Altes Elliott-Wellen-Forum - Re: Privatautonomie = Chimäre?

Re: Privatautonomie = Chimäre?

verfasst von Popeye, 11.12.2005, 13:08

-->Sorry, aber mir erscheint ein solches rein prinzipiell angelegtes Denken etwas unpragmatisch und wirklichkeitsfern.

Hallo, @mm,
prinzipiell richtig. Praktisches Handeln zählt; aber auch konzeptloses?
„Empowerment von unten“ ist sehr erfolgreich - aber ohne rechtsstaatliches Konzept und Fundament - sinnlos. Beispiel:

In meiner beruflichen Tätigkeit war ich (vor wenigen Jahren) mit der Betreuung und Finanzierung eines Micro-Credit-Projektes (was ist ein Mikrokredit) in einem europäischen Entwicklungsland befasst. Operativ zunächst sehr erfolgreich. Als die regionale „Mafia“ Wind davon bekam und begriff wie es funktionierte, begann sie bei den Kreditnehmern abzukassieren (Schutzgeld). Da rechtsstaatlicher Schutz oder privater Schutz nicht zu organisieren war, brach das Micro-Credit-Projekt zusammen.

Deine rhetorische Frage: “Aber muß man immer nur prinzipiell argumentieren?“ , ist deshalb falsch gestellt. Es gibt vielmehr Prinzipien ohne die eine Eigentümergesellschaft nicht entstehen kann. Und solange diese Prinzipien keine permanente Gültigkeit erlangt haben ist jedes „Rumfummeln an der Basis“ via empowerment-programs sinnlos. Unsere Entwicklungshilfepolitik hat dieses Problem viel zu spät erkannt. Rechtstaatlich gesicherte Freiheit (Deine Privatautonomie) ist nicht irgendeine abstrakte Sprechblase, die irgendwo in einem Gesetz steht, sondern sie ist das praktische Prinzip und das praktische Fundament jeder Eigentümergesellschaft.

Deine Frage “ob es nicht aufs ganze gesehen für eine ganze Reihe so genannter Entwicklungsländer sinnvoll sein könnte, Reformen in Richtung auf eine Eigentumswirtschaft einzuleiten…“ kann ich (für mich) mit einem klaren Nein beantworten, wenn Rechtstaatlichkeit nicht gewährleistet ist. Diese Art von Programmen und Reformen sind verschwendete Mühe, die letztlich nur bestehende Machtverhältnisse zementieren helfen. Unter dem völkerrechtlichen Schutz des Prinzips der „Nichteinmischung in Innere Angelegenheiten“ haben es die korrupten Machthaber vieler Entwicklungsländer immer wieder verstanden Entwicklungshilfegelder von Gutmenschen locker zu machen - zur „Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung“ zum „Ausgleich kolonialer Ungerechtigkeit“ - mit welchem Effekt?

Rechstaatliche Freiheit ist nicht so ein Ding von dem"ein bisschen" genügt, um eine Eigentümergesellschaft funktionieren zu lassen. Ganz im Gegenteil und ganz pragmatisch: Niemand will es sehen und niemand lamentiert laut: Die Einschränkungen der rechtstaatlichen Freiheiten im Gefolge von 9/11 in praktisch allen zivilisierten Ländern sind - in den „falschen Händen“ - hinreichend, um aus jeder dieser Demokratien einen Polizeistaat zu machen. Leider stellt sich das immer es zu spät heraus, welche Hände „richtig“ und welche Hände „falsch“ waren. Deshalb kann man in Sachen „rechtsstaatlicher Freiheit“ gar nicht prinzipiell genug denken.

Richtig praktizierte"rechtstaatliche Freiheit" ist auch die einzige und letzte physische Barriere gegen den Machtmißbrauch des Staates selbst. Wenn alle aufstehen und sich zur Wehr setzen (aktiv oder passiv) endet nämlich auch @dottores Machttheorie sehr schnell.

Grau ist nicht alle Theorie!

Grüße

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        Ordnung ohne Staat - Tarantoga, 09.12.2005, 08:08
        Re: Privatautonomie = Chimäre? - moneymind, 10.12.2005, 18:26
        Re: Privatautonomie = Chimäre? - Popeye, 11.12.2005, 13:08
        Re: Privatautonomie = Chimäre? - CRASH_GURU, 12.12.2005, 08:40
        Re: Privatautonomie = Chimäre? - moneymind, 12.12.2005, 12:16
- Re: Unfinished Bussines - ein fruchtbarer Gedanke - weissgarnix, 05.12.2005, 10:43
  - Re: Unfinished Bussines - ein fruchtbarer Gedanke - Dimi, 05.12.2005, 12:46