staatsmacht den AuĂenhandel, und ursprĂŒnglich war jeder Handel zunĂ€chst"AuĂenhandel".
Es existiert kein vorstaatlicher AuĂenhandel, den die Staatsmacht hĂ€tte monopolisieren können. Es lief genau umgekehrt: Der Austausch, siehe eben, startete als der zwischen StaatsmĂ€chten und die damit betrauten Agenten konnten aus der Arbitrage, also dem, was nach Abzug ihrer Zwangsabgaben verblieb, âprivateâ GeschĂ€fte betreiben. Den staats- bzw. abgabenfreien HĂ€ndler hat es schlicht nie gegeben.
>Das Staatsoberhaupt steht hier aber nur in der Tradition der frĂŒheren ReprĂ€sentanten der Gesellschaft, die durchaus keine staatliche Gewalt inne hatten, sondern die Sprecher ("HĂ€uptlinge") ihrer Gemeinschaft und damit die Verhandlungspartner ("Handelspartner") nach AuĂen waren. Mit beginnender Sesshaftigkeit
Klartext also: Vor der Sesshaftigkeit, also bevor sie âbeginnendâ war, zog die âGesellschaftâ umher? Du meinst nicht im Ernst Wanderstaaten mit WanderstaatsoberhĂ€uptern und unsesshaften Handelspartnern, die demnach im wahren Sinn des Wortes fliegende HĂ€ndler gewesen wĂ€ren?
>werden alle ursprĂŒnglichen gesellschaftlichen Gewohnheiten noch tradiert, bis sie sich endlich als Staatsmacht verfestigen.
Was konkret heiĂt âverfestigenâ und wie hat man sich das vorzustellen?
>Vor der Staatsbildung wurde z.B. Kriegsbeute vom (gewĂ€hlten) HeerfĂŒhrer (HĂ€uptling) verteilt, der aber keineswegs EigentĂŒmer der Beute war.
Wir reden nicht von âvorâ der Staatsbildung, sondern nach der Staatsbildung und nicht von âBeuteâ, sondern vom Tribut (laufende Abgabe). Die Wikinger (Normannen) teilten als Stamm die Beute, waren aber kein Staat. Auch der Tribut wurde noch verteilt, siehe die weit verstreuten Hortfunde. Nachdem aber des Tribut-Territorium besetzt war, z.B. England 1066, gehörte das gesamte besetzte Territorium dem Chef der Eroberer (daher das schöne Wort Kronland), bei den Römern (ius occupandi - die âProvinzenâ wurden vom Staat zur PlĂŒnderung freigegeben, siehe Cicero ad Verrem) und den Spaniern war es ganz genau dasselbe.
>Siehe in der Ilias den Konflikt zwischen Achilles und dem HeerfĂŒhrer Agamemnon, der sich als EigentĂŒmer der Beute auffĂŒhrt und Achilles die hĂŒbscheste Sexbeute wegnimmt. Achilles und seine ganze Mannschaft treten daraufhin in"Streik". Agamemnon hat keine Macht ĂŒber Achilles und muss nach mehreren verlorenen Schlachten vor Troja den Achilles kniefĂ€llig um Verzeihung und um Teilnahme am Kampf gegen Troja bitten. Das ist das Hauptthema der Ilias: Kriegsbeute ist gemeinsames Eigentum und nicht Eigentum eines politischen Oberhaupts.
Ganz richtig. Nur wurde Troja vernichtet (einmal Beute und weg) und nicht abhĂ€ngig gemacht, da das trojanische Territorium nicht in das irgendeines griechischen StammesfĂŒhrers (oder Oikos-Herrn) eingegliedert und dann Eigentum dieses StammesfĂŒhrers geworden wĂ€re. Odysseus kehrt auf sein Eigentum (Ithaka) zurĂŒck ohne dass er Troja besetzt hĂ€tte, die anderen Griechen genauso. Der Trojanische Krieg ist zwar schön zu lesen, trĂ€gt aber zum Thema Staatsbildung ĂŒberhaupt nichts bei.
>Nach der Staatsbildung wird das Staatsoberhaupt ganz selbstverstĂ€ndlich EigentĂŒmer der Kriegsbeute, und in zentralverwalteten Staaten auch der ObereigentĂŒmer aller anderen Wirtschaftsleistungen.
Richtig, siehe eben. Aber der Staat bildet sich nicht (wie denn? Etwa per âGesellschaftsvertragâ?) aus dem Stamm heraus, sondern erst, nachdem Stamm A Stamm B territorial (= inklusive aller dort Befindlichen) unterworfen hat.
>Der lange Vorlauf von nomadischen Gesellschaften, die ohne Staat wirtschaften,
Sie produzieren und verteilen das Produzierte. Auf den Unterschied zwischen Produzieren (ohne Geld, Einzel-Untereigentum an Grund und Boden, Zins, usw.) und Wirtschaften (mit) muss immer wieder hingewiesen werden. Produzieren = ohne Staat (bis heute muss keine Familie fĂŒrs PflĂŒcken und familieninterne Verteilen von Ăpfeln oder Arbeiten im Haus Lohn- oder Umsatzsteuer zahlen). Wirtschaften = nur mit Staat und seinen Derivaten definierbar.
>in sesshafte staatliche Gemeinschaften (Sumer, Ăgypten etc.), wo der Staat die Wirtschaft lenkt und leitet, kommt in deiner Theorie nicht vor.
Sehr wohl. Der Staat kommt nicht von der Sesshaftigkeit (widersprÀche auch oben Deinem Vagabundenstaat), sondern von der Eroberung mit Unterjochung/Abgabenzwang, was logischerweise zentral organisiert sein muss.
>Deine Geschichte der Wirtschaft beginnt unvermittelt und unhistorisch mit dem staatlichen"SĂŒndenfall" wie in der Heiligen Schrift die Geschichte der Menschheit mit der Vertreibung aus dem Paradies beginnt. Solche Historiker machen es sich leicht, wenn sie einen (beliebigen) Zeitpunkt setzen und behaupten: Da beginnt die Geschichte. Davor ist"Vorgeschichte","PrĂ€historie".
Es gibt keinen staatlichen SĂŒndenfall. Der Ablauf Stamm --> Staat ist klar und nachvollziehbar. Der Zeitpunkt ist auch nicht beliebig, sondern gut (traditionell) zu datieren: beim Ăbergang von der vordynastischen zur dynastischen Zeit. Je nach Weltgegend unterschiedlich.
>2. Politische und ökonomische Macht wirken (in der Regel) zusammen, das ist ein Allgemeinplatz. In aller Regel ist die politische Macht aber eine"Allgemeinmacht", selbst wenn sie persönlich von Einzelnen ausgeĂŒbt wird.
Was ist âAllgemeinmachtâ? âKratieâ? âPantokratieâ? Wenn also alle herrschen (= Macht haben) und niemand Nicht-Macht hat? âAkratieâ?
>Alle Beispiele von dottore, (soweit ich sie kenne) stellen immer die politische Allgemeinmacht einzelnen und individuellen ökonomischen MĂ€chten (einzelnen EigentĂŒmern) gegenĂŒber.
Falls âAllgemeinmachtâ den ObereigentĂŒmer meint: Warum ist nicht jedermann ObereigentĂŒmer (= souverĂ€ner Staat)? Der âeinzelne EigentĂŒmerâ ist immer UntereigentĂŒmer. Das hatte Marx ĂŒberlesen, was ihm vorzuwerfen ist. Denn die Literatur seines Jahrhunderts war voll davon.
>GegenĂŒber jedem einzelnen EigentĂŒmer ist die politische Macht (fast) immer ĂŒberlegen. (So wird heute von jedem Einzelnen die Staatsmacht als ĂŒbermĂ€chtig erlebt und wahrgenommen.) - Es sei denn, dieser Einzelne kann die ihm feindliche Staatsmacht stĂŒrzen und seine individuelle Macht als politische Macht etablieren.
Damit wĂŒrde er ObereigentĂŒmer und damit automatisch souverĂ€n.
>In der römischen Geschichte war das zum Beispiel der Konflikt zwischen dem CÀsar als Einzelnen und dem Senat als ReprÀsentant der Staatsmacht. Ein moderner"CÀsar" wÀre z.B. Osama Bin Laden, der als Individuum einer politischen Staatsmacht den Kampf ansagt. Niemand glaubt, dass er mit seiner Kampfansage Erfolg haben wird.
Auch der römische Senat war nicht die Staatsmacht. Er konnte z.B. ab Augustus nur ScheidemĂŒnzen prĂ€gen lassen (S C = senatus consulto). Nur die Staatsmacht, zuerst als ROMA, dann als IMP, AUG, usw. hatte die MĂŒnzhoheit.
>Was in der Argumentation von dottore (soweit ich sie kenne), immer ausgeblendet ist, ist die ökonomische Gesamtmacht, - in der Marxschen Terminologie die kombinierte Macht der besitzenden Klasse.
Besitz mit Eigentum verwechselt! Eine besitzende Klasse wÀren demnach alle Mieter. Kapital als Besitz existiert nicht und wird auch nirgendwo verbucht. Böser Schnitzer!
>DemgegenĂŒber (und nur demgegenĂŒber!)- so meine Meinung und die Theorie von Marx - ist die Staatsmacht immer und ĂŒberall ohnmĂ€chtig.
Nein, siehe eben. Der Staat als ObereigentĂŒmer kann jederzeit das Untereigentum wieder an sich ziehen. Der UntereigentĂŒmer kann niemals den ObereigentĂŒmer Staat enteignen. Der kann mit Hilfe seiner Obereigentums Umsatz herbeizwingen (Steuern erheben), was der UntereigentĂŒmer (Kapitalist) nicht kann. Der Staat kann sich jederzeit an Firmen beteiligen (EADS). Warum muss sich der Staat niemals (und gegen kein Risiko) versichern, der Kapitalist sehr wohl?
Warum kann sich keine Firma (kein Kapitalist) am Staat beteiligen? WÀre doch schon allein wegen der BonitÀt von Vorteil.
WĂ€re das private Kapital âmĂ€chtigerâ als der Staat, mĂŒsste es doch wohl die BonitĂ€tsstufe AAAA erhalten. Warum ist das nicht der Fall?
>Studieren kann man diese Frage in allen Krisenzeiten, den Endzeiten und Untergangszeiten einer Staatsmacht.
Bevor der ObereigentĂŒmer in die Krise rutscht, stecken die UntereigentĂŒmer schon lĂ€ngst drin.
>Nehmen wir als jĂŒngeres Beispiel die Staatsmacht der Nazis in Deutschland kurz vor ihrem Untergang 1945. Speer schreibt es sich in seinen Memoiren zu Gute, dass er den Befehl Hitlers zum ökonomischen Selbstmord Deutschlands ignorierte und seine DurchfĂŒhrung verhinderte. Mit dieser Argumentation rettete er im NĂŒrnberger Prozess seinen Kopf.
Speer als Individuum hÀtte da gar nichts verhindern können, wenn nicht zehntausende und hunderttausende der Kapitalisten und ihres Anhangs diesen Befehl Hitlers, in Deutschland"verbrannte Erde" zu schaffen, nicht hÀtten verhindern wollen. Speer handelte hier (wie vorher auch) im Interesse der Zukunft der Gesamtheit der Kapitalistenklasse, deshalb setzte sich Speer gegen Hitler durch. Hitler (die Staatsmacht) stand hier gegen das Gesamtinteresse der Kapitalistenklasse. Deshalb war Hitler (die Staatsmacht) in dieser Frage macht- und wirkungslos.
Wenn ein Krieg verloren geht, kann nicht mehr von dieser âStaatsmachtâ gesprochen werden. Und als Gegenbeispiel: Die Reparationen und Demontagen nach WK I und WK II: Wo war da die âKapitalistenklasseâ (die internationale noch dazu), um das zu verhindern? Da triumphierten die StaatsmĂ€chte der Siegerstaaten.
>Scheinbar wird jeder Staat in der Phase seines Unterganges ĂŒbermĂ€chtig. Klassisches Beispiel: das römische Kaiserreich, das sich zunehmend in alles und jedes einmischte, und fĂŒr alles und jedes Steuern und Abgaben verlangte. TatsĂ€chlich war diese HyperaktivitĂ€t des Staates immer und ĂŒberall ein Zeichen von SchwĂ€che. Die Staatsmacht bringt mit immer höherem Input (Steuern, Schikanen gegen die Untertanen) immer weniger Output (innen- und auĂenpolitische Macht) zustande.
Just mein Reden.
>Damit entfernt sich die Staatsmacht zunehmend vom Gesamtinteresse der besitzenden Klassen und gerÀt zunehmend in Konflikt mit dem Interesse der besitzenden Klassen.
Das Interesse der UntereigentĂŒmer-Klasse (âbesitzendâ wieder falsch!) ist immer der âstarke Staatâ. Wie sonst könnte diese Klasse ihr Untereigentum erhalten?
>In der Folge verschwindet dann die Staatsmacht.
Ja diese. Denn schon ist die Folgestaatsmacht da (Goten-Reiche, Merowinger-Reich usw.).
>Die besitzenden Klassen und ihr Eigentum verschwinden keineswegs, sondern organisieren sich neu. Langfristig siegte so ĂŒberall das Eigentum ĂŒber den Staat, nicht der Staat ĂŒber das Eigentum.
Hier gehtâs nicht um âSiegâ, sondern um die simple Tatsache, dass Untereigentum ( privates âKapitalâ) ohne Staatsmacht (Waffen-, Gebiets-, Steuer-, Geldmonopol!) nicht zum besicherten Wirtschaften eingesetzt werden kann.
Kleinigkeit am Rande: Meine Familie wurde (Ostzone) 1947 enteignet. Wie funktionierte das? Ganz einfach! Die Staatsmacht löschte die Firma, in der auch die GrundstĂŒcke enthalten waren, aus dem Handelsregister. Sehr gut, und mir ĂŒbrigens völlig egal (damit nicht falsche SchlĂŒsse gezogen werden).
Ich möchte die Kapitalisten(klasse) sehen, die es schaffen/schafft, einen ObereigentĂŒmer aus dem Register der souverĂ€nen Staaten zu löschen.
>Die römische Staatsmacht verschwand, aber die römischen Latifundien blieben.
In Westrom wurden sie zu Kronland der Eroberer (nÀchste Staatsmacht). In Ostrom konnten sie sich lÀnger halten, weil die Staatsmacht lÀnger hielt. Ab 1071 (Manzikert) waren auch die kleinasiatischen Latifundien verloren und die neue Staatsmacht war die der Seldschuken.
>Auch das lĂ€sst sich am Ăbergang von Hitlerdeutschland zur Bundesrepublik genau verfolgen. Das Staatspersonal und die Staatsregeln wurden (weitgehend) ausgetauscht. Das Produktionseigentum der Kapitalisten blieb als Eigentum erhalten, wenn es auch quantitativ beschĂ€digt war. Qualitativ und juristisch blieb es unangetastet.
Personal und Regeln spielen keine Rolle. Ist in der Nachkriegszeit die Staatsmacht selbst verschwunden? Sehen wir irgendwo ein staatsmachtfreies Gebiet?
>Dass die Staatstheorie von Marx der Staatstheorie von dottore ziemlich entgegengesetzt ist, braucht einen dottore nicht zu stören.
Schade, dass ein so brillanter Kopf wie Marx Staat, Staatsentstehung, Stamm / Staat, Beute / Tribut, Zwangsumsatz (Steuern) vs. Marktumsatz, Obereigentum / Untereigentum, Eigentum / Besitz, usw. nicht sauber abgearbeitet hat.
Vielen Dank fĂŒr die Steilvorlagen + GruĂ!
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